Batteriewerk: So will Macron Frankreich reindustrialisieren

    Batteriewerk eröffnet:So will Macron Frankreich reindustrialisieren

    von Lukas Nickel
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    In Nordfrankreich wurde heute das erste französische Batteriewerk eröffnet. Auch der deutsche Autobauer Mercedes ist beteiligt. Wie Macron Frankreich reindustrialisieren will.

    Frankreichs erste Batterie-Fabrik
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    Das Batteriewerk riecht noch wie ein Neuwagen. Alles ist gerade erst ausgepackt, die riesigen Regale sind noch leer. Hier sollen ab Juli Batterien für E-Autos produziert werden - mit großen Worten eingeweiht wird das Werk aber schon jetzt. "Wir sichern Europas wirtschaftliche Zukunft", sagte Mercedes-Benz Geschäftsführer Ola Källenius auf der großen Bühne.
    Mercedes hat das Werk zusammen mit dem französischen Energiekonzern TotalEnergies und dem Autobauer Stellantis in einem Konsortium finanziert.

    Arbeitsplätze schaffen, Batterieproduktion unabhängiger machen

    Die Region Hauts-de-France im Norden war schon immer eine Arbeiterregion. Erst gab es viel Arbeit in den Kohleminen, dann kam die Autoindustrie. Doch mit dem Verkaufsverbot für Verbrenner ab 2035 stehen Tausende Arbeitsplätze in dem vom rechten Rassemblement National dominierten Norden auf dem Spiel. Neben dem nun in Douvrin eröffneten Batteriewerk sollen noch drei andere in der Region entstehen.
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    Sie sollen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Batterieproduktion in Frankreich unabhängig von Konkurrenten in China machen und Arbeitsplätze sichern. Bis 2030 sollen so insgesamt 20.000 Arbeitsplätze geschaffen werden und bis zu 800.000 Autobatterien pro Jahr vom Band laufen. Auch ein Export der Batterien sei in naher Zukunft denkbar, so ein Sprecher der Regierung.
    Auch auf deutscher Seite möchte man sich in der Industrieproduktion von China unabhängiger machen. Der deutsch-französische Unternehmenszusammenschluss ACC, der das Werk in Douvrin finanziert, plant ein Werk in Kaiserslautern und eines in Italien. Die Projekte von ACC werden mit insgesamt 1,7 Milliarden Euro Subventionen aus Deutschland und Frankreich unterstützt. ACC selbst hat gut sieben Milliarden Euro investiert.
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    Frankreich will eigene Industrie schützen und Investoren ins Land holen

    Das Batteriewerk ist Teil eines von Macrons Großprojekten: Der Reindustrialisierung. Nur durch die Ansiedlung und Belebung und Industrie vor allem im grünen Bereich könnten Arbeitsplätze in Frankreich gesichert werden, so das Kalkül des Präsidenten. Gleichzeitig ist Frankreich seit mehreren Jahren Europaspitze in Auslandsinvestitionen, auch Dank des Werbens von Macron um internationale Investoren.
    Und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron geht noch einen Schritt weiter: Im Rahmen seines Gesetzesentwurfs für grüne Industrie sollen künftig Steuererleichterungen möglich sein für Industrieunternehmen in nachhaltigen Technologien. So sollen auch ausländische Investoren angezogen werden und grüne Industrie nach Frankreich locken.
    Subventionen für den Kauf von E-Autos sollen dem Gesetzesentwurf zufolge demnächst praktisch nur noch für in Europa gefertigte Autos gelten. Automarken aus China müssten ihre Fahrzeuge damit deutlich teurer verkaufen als ihre europäischen Konkurrenten. Wahrscheinlich wäre auch der US-amerikanische Hersteller Tesla betroffen.
    Macron begründet seine Politik:

    Weder in den USA noch in China finanzieren die Steuerzahler Batterien, die in Europa hergestellt werden. Warum sollten wir also der einzige Ort auf der Welt sein, an dem Steuergelder in außereuropäische Produkte fließen?

    Emmanuel Macron, Frankreichs Präsident

    "Die französische Politik macht das, was die Amerikaner machen"

    Die französische Regierung tut das auch, um auf den protektionistischen Kurs der US-Amerikaner zu reagieren. Der 430 Milliarden US-Dollar schwere Inflation Reduction Act der USA fördert Investitionen in grüne Technologien und Industrie in den USA. Auf deutscher Seite betrachtet man eine protektionistischere Wirtschaftspolitik wie Frankreich sie betreibt mit Vorsicht.
    "Ich halte nicht viel davon, globalen Handel einzuschränken. Das führt am Ende zu Wohlstands- und Wachstumseinbußen", sagt Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, am Rande der Eröffnung. Das gemeinsame Batteriewerk sei daher der richtige Schritt, um gegen internationale Konkurrenz zu bestehen. Doch die Autos müssten hinterher ohne Subventionen auf dem Markt bestehen können, so der Verkehrsminister weiter.
    Macron habe zwar einzelne protektionistische Projekte, wie die Subventionen für in Europa gebaute Autos, doch das hieße nicht, dass Frankreich jetzt auf starken Protektionismus wie zum Beispiel Strafzölle setze, erklärt Joseph de Weck, Politikwissenschaftler und Historiker:

    Die französische Politik macht genau das, was die Amerikaner machen, quasi die neue amerikanische Industriepolitik.

    Joseph de Weck, Politikwissenschaftler

    "Und Deutschland steht vor der Frage, ob sie nachziehen wollen. Tun sie es nicht, laufen sie Gefahr, in diesem neuen großen industriepolitischen Spiel als Verlierer dazustehen. Tun sie es, ist es eine Abkehr von einer langen deutschen handelspolitischen Tradition", sagt de Weck.

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