Mali will Abzug der Blauhelme

    Experten besorgt:Mali will Abzug der Blauhelme

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    Die Stimmung in Mali ist nicht gut: Der Außenminister des Landes verlangt, dass die Friedensmission der UN unverzüglich abgebrochen wird. Die Junta kooperiert lieber mit Russland.

    Bundeswehrsoldaten stehen in Gao in Mali im Feldlager Camp Castor an ihren Fahrzeugen
    Bundeswehrsoldaten im malischen Gao.
    Quelle: dpa

    Die Militärregierung des westafrikanischen Krisenstaats Mali fordert den sofortigen Abzug der seit einem Jahrzehnt im Land stationierten UN-Friedensmission Minusma. Außenminister Abdoulaye Diop beschuldigte die Blauhelme der Vereinten Nationen, darunter auch Hunderte Bundeswehr-Soldaten, "Teil des Problems" geworden zu sein, anstatt ausreichend auf die Sicherheitslage reagiert zu haben. "Vor diesem Hintergrund fordert die malische Regierung den unverzüglichen Rückzug von Minusma. Die Regierung ist jedoch bereit, diesbezüglich mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten", sagte Diop im UN-Sicherheitsrat am Freitag (Ortszeit).

    Mali macht UN-Mission Vorwürfe

    Malis Übergangsregierung unter Oberst Assimi Goïta bekräftigte ihre "strategische" Entscheidung, den Abzug der Minusma zu fordern. Es sei "unmöglich, den Frieden zu wahren in einer Situation, in der es keinen Frieden zu wahren gibt", teilte sie mit. Sie warf der UN-Mission vor, das Mandat zur Unterstützung der malischen Autoritäten ins Gegenteil verkehrt zu haben.
    Die Ankündigung der Militärjunta kam kurz vor einem lang erwarteten Verfassungsreferendum in Mali an diesem Sonntag. Die 23 Millionen Bürger Malis sollen mehr als zwei Jahre nach dem letzten Militärputsch über eine neue Verfassung abstimmen, was als erster Schritt hin zu Präsidentschaftswahlen bis kommendem März gilt. Die Übergangsregierung wirbt offensiv für die Annahme des Entwurfs, der unter anderem dem Präsidenten mehr Macht verleiht.



    Die UN-Mission zur Stabilisierung des Landes ist seit 2013 in Mali aktiv, nachdem islamistische Terroristen in Folge des Zusammenbruchs des angrenzenden Libyen und einer Rebellion der nomadischen Tuareg 2012 den Norden des Landes am Rande der Sahara überrannt hatten. Eine Militärintervention der früheren Kolonialmacht Frankreich drängten die teils mit den Terrormilizen IS und Al-Kaida verbündeten Islamisten nur vorübergehend zurück. Die Terrorgruppen breiten sich seitdem im Norden, im Zentrum Malis und in seinen Nachbarstaaten aus.

    Militär an der Macht in Mali

    Das Militär übernahm 2020 und 2021 in zwei Putschen die Macht in dem Sahelstaat mit rund 23 Millionen Einwohnern und wandte sich Russland zu, von dem es sich robustere Hilfe gegen die Islamisten versprach. Während die Militärjunta nur von Ausbildern spricht, sind Schätzungen zufolge bis zu 2.000 russische Wagner-Söldner im Land aktiv.
    Links drei Wagner-Söldner in militärischer Uniform, dahinter eine Karte von Afrika und Europa mit blauer Einfärbung dort, wo die Wagner-Kämpfer aktuell vor Ort sind
    ZDFheute live über die globale Macht privater Militärunternehmen.03.05.2023 | 26:49 min
    So mächtig sind die Wagner-Söldner:
    Frankreich beendete daraufhin seinen Militäreinsatz. Deutschland will seine Soldatinnen und Soldaten zum 31. Mai 2024 abziehen. Der Bundestag hatte Ende Mai das Mandat letztmalig verlängert. Derzeit sind knapp 1.100 Bundeswehrsoldaten in Mali. Die Bundeswehr wurde zuletzt immer wieder eingeschränkt. So verweigerte Bamako etwa Fluggenehmigungen für die von den Deutschen im UN-Auftrag betriebene Aufklärungsdrohne Heron.

    Bundesregierung hält an Abzug bis Mai 2024 fest

    Die Bundesregierung will den Einsatz der Bundeswehr in Mali auch nach der Aufforderung zum sofortigen Abzug in geordneten Schritten beenden. Verhandlungen der Vereinten Nationen würden unterstützt, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums am Samstag in Berlin.

    Dass die malische Transitionsregierung und Russland die anstehende Verlängerung des UN-Mandats nutzen werden, um politisches Kapital daraus zu schlagen, überrascht uns nicht. Unser Interesse ist weiterhin ein geordneter Abzug.

    Sprecherin des deutschen Verteidigungsministeriums

    Deutscher Feldjäger steht Wache beim UN-Einsatz in Mali.
    In Mali findet einer der gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr statt. 26.07.2022 | 43:55 min
    Mehr als 1.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dienen in der UN-Mission in Afrika. Sie sollen Frieden schaffen und sichern.
    Die Vereinten Nationen sind für den Betrieb einer Friedensmission auf das Einverständnis des Landes angewiesen. Das Mandat der Minusma hätte vom UN-Sicherheitsrat bis zum 30. Juni um ein weiteres Jahr verlängert werden müssen.
    Der Missionsleiter und Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, El-Ghassim Wane, sagte im Sicherheitsrat, dass die Minusma alles daran gesetzt haben, ihr Mandat trotz der "vielfältigen Einschränkungen, denen sie ausgesetzt ist, darunter auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit", bestmöglich umzusetzen.

    Beziehungen zwischen Mali und Minusma verschlechtern sich

    Die Beziehungen zwischen Mali und Minusma hätten sich seit der Ankunft der Russen verschlechtert, sagt der Regionalbüroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, Ulf Laessing.

    Mali will nicht, dass die Minusma Menschenrechtsverletzungen der Armee und der Russen untersucht. Der Bericht zum Massaker in Moura hat das Tischtuch endgültig zerrissen.

    Ulf Laessing, Konrad-Adenauer-Stiftung

    Die UN erhoben im Mai schwere Vorwürfe. Im Bericht war von mehr als 500 Toten, Hinrichtungen und Dutzenden Vergewaltigungen bei einem Einsatz der malischen Armee gegen Islamisten im März 2022 in dem Dorf der Region Mopti die Rede. Zeugen schilderten demnach, dass auch "bewaffnete weiße Männer" vor Ort gewesen seien.

    Massaker? Davon will Mali nichts wissen

    Malis Außenminister wies "die voreiligen Schlussfolgerungen des voreingenommenen Berichts" am Freitag erneut zurück. "Wir sehen in diesem Bericht eine echte Entschlossenheit einiger Staaten, unsere gemeinsame Organisation zu instrumentalisieren, um Mali für seine souveränen Entscheidungen zu schaden oder gar zu bestrafen", sagte Diop.
    KAS-Experte Laessing sagte: "Der Abzug würde die Sicherheitslage nochmal verschlechtern. Die Minusma baut auch Schulen, rüstet Polizeistationen aus - sie ersetzt den Staat, der in der Fläche nicht präsent ist. Tausende würden über Nacht arbeitslos, die sich mangels Alternativen Banditen oder Dschihadisten anschließen würden." Minusma sorge in Städten für Sicherheit, in die etwa Binnenflüchtlinge zögen um den Terrormilizen zu entkommen. "Die würden dann weiter nach Niger und auf die Libyen-Route fliehen."
    Quelle: dpa

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