Medikamentenmangel: Europaweiter Appell von Kinderärzten
Medikamentenmangel :Kinderärzte europaweit appellieren an Politik
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Vor einigen Monaten schon waren Medikamente für Kinder knapp. Die Lage verschärft sich erneut. Europaweit fordern Kinderärzte jetzt die Politik auf, dringend Abhilfe zu schaffen.
Im Herbst könnte sich der Mangel an Medikamenten verschärfen. Ärzte sehen vor allem die Gesundheit der Kinder gefährdet – und zwar europaweit.29.04.2023 | 1:51 min
Kinder- und Jugendärzte aus mehreren europäischen Ländern haben in einem Brief an ihre Gesundheitsminister appelliert, gegen die Knappheit bei Kinderarzneimitteln vorzugehen. Die Mediziner aus Deutschland und anderen europäischen Staaten sehen die Gesundheit von Jungen und Mädchen in Gefahr. In dem am Samstag bekanntgewordenen Schreiben heißt es:
Mediziner befürchten gravierenden Mangel auch im Herbst
In Deutschland warnen die Kinder- und Jugendärzte vor einem noch gravierenderen Mangel an Medikamenten für Kinder im nächsten Herbst und Winter als im vergangenen Jahr. Gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Präsident des Berufsverbands, Thomas Fischbach:
Es fehle an Fieber- und Schmerzmedikamenten in kindgerechter Darreichungsform. Auch Penicillin gebe es derzeit nicht. "Wir behandeln schon jetzt fernab der Leitlinien, und der nächste Herbst steht vor der Tür", erklärte Fischbach. Er gehört zu den Mitunterzeichnern des offenen Briefs an die Gesundheitsminister in Deutschland, Frankreich, Südtirol, Österreich, der Schweiz und weiterer Länder.
Förderung von Medikamenten-Herstellung in Deutschland angemahnt
Die Mediziner sehen die Politik in der Verantwortung, "eine ausreichende Produktion und Bevorratung wichtiger Arzneimittel der pädiatrischen Grundversorgung in Europa sicherzustellen".
Fischbach mahnte außerdem an, die Herstellung von Medikamenten für Kinder in Deutschland zu fördern. Es müsse für die Hersteller wieder ausreichend attraktiv sein, die Medikamente zu produzieren. Dafür müsse die Politik sorgen.
Gesundheitsminister verweist auf Gesetz gegen Lieferengpässe
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte auf Twitter Verständnis für das Anliegen der Pädiater: "Die Sorge der Kinderärzte ist berechtigt." Der SPD-Politiker verwies dabei auch auf ein vom Kabinett bereits beschlossenes Gesetz, das helfen soll, die Lieferengpässe zu beheben. Das Parlament berate schon über den Entwurf.
Das Gesetz soll Herstellern ermöglichen, höhere Abgabepreise für Kindermedikamente in Deutschland zu verlangen, so dass sich Lieferungen nach Deutschland mehr lohnen. Bei wichtigen Medikamenten ist auch eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung vorgesehen. Und bei Antibiotika sollen Hersteller, die Wirkstoffe in Europa produzieren, stärker zum Zug kommen.
Krankenkassen geben Pharmaindustrie Mitschuld an Mangel
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), kritisierte, der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition werde nur einen Teil der Probleme lösen. "Vor allem kommt das Gesetz mit Monaten Verspätung", fügte er hinzu.
Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), gibt der Pharmabranche eine Mitschuld für die Lieferngpässe bei Arzneimitteln:
Die Branche habe in der Vergangenheit Lieferketten mit Produktionsstätten im Ausland aufgebaut, die sich jetzt als instabil erwiesen.
Bei mehr hunderten Arzneimitteln gibt es derzeit Lieferengpässe. Wie eine Apotheke im sächsischen Zittau mit den Engpässen umgeht, zeigt ZDF-Reporterin Cornelia Schiemenz.26.01.2023 | 8:17 min
Mangel an Medikamenten auch in anderen Bereichen
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz reicht das Medikamentenproblem weit über Kinderarzneimittel hinaus. Gegenüber der Deutschen Presseagentur sagte deren Vorstand, Eugen Brysch:
Die bisherigen nationalen und europäischen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Patientenversorgung sicherzustellen.