Faeser will Messerverbot im ÖPNV - Idee bringt nur wenig

    Messerverbot in Bus und Bahn?:Warum Faesers Vorschlag nur wenig bringt

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
    |

    Innenministerin Faeser will Messer in Bus und Bahn verbieten. Dabei sind sie in der Regel längst verboten, was viele Taten aber nicht verhinderte. Was sagen Experten zu dem Thema?

     Berlin: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stellt in der Bundespressekonferenz die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr vor.
    Nancy Faeser will generell Messer in Bussen und Bahnen verbieten - Experten stehen dem Vorschlag skeptisch gegenüber.
    Quelle: dpa

    In Bahnen kam es in den vergangenen Jahren einige Male zu Messerangriffen mit Verletzten und auch Toten. Erst am Dienstag wurde eine 33-Jährige in einem Berliner Bus mit einem Messer attackiert und lebensbedrohlich verletzt.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will nun dagegen etwas unternehmen - und schlägt vor, die Mitnahme von Messern in Bussen und Bahnen generell zu verbieten. Ihr Argument:

    Wer mit dem Flugzeug reist, darf ja auch kein Messer mitnehmen.

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser

    Es gibt bereits weitreichende Messer-Verbote

    Experten stehen dem Vorschlag skeptisch gegenüber. Zudem gibt es bereits weitreichende Verbote:
    • Die meisten Messer darf man sowieso schon nicht in der Öffentlichkeit mit sich führen - sie fallen unter §42a des Waffengesetzes. Darunter aufgeführt sind Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (sogenannte "Einhandmesser"), alle feststehenden Messer mit einer Klingenlänge von über 12 Zentimetern, sämtliche Dolche, Schwerter und Bajonette.
    • In den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn ist zusätzlich ein generelles Waffenverbot geregelt: "Von der Mitnahme (...) sind Gegenstände und Stoffe ausgeschlossen, die geeignet sind, Mitreisende zu stören oder zu verletzen", heißt es dort. Das Verbot gilt unter anderem für Pfefferspray, Schusswaffen - aber auch für Messer jeder Größe. Ausnahmen gelten beispielsweise für Sicherheitspersonal. Ähnliche Regeln gelten in manchen kommunalen Verkehrsverbunden.

    Expertin: Potentielle Täter durch Verbot nicht erreichbar

    Auch, wenn solche Verbote schon in den Beförderungsbedingungen niedergeschrieben stehen: "Das konkret zu formulieren und zu verkünden hätte eine gewisse Symbolkraft, würde den Autoritätsanspruch des Staates noch mal verdeutlichen", erklärt Elena Rausch, die seit Jahren an der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden zu dem Thema forscht. Aber das Hauptproblem bliebe: Potentielle Täter würde man mit einem solchen Verbot kaum erreichen, so Rausch.
    "In der Forschung sehen wir, dass Messergewalt im Vergleich zu anderen Gewaltdelikten eher von Tätern in psychischen Ausnahmesituationen ausgeübt wird."

    Das sind Menschen, die sich akut in Krisensituationen befinden. Und die überlegen nicht, ob es verboten ist, ein Messer mitzunehmen. Die wägen nicht rational ab.

    Elena Rausch, Kriminologische Zentralstelle Wiesbaden

    Sohad Khaldi | ZDF-Reporterin in Brokstedt / Schleswig-Holstein
    Messer-Attacke: Täter "polizeibekannt"26.01.2023 | 2:04 min

    Umfangreiche Kontrollen entscheidend - aber kaum umsetzbar

    Dazu kommt: Für potentielle Täter wäre die Androhung einer Strafe nicht entscheidend - sondern die Wahrscheinlichkeit, kontrolliert und entdeckt zu werden, erklärt Rausch.
    Doch eine flächendeckende Überwachung des Messerverbots wäre mit der derzeitigen Personalsituation der Bundespolizei kaum vorstellbar: "Das kann die Bundespolizei momentan nur ansatzweise", sagte Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

    Uns fehlen 3.500 Kolleginnen und Kollegen für die Sicherheit an den Bahnhöfen und in den Zügen.

    Andreas Roßkopf, GdP

    Statistiken geben nur bedingt Auskunft über Ausmaß des Problems

    Das Bundeskriminalamts (BKA) hatte bis 2021 in seiner Kriminalstatistik keine Angaben zu Messern als Tatmittel gemacht - einen Trend über die vergangenen Jahre abzulesen ist daher anhand dieser Daten nicht möglich.
    Andere Statistiken wie die der Bundespolizei, die unter anderem für die Sicherheit an Bahnhöfen zuständig ist, oder Statistiken der Bundesländer zeigen kein einheitliches Bild. Dennoch: "In der öffentlichen Debatte entsteht der Eindruck, es gebe von Jahr zu Jahr immer mehr Fälle, bei denen Menschen in der Öffentlichkeit einfach niedergestochen werden", so Rausch.

    Studie: Drei Viertel der Taten geschehen im privaten Umfeld

    Der Eindruck entstehe durch die öffentliche Diskussion, wenn über einzelne, schwere und erschreckende Taten intensiv berichtet werde. "Wie viele Fälle das sind, ist unklar - die Zahl der Attacken im öffentlichen Raum, die für große Schlagzeilen sorgen, weil Menschen aus heiterem Himmel angegriffen werden, sind statistisch nicht gesondert erfasst", erklärt Rausch. Aber:

    Einen generellen Trend hin zu mehr Messergewalt sehen wir nicht in den Statistiken.

    Elena Rausch, Kriminologische Zentralstelle Wiesbaden

    Eine Studie der Kriminologischen Zentralestelle zeigt zudem: In mehr als drei Viertel der Taten kennen sich Täter und Opfer. 76 Prozent der Opfer von Gewalt mit einem Messer sind entweder der Lebenspartner oder -Partnerin, ein Familienmitglied oder Personen im Freundes- und Bekanntenkreis. "Das Messer ist in der Regel keine Waffe, die gegen Unbekannte eingesetzt wird", so Rausch.
    In etwa 20 Prozent der Fälle seien die Opfer im beruflichen Kontext angegriffen worden, beispielsweise bei der Polizei oder als Beschäftigte in einer Tankstelle.
    Quelle: mit Material von dpa