Facebook-Moderator verliert Job nach Kritik im Bundestag

    Auftritt im Bundestag:Facebook-Moderator verliert nach Kritik Job

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    Moderatoren, die Inhalte in sozialen Medien entfernen, sehen "verstörende Bilder", so ein Betroffener im Bundestag. Seine Offenheit kostete ihm wohl den Job - das stößt auf Kritik.

    Anmelde-Startseite von Facebook
    Ein Moderator, der gewalttätige Inhalte für den Meta-Konzern entfernte, soll nach einer Aussage im Bundestags-Digitalausschuss gekündigt worden sein.
    Quelle: dpa

    Cengiz Haksöz prüft bei einem Essener Dienstleister Inhalte auf Facebook und Instagram. Nachdem er bei einer Bundestagsanhörung die Arbeitsbedingungen in seinem Job schilderte, ist er von seinem Arbeitgeber freigestellt worden. Nun fordert die Ausschussvorsitzende Tabea Rößner (Grüne) eine Stellungnahme des Unternehmens.
    Eine Freistellung im Zusammenhang mit den Auskünften in einer Sitzung des Bundestags-Digitalausschusses wäre "völlig inakzeptabel", heißt es in einem am Freitag versendeten Brief Rößners an das Unternehmen, der dem Evangelischen Pressedienst epd vorliegt.

    Content-Moderatoren sehen "extrem verstörende Bilder"

    Es stehe außer Frage, dass die Bereitschaft, Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen, zu keinen persönlichen Nachteilen führen dürfe. Sie erwarte eine Stellungnahme zu der Freistellung, schreibt Rößner an das Unternehmen, dessen Mitarbeitende für den Internetkonzern Meta Inhalte in Facebook und Instagram anschauen und Gewaltdarstellungen entfernen.
    In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses hatte in der vergangenen Woche unter anderem Cengiz Haksöz über die Arbeitsbedingungen berichtet. Er schilderte, dass Kolleginnen und Kollegen durch die Arbeit psychisch erkrankt seien. Content-Moderatoren sähen "extrem verstörende Bilder oder Videos", etwa Ausbeutung von Kindern, Leichen oder Terrorismus.

    Ausschuss honorierte Mut des Content-Moderators

    Die Belastung sei so extrem, dass man sich dort nach einem Arbeitstag nicht mit "Tschüß", sondern mit "Gute Besserung" verabschiede. Haksöz forderte eine psychologische Betreuung für die Content-Moderatoren und kritisierte eine "Kultur der Geheimhaltung und des Mobbings" in dem Unternehmen, das ihn nun freigestellt hat.
    Mitarbeitende müssten Geheimhaltungserklärungen unterschreiben, berichtete er in der Bundestagsanhörung vom 14. Juni, deren Aufzeichnung in der Bundestagsmediathek zu sehen ist. Sichtlich machte sein Statement dort Eindruck. Die Abgeordneten brachten mit Tischklopfen ihren Respekt zum Ausdruck. Rößner dankte Haksöz für seinen Mut, dort offen zu sprechen.
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    Verdi will gegen Freistellung vorgehen

    Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi ist Haksöz auch Vorsitzender des Wahlvorstandes, der in wenigen Wochen die erste Wahl eines Betriebsrats in dem Unternehmen organisieren soll.
    Die Gewerkschaft will rechtlich gegen die Freistellung vorgehen, die den Angaben zufolge auch mit einem Betretungsverbot für die Firma und das Wahlvorstandsbüro verbunden ist. Sie geht davon aus, dass die Betriebsratswahl behindert werden soll.
    Das Unternehmen "Telus International", als dessen Mitarbeiter Haksöz in Essen Inhalte in sozialen Medien ansah, reagierte am Freitag nicht auf epd-Anfrage. Dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigte ein Vorstandsmitglied in dieser Woche den Fall. Haksöz habe die Arbeitsvereinbarungen mit der Firma gebrochen und die "Realität unseres Geschäfts" nicht korrekt widergegeben, hieß es von dem Unternehmen. Es laufe eine interne Untersuchung.
    Quelle: epd
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