Nationalfeiertag in Frankreich: Parade in gespaltenem Land

    Nationalfeiertag in Frankreich:Militärparade durch ein gespaltenes Land

    von Anne Arend
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    Frankreich feiert alljährlich am 14. Juli seine Republik. Die jüngsten Unruhen im Land überschatten jedoch den Nationalfeiertag - zur Militärparade bleibt die Anspannung hoch.

    Präsident Emmanuel Macron auf der Parade zum französischen Nationalfeiertag in Paris
    In Frankreich wird der Nationalfeiertag in diesem Jahr kleiner als sonst gefeiert. Grund dafür sind Befürchtungen vor erneuten Ausschreitungen. Vielerorts sind Proteste untersagt.14.07.2023 | 0:19 min
    Und wieder ist die Polizei allgegenwärtig, in Paris sowie im ganzen Land. 130.000 Einsatzkräfte sollen dieser Tage für Sicherheit sorgen. Denn auch wenn sich die Unruhen gelegt haben, bleibt die Anspannung groß. Ganz besonders heute, am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag. Längst nicht allen ist nach Feiern zumute.
    Während Präsident Emmanuel Macron erst kürzlich erklärte, die republikanische Ordnung sei wieder hergestellt, und er wohl gerne zur Normalität zurückkehren würde, bewerten viele Städte und Gemeinden die Ruhe als trügerisch. Aus Angst vor einem erneuten Aufflammen haben sie vorsichtshalber Volksfeste und Feuerwerke abgesagt.
    Eine Gruppe Jugendlicher steht an einer Tür und unterhält sich
    Der Tod eines Jugendlichen hatte in Frankreich schwere Krawalle und Proteste gegen Polizeigewalt ausgelöst. Mittlerweile ist in Banlieue etwas Ruhe eingekehrt.07.07.2023 | 1:45 min

    Macron will aus Beliebtheitstief herauskommen

    Nicht so die Hauptstadt. Mit einer pompösen Parade auf den Champs-Elysées und Trikolore am Pariser Himmel verspricht die Militär-Schau auch in diesem Jahr wieder starke Bilder. Und eine Bühne für Macron. Der will - nach dem Durchsetzen der umstrittenen Rentenreform - endlich aus seinem Beliebtheitstief herauskommen. Nicht mehr wie ein Getriebener der innenpolitischen Krisen wirken.
    Ob die Bilder der heutigen Feierlichkeiten die der zerstörungs­wütenden Jugendlichen Anfang Juli überlagern, daran glauben nur wenige. Zu tief sind die Risse in der französischen Gesellschaft. Schon lange. Die Unruhen haben sie nur erneut zu Tage gebracht.

    Soziale Ungleichheit statt Égalité

    Seit Jahrzehnten sind viele Bewohner in den Sozialbausiedlungen benachteiligt und haben schlechtere Chancen als im Rest des Landes. Die Arbeitslosenquote etwa ist mehr als doppelt so hoch. Die Aussichten für Jugendliche auf Aufstieg in Bildung und Beruf hingegen gering.
    Dabei sind auch sie Kinder der Republik, Französinnen und Franzosen, die mit der Losung "Liberté, Égalité, Fraternité" (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) aufgewachsen sind - und sie einfordern. Auch wenn die Gewalt zu verurteilen ist. Tatsächlich hat Macron wenige Tage nach den Ausschreitungen beteuert, er wolle den Ursachen auf den Grund gehen und sie aufarbeiten.
    Brand
    Vor einer Woche eskaliert die Gewalt auf Frankreichs Straßen. Vor allem in den Banlieues schürt der Tod des 17-jährigen Nahel eine tief sitzende Wut.11.07.2023 | 11:50 min

    Sehr hohe Schäden durch Krawalle

    Im Fokus der öffentlichen Debatte stehen jedoch andere Fragen. Handhabe gegen Randalierer etwa. Und am kommenden Montag befasst sich das Parlament mit einem Notstandsgesetz, das von den Krawallen geschädigten Städten schnelle Wiederaufbau- und Renovierungsarbeiten ermöglichen soll. Die Schäden an Geschäften, Rathäusern, Fahrzeugen sind immens, gehen in die Milliarden Euro. Doch sie können mit Geld behoben werden.
    Anders sieht es mit dem Misstrauen derer aus, die sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen. Es wird viel Zeit und ernsthaftes Bemühen kosten, um den sozialen und nationalen Zusammenhalt herzustellen. Allein mit einer symbolträchtigen Militärparade auf den Champs-Élysées wird es nicht getan sein.
    Mariette Slomka spricht im heute journal mit der Politikwissenschaftlerin Claire Demesmay über die Proteste in Frankreich, 02.07.2023.
    "Es sind junge Menschen und sie haben eigentlich keine politischen Forderungen, sondern was man sieht, das ist Wut und Verwüstung", sagt Politikwissenschaftlerin Claire Demesmay.02.07.2023 | 5:19 min

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