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Geburtenrate in Polen : Abtreibungsrecht sorgt bei Frauen für Angst

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Die Geburtenrate in Polen liegt unter dem EU-Durchschnitt. Mitverantwortlich sind dafür auch die strengen und von der regierenden PiS getragenen Abtreibungsgesetze.

Demonstrierende Frauen in Polen.
Demonstrierende Frauen in Polen (Archivbild).
Quelle: dpa

Im kommenden Jahr wird in Polen ein neues Parlament gewählt. Für den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski ist das schon heute ein guter Grund, um durch das Land zu reisen und bei Veranstaltungen seine Sicht der Dinge zu erläutern.

Und so kam es, dass Kaczynski am vergangenen Wochenende in der Stadt Elk auch über die niedrige Geburtenrate in Polen sprach, für die der nationalkonservative Politiker auch sofort Verantwortliche präsentierte. "Wenn es so weitergeht, dass junge Frauen bis zum Alter von 25 Jahren genauso viel trinken wie gleichaltrige Männer, dann wird es keine Kinder geben", erklärte Kaczynski.

Es waren Behauptungen, die in Polen für Empörung sorgten. Neben Politikerinnen und Politikern der Opposition äußerten auch Prominente Kritik wie Anna Lewandowska, Ehefrau des ehemaligen Bundesligastürmers Robert Lewandowski. Lewandowska selbst ist bisher nicht durch politische Äußerungen aufgefallen. Frauenrechtlerinnen wiederum kündigten für Ende des Monats eine Demonstration vor dem Wohnhaus Kaczynskis in Warschau an.

Polnische Geburtenrate bei 1,3 pro Frau

Doch so fragwürdig die Äußerungen Kaczynskis sind, so unbestreitbar sind im Nachbarland die demographischen Probleme. Während in Deutschland die Geburtenrate bei 1,5 pro Frau liegt und damit auch dem EU-Durchschnitt entspricht, liegt diese in Polen bei 1,3 pro Frau.

Was für Polen langfristig gravierende Folgen haben könnte: Laut aktueller Berechnungen der UNO könnte in Polen die Bevölkerungszahl von derzeit über 39 Millionen Menschen bis zum Jahr 2100 auf 23 Millionen schrumpfen. Das wäre ein Bevölkerungsrückgang von 42 Prozent. Im Vergleich dazu wird Deutschland bis dahin ein Bevölkerungsrückgang von derzeit 82 Millionen auf knapp 69 Millionen vorhergesagt.

In Polen protestieren zehntausende Frauen und Männer erneut gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechtes. Letzte Woche hat das Verfassungsgericht entschieden, dass eine Abtreibung auch bei schweren Fehlbildungen des Kindes verboten ist.

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Kindergeld verfehlte Wirkung auf Geburtenrate

Ein überzeugendes Programm, wie diese negative demographische Entwicklung gestoppt werden kann, konnte bisher jedoch noch keine Regierung vorlegen. Auch das von den seit 2015 regierenden Nationalkonservativen eingeführte Kindergeldprogramm 500+, das jedem Kind eine staatliche Zuwendung von 500 Zloty verspricht, hat diesbezüglich seine Wirkung verfehlt.

Die beim jetzigen Wechselkurs rund monatlich ausgezahlten 105 Euro haben vielleicht die finanziellen Sorgen einiger Familien verringert und der PiS so manche Wählerstimmen gesichert, auch weil es das erste große Sozialprogramm einer Regierung seit der politischen Wende von 1989 war. Doch zu gestiegenen Geburtenzahlen führte 500+ nicht.

Frauen besorgt um Gesundheit bei Schwangerschaft

Warum dies so ist, offenbarte eine im Dezember vergangenen Jahres durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, die unter anderem bei Frauen zwischen dem 18. und 39. Lebensjahr durchgeführt wurde. Auf die Frage, warum polnische Frauen keine Kinder bekommen möchten, gaben diese mit 54 Prozent als wichtigsten Grund die Sorge an, dass sie sich die mit einem Kind verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht leisten können. Mit 51 Prozent folgte gleich darauf die Sorge um die eigene Gesundheit bei einer Schwangerschaft.

Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Politik. Bereits seit den 1990er Jahren hat Polen mit dem sogenannten "Kompromiss" eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Dieses sah Schwangerschaftsabbrüche nur bei Inzest, Vergewaltigung, einer Gefährdung für die Gesundheit der Mutter und bei Missbildungen des Fötus vor.

Proteste gegen Abtreibungregeln in Polen

Nach Tod einer Schwangeren - Proteste in Polen gegen Abtreibungsgesetz 

In Polen haben Menschen erneut gegen das Abtreibungsgesetz demonstriert. Eine Frau ist bei der Geburt ihres Kindes gestorben, mutmaßlich weil Ärzte nicht eingegriffen haben.

Abtreibung auch bei Missbildungen des Fötus verboten

Seit einem Urteil des Verfassungsgerichts vom Oktober 2020 dürfen Abtreibungen jedoch auch nicht mehr bei Missbildungen des Fötus durchgeführt werden. Das Urteil führte damals nicht nur zu landesweiten Protesten, sondern erschwerte auch das Leben betroffener Frauen. Einige dieser bedrückenden Schicksale dokumentiert der aus Spenden finanzierte und auf YouTube veröffentlichte Film "Keiner spricht darüber".

Folgen könnte die Verschärfung des Abtreibungsrechts auch für die PiS haben. Laut aktueller Umfragen würde sie bei den Parlamentswahlen im kommenden Jahr zwar als stärkste Kraft abschneiden, eine Mehrheit hätten sie im Sejm aber nicht mehr. Auch deshalb, weil sich junge Wähler unter anderem wegen der Abtreibungsgesetze abwenden.

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