Neuer Präsident Tschechiens: Pavel zieht in Prager Burg ein

    Neuer Präsident in Tschechien:Petr Pavel wird Herr der Prager Burg

    Britta Hilpert
    von Britta Hilpert
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    70 Prozent Wahlbeteiligung - so hoch war sie bei Präsidentenwahlen in Tschechien noch nie. Der schmutzige Wahlkampf polarisierte und mobilisierte - gesiegt hat Ex-General Pavel.

    In Tschechien kann man im Müll erkennen, wie die politische Stimmung ist: Jeder Wähler bekommt zwei Stimmzettel, einen pro Kandidat. Ein Zettel kommt dann in die Urne, der andere in den Müll. Im Wahlkreis 1505 ist die Tonne schon nach wenigen Stunden voll mit Zetteln, auf denen steht: Andrej Babiš.

    Wahlversprechen "Ruhe und Ordnung" wirkte

    "Petr Pavel" haben sie hier in die Urne geworfen, er siegte im Wahlkreis 1505, wie im ganzen Land: 58,32 Prozent der Stimmen gingen an den Ex-General und ehemaligen hohen Beamten der Nato. Bei den urbanen Normal- bis Gutverdienern, wie hier im Wahlkreis 1505, bekam er sogar über 80 Prozent.
    Sein Versprechen "Ruhe und Ordnung" zog, denn dieser etwas verstaubt wirkende Slogan gewann im Kontrast zum Wahlkampf von Andrej Babiš einen neuen, sehr aktuellen Glanz.

    Ich habe Petr Pavel gewählt, weil ich mich nicht für meinen Präsidenten schämen möchte,

    sagt Lucie Maternova. Und Libor Opelt zeigt uns sogar den Babiš-Wahlzettel, den er mitgenommen hat: "Ich werde ihn meinen Nachfahren zeigen, damit sie sehen, was passieren kann", sagt er und schüttelt den Kopf, "wie so eine Kreatur überhaupt ein Kandidat für ein Präsidentenamt werden konnte!"
    Wahl in Tschechien: Wahlzettel im Papierkorb
    An den Zetteln im Papierkorb lässt sich die Stimmung der Wähler ablesen.
    Quelle: ZDF

    Doch auch in diesem Wahlkreis hat Babiš seine Fans: Josef Hrdlicka hat in seinem langen Leben offenbar einiges erlebt. Als wir uns ihm vorstellen, sagt er: "Was machen denn schon wieder die Deutschen hier?" Und weiter: "Ich habe Herrn Babiš gewählt, weil er kein Hornochse ist."
    [Auch darum ist Babiš umstritten - sein Name tauchte in den Pandora-Papers auf]

    Beherrschendes Thema war Ukraine-Krieg

    Der Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen waren das beherrschende Thema im Wahlkampf - und die Art, wie er geführt wurde. Unterstellungen, Provokationen und sogar Lügen bestimmten ihn: Pavel führe als Ex-General in den Krieg, er, Babiš, hingegen stünde für Frieden. Das war der Kern der Kampagne des Milliardärs und Ex-Premiers Babiš. Desinformation, die gerade bei sozial-schwächeren Tschechen wirkte.
    In einer TV- Debatte, zu der sich Babiš erst in letzter Minute entschloss, provozierte er auch Tschechiens Bündnispartner: Auf die Frage nach dem Nato-Bündnisfall, also ob er bei einem Angriff auf Nato-Partner tschechische Soldaten zur Verteidigung schicken würde, sagt er: "Auf keinen Fall!" Die Nachbarn in Polen und dem Baltikum zeigten sich entsetzt.
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    Petr Pavel hingegen versicherte, mit ihm werde Tschechien zu seinen Bündnisverpflichtungen stehen - wie auch die amtierende Regierung und der noch amtierende Präsident Zeman. Babiš sah sich genötigt, seine Aussagen zu relativieren.

    Hohe Wahlbeteiligung wegen schmutzigem Wahlkampf

    Das politische Wechselbad der Gefühle im Wahlkampf, komplett mit Fake-News über den Tod eines Kandidaten und Todesdrohungen gegen den anderen, führte dazu, dass mehr Tschechen zur Präsidentschaftswahl gingen denn je. Viele wählten vor allem gegen Babiš, sie wollten die Ruhe und Ordnung, die Pavel versprach.

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    von Wolf-Christian Ulrich
    Andrej Babis spricht auf seiner Wahlkampfveranstaltung für die Präsidentschaftswahlen in Tschechien.
    Und so machte sich der künftige Präsident sogleich an die Arbeit, die gespaltene Nation zu einen. Er betonte:

    Ich sehe keine Sieger oder Besiegte, es haben bei dieser Wahl Werte gewonnen. Werte wie Wahrheit, Würde, Respekt und Demut. Ich bin überzeugt, dass diese Werte von den meisten geteilt werden.

    Petr Pavel, neuer Präsident Tschechiens

    Anfang März zieht Petr Pavel in die Prager Burg. Es ist eine Zeitenwende: Sowohl Babiš, in seiner Zeit als Ministerpräsident, als auch der amtierende Präsident Milos Zeman pflegten politischen Populismus, der die tschechische Gesellschaft polarisierte.
    Nun wird ein West-orientierter Nato-General Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber und Verfassungsgewissen der tschechischen Republik. In vielen Hauptstädten Europas wird das wohl einen Seufzer der Erleichterung auslösen.
    Britta Hilpert ist Leiterin des ZDF-Auslandsstudios Wien in Österreich.

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