Human-Rights-Watch-Direktor: "Habe viel Heuchelei gesehen"

    Human Rights Watch zur Katar-WM:Michalski: "Habe viel Heuchelei gesehen"

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    Die Eröffnungsfeier? "Heuchelei." FIFA-Boss Infantino? Erinnert ihn an Trump. Zum Start der WM in Katar übt Menschenrechtler Wenzel Michalski deutliche Kritik am Turnier.

    Der Deutschland-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Wenzel Michalski, hat sich im ZDF kritisch zur Eröffnungsfeier der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar geäußert:

    Ich habe darin ziemlich viel Heuchelei gesehen. Es wurde Diversität angesprochen, es wurde Inklusion gezeigt, es wurde über Toleranz gesprochen - aber von einem Land und von Menschen, die das nicht leben.

    Wenzel Michalski

    Kritik auch am FIFA-Chef Infantino

    Als "Heuchelei" bezeichnete Michalski auch einen Auftritt des Präsidenten des Weltfußballverbandes FIFA, Gianni Infantino. Dieser hatte zuvor in einer Pressekonferenz Kritiker der WM in Katar verbal angegriffen.

    Ich dachte, da stellt sich einer hin und gibt sich als Opfer, und hab' gedacht, der macht das Donald Trump nach.

    Wenzel Michalski

    In einem einstündigen Monolog hatte Infantino am Samstag zu einem skurrilen Rundumschlag gegen seine Kritiker ausgeholt. Scheinheilig, rassistisch, ungerecht sei der Umgang mit den WM-Gastgebern. "Diese einseitige Moralpredigt ist reine Heuchelei", rief er den rund 400 Journalisten in Doha zu.

    Für das, was wir Europäer in den vergangenen 3.000 Jahren getan haben, sollten wir uns für die nächsten 3.000 Jahre entschuldigen, bevor wir anfangen, den Menschen moralische Lektionen zu erteilen.

    Gianni Infantino

    Verurteilungen Katars aus der westlichen Welt seien vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte unangebracht.
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    Menschenrechte gelten auch in Katar

    Diese Kritik lässt Michalski nicht gelten: "Man kann ja gewesenes Unrecht nicht (für) jetziges Unrecht zur Verteidigung, zur Rechtfertigung heranführen", so der Menschenrechtsaktivist.
    Er argumentiere auch nicht aus einer deutschen Warte oder aus europäischen Warte, sondern es gehe um Menschenrechte und die gelten für alle überall und immer. Katar habe diese Erklärung der Menschenrechte auch mitunterschrieben. 

    Debatte um die "One Love"-Binde

    Eine große Debatte gibt es aktuell auch um die sogenannte "One Love"-Binde. Die Kapitänsbinde stehe für den Kampf "gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, für Frauenrechte und Menschenrechte generell". Die Kampagne ist eine gemeinsame Aktion der Teams aus Deutschland, England, den Niederlanden, Belgien, Schweiz, Wales, Frankreich, Dänemark sowie Norwegen und Schweden, die beide nicht für die WM qualifiziert sind. Jeweils die Kapitäne sollen die besondere Armbinde tragen, die FIFA will dies allerdings nicht erlauben und droht mit Gelben Karten, sollten Spieler mit der Binde auflaufen.

    Das wäre natürlich der Hammer! Und damit würde die FIFA, was sie ja immer von sich weist, die Spiele so sehr politisieren, wie sie noch nie politisiert worden sind.

    Wenzel Michalski

    Die FIFA spreche, wenn sie über Gleichheit spricht, "immer nur im Sinne von Autokraten, aber nie im Sinne der Bevölkerung", so Michalski.
    Im Interview mit dem ZDF hat auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf die FIFA kritisiert. Und er erklärt die deutschen Pläne mit der "One Love"-Binde:
    Quelle: dpa, ZDF

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