Die meisten haben mitgemacht - Martha Wertheimer, Anna Pröll und Margit Zinke nicht: Der DFB erinnert an Sportlerinnen, die in der NS-Zeit Widerstand geleistet haben.
Wenn DFB-Präsident Bernd Neuendorf und der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, heute Abend in der DFB-Akademie in Frankfurt gemeinsam mit den Holocaustüberlebenden Eva Szepesi und Helmut Sonneberg an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, gehen ihre Gedanken auch zum Vereinsgelände von Eintracht Frankfurt.
Martha Wertheimer rettet Hunderte junge Menschen
Dort war die Pädagogin und Journalistin Martha Wertheimer bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten Schriftleiterin der Vereinsnachrichten. Für diese berichtete sie 1922 vom ersten Länderspiel am Riederwald und 1932 vom Endspiel um die Deutsche Meisterschaft gegen Bayern München. In der NS-Zeit organisierte die Jüdin Kindertransporte ins Ausland und bewahrte so Hunderte von jungen Menschen vor dem Tod. Sie selbst überlebte ihre Deportation nach Sobibor 1942 nicht.
Wertheimer gehört zu den Mädchen und Frauen, die vor mehr als 80 Jahren in Deutschland und in den überfallenen europäischen Ländern gegen das nationalsozialistische Terrorregime kämpften und ihr Leben riskierten. Unter dem Motto "Haltung zeigen und handeln" stellt der 19. Erinnerungstag im Deutschen Fußball diese Opfergruppe in den Vordergrund - und erinnert dabei besonders an Frauen, die im Sport organisiert waren.
Anna Pröll - Zentrale Figur einer Widerstandsgruppe
So wie die 1916 geborene Augsburgerin Anna Pröll, die zur Handballmannschaft des Turn- und Sportvereins gehörte und deren Vater Karl Nolan als Kraftakrobat bekannt war. Als die Nazis an die Macht kamen, widersetze sich Anna wie die gesamte Familie dem neuen Regime. Sie war 1931 als 15-Jährige in den kommunistischen Jugendverband eingetreten und wurde nun zur "wichtigsten Figur der Gruppe Jugendlicher, die den Widerstand in Augsburg versuchten", wie es auf der Website der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) in Augsburg heißt.
Bereits 1933 wurde die Gruppe festgenommen und Anna wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" für viereinhalb Jahre im Frauengefängnis Aichach sowie dem KZ Moringen eingesperrt. Nach ihrer Entlassung lernte sie ihren späteren Mann Josef Pröll kennen, der als Kommunist insgesamt acht Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert war. Bis ins hohe Alter trat Anna Pröll als eine der letzten Überlebenden des Augsburger Widerstandes für Antifaschismus und Demokratie ein, 2006 ist sie gestorben.
Margit Zinke unterstützt Untergetauchte
Quelle: Archiv KZ-Gedenkstätte Neuengamme, F 1999-1171
Eine weitere Sportlerin im Widerstand war Margit Zinke, Hockeyspielerin beim Hamburger SV. Die bei Adoptiveltern aufgewachsenen Margit fiel schon als Jugendliche durch ihre rebellische Art auf. Während der NS-Zeit entwickelte sie sich zur entschiedenen Gegnerin der NS-Herrschaft. "Es ist gesichert, dass sie, mit zwei, später mit drei Kindern bepackt, bei Fliegeralarm im Bunker der Falkenried-Terrassen offen auf Hitler und die Nationalsozialisten schimpfte", heißt es auf stolpersteine-hamburg.de. "Einmal soll sie sogar eine Hakenkreuzfahne, die im Hof aufgehängt war, heruntergenommen haben."
Mit ihrem zweiten Mann, dem Elektriker und Kommunisten Paul Zinke, wurde sie Mitglied einer antifaschistischen Widerstandszelle, die u.a. Zwangsarbeiter unterstützte und Dokumente für Untergetauchte fälschte. Nachdem ihr Mann zum Militär eingezogen wurde, führte Margit die Arbeit fort und gewährte flüchtigen Widerstandskämpfern Unterschlupf. Paul Zinke wurde im November 1944, seine Frau im Februar 1945 verhaftet. Beide wurde zunächst im Gefängnis Fuhlsbüttel inhaftiert und in den Nächten zwischen dem 21. und dem 24. April im KZ Neuengamme ermordet.
Drei Schicksale von ungezählt vielen, mit denen der Erinnerungstag des Deutschen Fußballs auch auf die Frauen in allen Teilen der Welt aufmerksam machen möchte, die sich heute "gegen autoritäre Regime (stellen) und für Menschenrechte, körperliche Selbstbestimmung und ein gewaltfreies Leben" kämpfen.