Fußball-WM in Katar: Eröffnung mit vielen Schönheitsfehlern

    So war die Stimmung im Stadion:WM-Eröffnung mit vielen Schönheitsfehlern

    von Frank Hellmann, Al-Chaur
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    Katars Nationalmannschaft ist beim Eröffnungsspiel gegen Ecuador sportlich überfordert. Aber auch an anderen Stellen hakt es bei der angeblich besten WM aller Zeiten.

    Vermutlich nur selten kommen auch in Katar so viele Kamele und so viele Menschen in Scheich-Gewändern zusammen. Vor dem einem riesigen Wüstenzelt nachempfundenen Al-Bayt Stadium bediente der WM-Gastgeber wirklich eine Reihe von Klischees, um das Eröffnungsspiel zwischen Katar und Ecuador (0:2) zu einem Erlebnis zu machen.

    Gastgeber gegen Ecuador chancenlos

    Wirklich gelungen ist das allerdings nicht. Und sportlich endete der Auftakt der Fußball-WM für den Ausrichter fast schon im Desaster. Die Niederlage verschwieg noch, wie chancenlos die katarische Auswahl trotz ihren jahrelangen Vorarbeiten und Vorbereitungen war.

    Das war nicht das, was wir uns erhofft haben.

    Katar-Trainer Felix Sanchez

    Stadien, Hotels und Einkaufszentren lassen sich mit Hilfe ausgebeuteter Arbeiter auf Weltklasselevel aus dem Wüstensand stampfen, aber ein funktionsfähiges Fußballteam auf Weltklasseniveau wird eben nicht so einfach erbaut. "Wir haben unser Level nicht erreicht. Ob wir Topgegner in Testspielen oder bei einer Weltmeisterschaft haben, ist dann doch ein Unterschied", räumte Nationaltrainer Felix Sanchez enttäuscht ein.

    Der Support hinter dem Tor wirkte künstlich

    Der schon lange in Katar tätige Entwicklungshelfer aus Barcelona kratzte sich verlegen an der Glatze. Das Weiterkommen in der Gruppe mit Niederlande und Senegal ist damit nur noch eine Fata Morgana.
    Viele Kataris in ihren Scheich-Gewändern verließen weit vor Abpfiff ihre Plätze in dem offiziell mit 67.372 Zuschauern gefüllten Schmucktempel. Erstmals hatte ein Ausrichter in der WM-Geschichte ein Eröffnungsspiel vergeigt.
    Da half es auch nicht, dass eine Fangruppe in Katar-Trikots hinter dem Tor fortwährend Support leistete. Sie warfen immer wieder Hände nach oben, stimmten reichlich Gesänge an und auch Trommelwirbel ertönte. Doch wer war diese Gruppe, die unkoordiniert wirkte? Dabei dürfte es sich um die eingeladenen und sogar mit Taschengeld gelockten Anhänger aus fremden Ländern gehandelt haben.

    Nur wenige Frauen sichtbar bei Eröffnungsfeier

    Die Eröffnungszeremonie wirkte zu klischeebeladen. In einer Wüstenkulisse kamen US-Schauspieler Morgan Freeman und der mit einer Fehlbildung geborene WM-Botschafter Ghanim Al Muftah zusammen, die sich symbolträchtig die Hand reichten. Auch Emir Tamim bin Hamad Al Thani betonte in seiner auf Arabisch gehaltenen Ansprache, wie willkommen alle Nationen, Religionen und Orientierungen seien.
    Doch wenn der Herrscher die Gleichheit betont, warum befanden sich so wenige Frauen im Scheinwerferlicht? Mit dem Südkoreaner Jung Kook und dem Katari Fahad Al-Kubaisi traten nur zwei Männer als singende Künstler auf. Das passte schon wieder nicht.

    Fanlieder für alle 32 WM-Teilnehmer

    Zwischendrin flog auch Maskottchen La’eeb unter den Zeltdächern eines Stadions, das an die früheren Nomaden erinnerte, die einst diesen Fleckchen Erde bevölkerten. Bei der Präsentation der Trikots erklangen zwischendrin die Fanlieder aller 32 Teilnehmer. Für Deutschland schepperte eine kurzes "Super-Deutschland" über die Lautsprecher - auch wenn hierzulande dieses Turnier nur die wenigsten wirklich super finden.
    Nicht optimal war für etliche Besucher der recht schwierige Transport in die 40 Kilometer von Doha entfernt gelegene Küstenstadt. Viele Kataris standen mit ihren teuren Autos lange im Stau, einige Fahrer der Shuttlebusse drehten mehrere Ehrenrunden ums Gelände, weil sie Google-Maps folgten anstatt die Hinweisschilder zu beachten.

    Einige TV-Reporter zu spät auf den Plätzen

    So kamen selbst Fernsehreporter teils deutlich zu spät auf ihre Plätze. Da müssen die Organisatoren noch nachbessern, denn auch beim Catering und Internet gab es Probleme.
    FIFA-Präsident Gianni Infantino hatte am Tag zuvor die beste WM aller Zeiten versprochen. Will diese Vorgabe erfüllt werden, muss dringend noch nachjustiert werden. Vielleicht sollte die Messlatte erstmal niedriger gelegt werden. Sportlich liegt sie das seit Sonntag schon.

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