Das Leben der Galopp-Rennpferde - oft zu kurz

    Ende manchmal im Schlachthof:Das Leben der Rennpferde - oft zu kurz

    von Christiane Mitatselis
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    Selbst wenn in Deutschland, anders als in England, kaum noch riskante Hindernisrennen veranstaltet werden: Auch hierzulande leben Galopp-Rennpferde gefährlich - sogar im Ruhestand.

    Beim Grand National überspringt Sean Flanagan mit seinem Galopper Vanillier ein Hindernis am 15. April
    Schnell und gefährlich für die Tiere: Das traditionelle Grand National in England.
    Quelle: Mike Egerton/PA via AP

    Die jüngsten Ereignisse beim Grand National im englischen Aintree, dem berühmtesten Jagdrennen der Welt, haben wieder einmal für Entsetzen unter Pferdefreunden gesorgt. Drei Galopper kamen dort Mitte April während des Meetings zu Tode.

    Tote Pferde schlecht fürs Geschäft

    Seit dem Jahr 2000 sollen in den Hindernis-Wettbewerben 62 Tiere gestorben sein. Die Angaben stammen von Tierschutzorganisationen, die Veranstalter führen dazu keine Statistiken. Tote Pferde sind nun einmal schlecht fürs Geschäft.
    In Deutschland gibt es zwar kaum noch Hindernisrennen, aber auch auf den flachen Distanzen passieren tödliche Unfälle. Offizielle Zahlen des Verbandes "Deutscher Galopp" sucht man vergeblich, auch hier liefern nur Tierschützer Daten: So hat die Organisation Peta zwischen 2015 und 2020 50 Todesfälle auf deutschen Rennbahnen dokumentiert. Vermutet wird zudem eine hohe Dunkelziffer an Trainingsunfällen mit Todesfolgen.

    Rennpferde zu früh auf der Bahn?

    Klar ist: Rennpferde leben gefährlich, aber werden Sie tatsächlich auch verheizt, wie Kritiker regelmäßig anführen und unter anderem darauf verweisen, dass die Tiere zu früh in den Sport kämen? Mit zwei Jahren laufen viele der englischen Vollblüter schon Rennen, mit vier bis sechs Jahren ist die Sportkarriere meist vorbei.
    Dressurpferde bestreiten dagegen erst mit etwa sechs Jahren erste Prüfungen. Galoppfreunde sehen darin kein Problem und verweisen darauf, dass Vollblüter früher reif als Warmblüter und speziell für den Rennsport gezüchtet seien.
    Der Kölner Trainer Peter Schiergen sagt: "Es ist Aufgabe des Trainers, zu sehen, wie weit die Pferde sind und wie man sie belasten kann." Nicht jedes Tier entwickle sich gleich schnell:

    Bei mir wird kein Pferd kaputt geritten.

    Peter Schiergen

    Gutes Leben im Stall

    Wer einmal einen Stall wie den Schiergens besucht hat, bei dem unter anderem der letztjährige Derbysieger Sammarco stationiert ist, der sieht tatsächlich ein großes Bemühen, den Tieren das Leben in den Grenzen des Rennsports so angenehm wie möglich zu gestalten. Schließlich zahlt ein Besitzer pro Monat und Tier etwa 2.000 Euro an den Stall.
    Zwar werden die Tiere in Einzelboxen gehalten, sie haben aber Tageslicht. Zudem wird ihnen ab und an kurzer Auslauf auf einer Koppel gestattet. Neben dem Training auf der Bahn bekommen die Tiere Behandlungen vom Chiropraktiker oder Akupunkteur und speziell abgestimmtes Futter.
    Beim Grand National Hindernisrennen 2023 werden Protestierende auf der Rennbahn festgesetzt.
    Beim Grand National Hindernisrennen 2023 wurden Protestierende auf der Rennbahn festgesetzt.
    Quelle: Mike Egerton/PA via AP

    Wenn sie dann keine Rennen mehr laufen, werden die Besten in die Vollblut-Zucht verkauft. Allerdings sind dafür nur wenige geeignet, und es verlassen jedes Jahr etwa 1.000 Pferde die Rennställe.

    Vermittlung der Rennpferd-Rentner

    Was geschieht mit dem Rest? Auch hier gibt es keine Transparenz, die offiziellen Verbandsstatistiken der Pferde enden mit dem Austritt aus dem Rennsport oder gegebenenfalls dem Eintritt in die Zucht.
    Bekannt ist: Manche Galopper werden erfolgreich umgeschult, etwa als Vielseitigkeitspferde, die meisten aber wohl als Reitpferde vermittelt. Wenn sie Glück haben, geraten sie an einen reiterfahrenen Besitzer, der Zeit und Geduld für ein Pferd hat, das wenig kennt und sich an das neue Leben erst gewöhnen muss.
    Auf der Internetseite rennpferde-rente.de, einer privaten Initiative, findet man dazu fast 300, teilweise sehr rührende Berichte.

    Manche Pferde enden im Schlachthof

    Es gibt allerdings auch Tiere, die Pech haben, zunächst von einem überforderten Besitzer an den nächsten verkauft werden - und schließlich auf dem Schlachthof enden.
    In England war vor zwei Jahren in einer BBC-Reportage die Rede von 4.000 Rennpferden, die zwischen 2019 und 2021 in Großbritannien und Irland geschlachtet worden seien.
    Da es in Deutschland deutlich weniger Galopper gibt als auf den britischen Inseln, dürften die Zahlen hierzulande entsprechend niedriger sein. Offizielle Daten? Auch hier Fehlanzeige.
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