Para-Sportler: Weitsprung-Ass Rehm glänzt auch im Schnee

    Para-Spitzensportler:Weitsprung-Ass Rehm glänzt auch im Schnee

    von Susanne Rohlfing
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    Er hat alles gewonnen im paralympischen Weitsprung. Aber genug hat Markus Rehm noch lange nicht. Er liebt es, Grenzen auszutesten - jetzt auch auf dem Snowboard.

    Markus Rehm
    Markus Rehm gewinnt zwei Rennen beim Para-Snowboard in Kanada
    Quelle: Para-Snowboard Germany

    Das Okay seiner Trainerin musste her und ein neuer Fuß. Und schon fand sich Markus Rehm, seit 2011 unangefochtener Dominator im paralympischen Weitsprung, als Teil des Teams der deutschen Para-Snowboarder in Kanada wieder. In Big White gewann er zu Wochenbeginn zwei Snowboard-Rennen im North American Cup, der Vorstufe zum Weltcup. Bahnt sich da ein Sportarten-Wechsel an?

    Rehm: Weitsprung bleibt Nummer 1

    "Nein", stellt der 34-Jährige direkt mal klar: "Ich will der beste Weitspringer sein, das ist nach wie vor mein Ziel." Damit meint Rehm nicht "bester paralympischer Weitspringer".
    Er guckt längst über den Tellerrand zu den olympischen Leichtathleten. Wenn sie ihn ließen, würde er sich im direkten Duell mit ihnen messen, bei Weltmeisterschaften, bei Olympischen Spielen. Doch der Leichtathletik-Weltverband World Athletics wertet seine Beinprothese als unlauteres Hilfsmittel.

    Rehm fliegt am weitesten

    Rehm war 14 Jahre alt, als er nach einem Wakeboard-Unfall seinen rechten Unterschenkel verlor. Beim Weitsprung trägt er eine federnde Karbon-Prothese, die ihn einerseits überhaupt erst in die Lage versetzt, zu rennen und zu springen. Die andererseits aber auch die hitzig diskutierte Frage provoziert, ob sie ihm einen Vorteil bringt gegenüber Springern mit zwei gesunden Beinen. Die Wissenschaft kann diese Frage nicht klar beantworten.
    Und so bleibt Rehm nur, den Vergleich mit den besten olympischen Weitspringern via Bestenlisten zu ziehen. Da hatte er in den vergangenen zwei Jahren die Nase vorn: 2021 war Tokio-Olympiasieger Miltiadis Tentoglou mit 8,60 Metern der beste olympische Weitspringer des Jahres. Rehm überbot ihn mit seinem Weltrekord-Sprung auf 8,62 Meter. In diesem Jahr schaffte der Grieche 8,52 Meter. Rehm flog auf 8,66 Meter.

    Weite nicht anerkannt

    Wegen formaler Nickeligkeiten wird diese Weite nicht als paralympischer Weltrekord geführt. Der Wettbewerb, die Golden Roof Challenge in Innsbruck, war nicht angemeldet beim paralympischen Verband. Rehm findet das "unfassbar" - blickt aber vor allem nach vorn: "Ich will diese Weite nächstes Jahr noch mal springen."
    Und das Snowboardfahren soll ihm dabei helfen. "Es tut mir gut, auch mal etwas anderes zu machen. Ich kann von anderen Sportarten viel mitnehmen." Neue Impulse, ein neues Körpergefühl, neue Lust am Training - und in seinem Fall auch Medaillen.

    Ein Voll-Profi als "totaler Amateur"

    Im Weltcup fahren die aber nochmal deutlich krasser. Ich bin hier ein totaler Amateur, ich stelle ständig doofe Fragen.

    Markus Rehm

    Aber die neuen Kollegen sind sehr hilfsbereit. Sie haben den Hobby-Snowboarder und -Wakeboarder nicht nur mit einem renntauglichen Brett ausgestattet, sondern eben auch mit einem neuen Fuß. "Der passt sich im Sprunggelenk besser an", sagt Rehm.
    Wo es hingehen soll für ihn im Schnee, weiß Rehm noch nicht so genau. Mit seinem Namen ein bisschen Werbung machen für das Para-Snowboarden, so die ursprüngliche Idee. Vielleicht aus dem Wintersport ein paar neue Impulse mitnehmen für den Weitsprung, es stehen ja einige Highlights an: Die Para-WM in Paris im nächsten Jahr, die verschobene Para-WM Anfang 2024 in Japan und die Paralympics 2024 in Paris.

    Paralympics als Weitspringer und Snowboarder?

    Über Grenzen hinweg zu denken, ist Rehms Antrieb. Limits zu testen, ist seine Leidenschaft. Diese ersten Erfolge auf dem Snowboard öffnen ihm eine Tür in die Welt des Wintersports. Es gibt ja diese Beispiele: Sprinterin Alexandra Burghardt etwa war im Sommer als Leichtathletin am Start und gewann mit der Staffel EM-Gold in München. Im Winter war sie als Bob-Anschieberin bei Olympia dabei und holte mit Pilotin Mariama Jamanka Silber.
    Rehm also bei den Paralympics 2024 in Paris als Weitspringer und 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo als Snowboarder? Sein Fokus liege auf dem Sommer, betont Rehm sehr nachdrücklich, der Weitsprung sei sein Job. Aber ausschließen will er es auch nicht:

    Wenn ich denken würde, dass etwas nicht möglich ist, wäre das ein Grund, mit dem Sport aufzuhören.

    Markus Rehm

    Nachrichten | Sport
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