Schottland - England: Die Mutter aller Länderspiele

    Die Mutter aller Länderspiele:30. November: 150 Jahre Schottland - England

    von Andreas Weise
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    Schottland - England, 30. November 1872: Es war das erste Länderspiel der Fußball-Geschichte und der Grundstein für alle anderen Länderspiele, für Welt- und Europameisterschaften.

    Zeichnungen vom ersten Fußball-Länderspiel zwischen England und Schottland 1872
    Am 30. November jährt sich zum 150. Mal das erste Fußball-Länderspiel. Es fand in Glasgow statt, auf einem Cricket-Platz. Schottland gegen England. Die "Mutter aller Länderspiele".30.11.2022 | 16:42 min
    Ein Kricketplatz im Westen Glasgows: Auf den ersten Blick ein recht großes Spielfeld mit einem etwas heruntergekommenen Klubhaus und einem Gartencenter daneben. Ein wenig verwittert die Inschrift über dem Eingang: "West of Scotland Cricket Club".

    "Heiliger" Fußballrasen auf dem Kricketplatz

    Doch auch wenn das hier ein Kricketplatz ist - man betritt quasi heiligen Fußballrasen. Hier trafen sich am 30. November 1872 Schottland und England zum ersten Länderspiel der Fußball-Geschichte.
    Die schottische Mannschaft stellte komplett der Queen's Park FC aus Glasgow, damals der führende Verein nördlich des Tweed. Einen schottischen Verband gab es noch nicht - und so liefen die Schotten in den damaligen Vereinsfarben des QPFC auf: dunkelblaues Trikot, weiße Hosen, rote Stutzen. Bis heute spielen die "Bravehearts" in diesem Outfit. England schickte eine Auswahlmannschaft.

    Das Spiel

    4.000 Zuschauer drängelten sich auf dem Platz, um das Match zu sehen. Eintritt ein Schilling.
    Eintrittskarte vom ersten Fussball-Länderspiel zwischen England und Schottland 1872
    Eine Eintrittskarte vom ersten Fußball-Länderspiel.
    Quelle: Imago

    Beide Teams hatten damals sehr unterschiedliche Spielweisen, wie Andy Kerr vom schottischen Fußballmuseum erzählt: "England spielte einen seltsamen Stil. Einer hatte den Ball und lief mit dem, bis er angegriffen wurde. Und seine Mitspieler versuchten ihn quasi gegen die anderen abzuschirmen."

    Tiki-Taka, die Schotten haben's erfunden

    Und die Schotten? Kerr erzählt: "Einer passte zum anderen und so weiter. Und das wurde von Queen's Park hier in Glasgow erfunden. All die großen Passmannschaften wie die Niederländer in den Siebzigern, Pep Guardiolas FC Barcelona und selbst das spanische Tiki-Taka - sie alle schulden Queen’s Park etwas."
    Aber das schottische Tiki-Taka half nichts - 0:0 hieß es am Ende.

    Kricket-Mann als Schiedsrichter

    Einen echten Schiedsrichter gab es noch nicht, lediglich einen Kricket-Offiziellen. Und so kam es vielleicht auch deshalb schon damals zu hitzigen Debatten um strittige Spielszenen, wie Kerr erzählt: "Am Ende war Schottland der Meinung, ein Tor geschossen zu haben. Der Kricket-Offizielle war der Meinung, dass der Ball zu hoch war. Die Querlatte gab es noch nicht. Damals war da nur ein Band gespannt. Und für den Kricket-Schiedsrichter war der Ball nicht niedrig genug - also kein Tor und das Spiel endete 0:0."
    Vielleicht war das der Grund, warum der Queen's Park FC aus Glasgow später mal die Querlatte einführte. Der Seitenwechsel zur Halbzeit ist übrigens auch eine Erfindung des schottischen Traditionsklubs.

    Die Rivalität zwischen Schottland und England

    Schottland und England - das wurde in den kommenden Jahrzehnten immer mehr zum Massen-Event. 1937 gab es mit knapp 150.000 Zuschauern im Glasgower Hampden Park sogar einen bis heute gültigen Europarekord.
    Viele Schotten spielten und spielen in der englischen Liga. Und so war diese Begegnung immer besonders wichtig, wie Peter Shilton, Englands Rekordnationalspieler, berichtet: "Da fast alle Spieler hier in der Liga spielten, war die Rivalität besonders groß. Denn wenn du als Engländer dieses Match verloren hattest, bekamst du das von deinen schottischen Mitspielern im Verein für den Rest des Jahres permanent unter die Nase gerieben. Ein England-Schottland-Spiel wolltest du auf keinen Fall verlieren."

    Hauptsache England schlagen

    Dass zumindest die Schotten heute nicht mehr zu den führenden Fußballnationen zählen, daran hat man sich in Glasgow und Edinburgh abgefunden. Aber wichtig ist bis heute für Schottland: England schlagen.

    Englische Sprachfassung der Doku

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