Amnesty International: "Es braucht Druck auf die FIFA"

    Markus N. Beeko im Sportstudio:Amnesty: "Es braucht Druck auf die FIFA"

    von Laura Marie Mertes
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    Der Generalsekretär von Amnesty International fordert, Katars Arbeiter zu entschädigen. Der Auftritt von FIFA-Chef Infantino zeige, dass es beim Thema Menschenrechte Druck brauche.

    Ein Leben in Baracken, nicht der versprochene Mindestlohn für die zehn bis zwölf Stunden Arbeit am Tag, eingezogene Pässe - das ist noch immer die Realität vieler Arbeiter in Katar seit der WM-Vergabe 2010, wie ZDF-Reporter Markus Harm von vor Ort berichtet.
    Einige europäische Verbände, darunter der DFB, fordern nun etwa einen "Kompensationsfonds" für die Hinterbliebenen von verstorbenen Arbeitern sowie eine Anlaufstelle für Gastarbeiter.
    Doch Katar und auch die FIFA, allen voran FIFA-Präsident Gianni Infantino, der die WM-Kritik am Samstag während einer Pressekonferenz als "reine Heuchelei" bezeichnete, reagieren verhalten. "Erst einmal die WM spielen, dann sehe man weiter" - so etwa sei die Haltung zu beschreiben, erklärt Markus Harm. Ob da nach der WM noch etwas passiere, sehe er skeptisch.

    Amnesty-Generalsekretär: Fifa kann Verantwortung "alleine nicht gerecht werden"

    Dass die FIFA bislang öffentlich zu dem geforderten Fonds schweigt, kritisiert Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, im aktuellen sportstudio scharf. Katar sei eines der reichsten Länder und "eng mit der Ausbeutung von Menschen verknüpft, die diese WM erst möglich machen", so Beeko. "Hunderttausende" seien Opfer dieser Ausbeutung geworden.
    Die FIFA als Ausrichter der WM sei in der Verantwortung, diese Menschen oder deren Angehörige zu entschädigen. "Das ist das, was Gianni Infantino heute hätte verkünden müssen", so Beeko.
    Die FIFA hat Beeko zufolge in Gesprächen zumindest anklingen lassen, dass sie diese Verantwortung übernehmen wolle. Aber: Das Beispiel Gianni Infantino zeige auch, dass es weiterhin Druck brauche - sowohl auf Infantino als auch auf die FIFA. Gleichzeitig müsse man sich die Frage stellen:

    Kann der internationale Sport seine Verantwortung für Menschenrechte in diesen Händen lassen?

    Markus N. Beeko, Amnesty International

    Es brauche auch nationale Verbände sowie Sponsoren. "Es ist offensichtlich, dass die FIFA alleine ihrer Verantwortung nicht gerecht werden kann", bekräftigt Beeko.

    Menschen wegen sexueller Identität "diskriminiert und kriminalisiert"

    Ein weiterer Punkt auf der "Mängelliste" Katar: der Umgang mit Homosexualität. Laut Beeko ist es wichtig zu trennen: Es sei das eine, was einzelne Menschen glauben und denken. "Das andere ist: Bietet ein Staat mit seinen Gesetzen ausreichend Schutz vor Diskriminierung und Verfolgung?"

    Die Realität in Katar ist, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität und ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden, dass sie kriminalisiert werden. Und das ist ein Verstoß gegen universale Menschenrechte.

    Markus N. Beeko, Amnesty International

    Es sei die Verantwortung eines Staates, "dafür zu sorgen, dass das nicht passiert", fordert der Generalsekretär von Amnesty International Deutschland. "Und das ist in Katar nicht der Fall."

    WM in Katar als Chance für die Zukunft?

    Insgesamt müsse man in der Debatte um Katar anerkennen, dass es Reformen im Land gegeben habe, so Beeko.

    Gleichzeitig müssen die Kataris anerkennen, dass viele dieser Reformen nur auf dem Papier stehen. Und dass sie da weiterhin in der Pflicht sind, dass es zu einer Umsetzung kommt.

    Markus N. Beeko, Amnesty International

    Das "Vermächtnis" dieser WM könne folgerichtig nur sein, zu lernen. Und dass es künftig Vergaberichtlinien brauche, die auch die Menschenrechtssituation berücksichtigen sowie "klare Vorkehrungen", die Menschenrechte zu schützen. Laut Beeko ist es eine "Chance, dass die Diskussion dazu beitragen kann".
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