Chefwechsel bei Bayer: Chance auf einen Neuanfang?

    Chefwechsel beim Chemiekonzern:Chance auf einen Neuanfang bei Bayer?

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    Der Chemiekonzern Bayer hatte viel Ärger wegen der Monsanto-Übernahme. Jetzt tritt der verantwortliche Konzernchef ab. Mit Spannung wird der Kurs des Nachfolgers erwartet.

    Logo und Flaggen der Bayer AG in Wuppertal
    Zuletzt machte Bayers Aktienkurs den Aktionären wenig Freude.
    Quelle: Reuters

    Es wird die letzte Bilanzvorlage für Bayer-Chef Werner Baumann. Doch selbst wenn die Zahlen ordentlich ausfallen sollten: Die Aktionäre dürften weniger auf die Bilanz schauen als darauf, wie es mit dem Leverkusener Konzern unter seinem designierten Nachfolger weitergeht.

    Börse begrüßt Wechsel

    Als Bayer vor wenigen Wochen bekanntgab, dass der 60 Jahre alte Baumann vorzeitig geht, da waren die Reaktionen an der Börse eindeutig: Der Aktienkurs schoss um sechs Prozent in die Höhe. Die Börsianer setzen Hoffnung in den "Neuen" - Bill Anderson, zuletzt Pharmachef beim Schweizer Roche-Konzern.
    Die Berufung des Amerikaners, der im Juni den Chefposten übernimmt, könnte ein Signal sein, dass der Konzern künftig das Pharmageschäft in den USA wieder stärker in den Blick nimmt. Denn der Fokus auf die Agrarchemie hat der Leverkusener Konzern teuer bezahlt.

    Klagen nach Monsanto-Übernahme

    Der scheidende Vorstandschef Baumann steht für die 63 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Agrochemiekonzerns Monsanto in den USA im Jahr 2018. Mit dem Saatguthersteller handelte Bayer sich gleichzeitig eine Klagewelle ein wegen des Unkrautvernichtungsmittels Roundup - das darin enthaltene Glyphosat sei krebserregend.
    Fotomontage: Fallende Aktienkurve. Und das Bayer-Kreuz.
    Der Jahrhundert-Deal: 2016 kauft Bayer-Konzern den US-Saatguthersteller Monsanto und damit den Unkrautvernichter Glyphosat. 60 Milliarden zahlte Bayer. Eine teure Fehlentscheidung?22.12.2022 | 44:06 min
    Vergleiche mit den Klägern kosteten Bayer seither mehr als zehn Milliarden Euro, ein Ende der Rechtsstreitigkeiten ist immer noch nicht absehbar. Deshalb wurde dem Bayer-Chef 2019 bei der Hauptversammlung sogar die Entlastung verwehrt. Das sei damals eigentlich schon die "gelb-rote Karte" für Baumann gewesen, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

    "Chance für Neuanfang"

    Die andauernden Rechtsstreitigkeiten belasteten auch den Aktienkurs schwer - vor der Ankündigung des Chefwechsels war Bayer an der Börse noch 56 Milliarden Euro wert, also umgerechnet gut 60 Milliarden Dollar und damit weniger, als es für die Monsanto-Übernahme gezahlt hatte.

    Das ist die Chance für einen Neuanfang bei Bayer.

    Marc Tüngler, Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz

    Dass nun nach Baumanns Vorgänger Marijn Deckers wieder ein Pharmafachmann an die Spitze des Konzerns trete, sei ein gutes Zeichen. Deckers musste damals gehen, weil er nicht mit der Übernahme Monsantos einverstanden war. Er war zudem der erste Bayer-Chef, der von außerhalb kam und der nicht zuvor Finanzvorstand gewesen war.

    US-Markt im Fokus

    Mit Anderson also dürfte nun der Fokus auch darauf gerichtet sein, Bayer in den USA, dem größten Arzneimittelmarkt der Welt, wieder besser zu platzieren. Doch bisher erzielt Bayer in der gesamten Region Nordamerika nur ein Viertel des Konzernumsatzes, bis zum Ende des Jahrzehnts soll der sich aber verdoppeln, hatte Sebastian Guth, der das Pharmageschäft in den USA verantwortet, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt.
    Nun wird es spannend zu sehen, wie Anderson mit der Forderung einiger Aktionäre nach einer Neuaufstellung des Konzerns umgeht. Vor allem aktivistische Investoren wie Bluebell aus Hongkong oder Inclusive Capital, die zum Jahresbeginn bei Bayer eingestiegen waren, fordern strukturelle Veränderungen.

    Diskussionen um Aufspaltung

    Bluebell will gar eine Aufspaltung des Mischkonzerns in seine Sparten Pharma und Agrochemie. Denn die Einzelteile könnten an der Börse deutlich höher bewertet werden - das dürfte auch für die dritte Sparte der rezeptfreien Arzneimittel gelten.
    Würde die eigentlich hochprofitable Agrochemie abgespalten, zu der die ehemalige Monsanto gehört, könnte sie an der Börse mit bis zu 70 Milliarden Euro bewertet werden, rechnen Investoren vor. Sie wäre jedoch schwer belastet durch die noch ungeklärten Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten.
    Zudem seien Hedge Fonds kurzfristig orientiert, warnt Tüngler. Sollte der Konzern aufgespalten werden und der Aktienkurs steigen, dürften sie sich schnell wieder von Bayer verabschieden. Auch die Mitarbeiter sind gegen eine Aufspaltung. Der Konzern sei mit seinen drei Sparten genau richtig aufgestellt, heißt es bei der Chemiegewerkschaft IGBCE.

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