Inflation im Juni: Leichter Anstieg, Tendenz fallend

    Juni-Zahlen wegen Sondereffekten:Inflation: Leichter Anstieg, Tendenz fallend

    Stephanie Barrett über mögliche Konsequenzen der neuen Geldpolitik.
    von Stephanie Barrett
    |

    Hohe Alltagspreise belasten weiter die Verbraucher, im Juni stieg die Inflationsrate leicht. Zwar wurden zuletzt einige Lebensmittel billiger, doch die Teuerung bleibt noch hoch.

    Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarf liegen auf einem Küchentisch in einem Privathaus
    Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarf (Archivfoto)
    Quelle: dpa

    Erste Hoffnungsschimmer - trotz gestiegener Inflationsrate: Der Einkauf ist bei einigen Lebensmitteln wieder günstiger geworden. Dennoch bleibt das Niveau unserer Ausgaben für Waren des alltäglichen Bedarfs auch weiterhin hoch.
    Im Juni sind die Verbraucherpreise nach Daten des Statistischen Bundesamtes gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,4 Prozent gestiegen. Seit Februar war die Inflation noch stetig zurückgegangen: Von 8,7 Prozent im Januar und Februar sank sie auf zuletzt 6,1 Prozent im Mai.
    Verbraucher merken aber anscheinend davon nur wenig. Real fühlt sich der Einkauf im Supermarkt noch immer deutlich teurer an, zuletzt sorgte sogar eine gefühlte Verbraucherinflation von saftigen 18 Prozent für Schlagzeilen.
    Inflation in Deutschland (inkl. Nahrung und Energie)
    ZDFheute Infografik
    Ein Klick für den Datenschutz
    Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.

    Viele Milchprodukte um bis zu 15 Prozent günstiger

    Doch laut Statistischem Bundesamt gibt es jetzt Grund zur Hoffnung: Obwohl die Lebensmittelpreise im Juni um 13,7 Prozent im Schnitt gestiegen sind, verbilligten sich einzelne Lebensmittel auch wieder deutlich: Bei Milch, Joghurt, Sahne, Käse und anderen Produkten hat es Preisabschläge von bis zu 15 Prozent gegeben.
    Mit einem Minus von 23 Prozent ist Butter dabei das größte Schnäppchen. Kopf- und Eisbergsalat sind aktuell 13 Prozent günstiger, Gurken 8,9 Prozent, Weintrauben 5,4 Prozent und Äpfel 4,2 Prozent billiger als letztes Jahr. Hier machen sich gesunkene Energie- und Transportkosten bemerkbar.
    Verbraucher profitieren in jüngster Zeit aber auch von einem weiteren Phänomen: Seitdem sie immer öfter zu den preiswerteren Eigenmarken greifen, senken auch Markenhersteller auf breiter Front ihre Preise, um im Geschäft zu bleiben. Bei Rabattaktionen kosten Markenprodukte dann schon mal rund 40 Prozent weniger als normal.

    Fehlende Sondereffekte: im Juni leichter Preisanstieg

    Dennoch ist die Inflation in diesem Juni erstmals seit Februar wieder leicht gestiegen. Vor einem Jahr ließen die Einführung des befristeten 9-Euro-Tickets sowie der Tankrabatt die Inflationsrate sinken. Diese sogenannten Sondereffekte fallen dieses Jahr jedoch weg.
    Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB).
    Angesichts der weiter hohen Inflation im Euroraum hebt die EZB den Leitzins auf 4,0 Prozent an.15.06.2023 | 0:19 min
    Kaffee ist zwar nicht billiger geworden, aber eben "nur" 0,4 Prozent teurer als im Vorjahr, ebenso das Schnitzel (+0,2 Prozent), das fast genauso viel kostet wie letztes Jahr, wie auch die Preise für Hackfleisch nur moderat gestiegen sind (+0,7 Prozent).

    Inflation bei Lebensmitteln im Abwärtstrend

    Manche Lebensmittel sind dagegen deutlich teurer geworden: Möhren zum Beispiel um sagenhafte 68 Prozent, Zucker sogar um 70 Prozent, bei Zwiebeln und Knoblauch müssen Verbraucher noch tiefer in die Tasche greifen: +78 Prozent.
    Trotz dieser Preistreiber zeigt der Inflationstrend bei Lebensmitteln aber nach unten: Von der Spitze von 23 Prozent zwischen Januar und März waren wir im Mai mit 14,5 Prozent schon weit darunter.
    Die Inflation geht also deutlich zurück, doch Jörg Zeuner, Chefvolkswirt bei Union Investment, warnt vor zu hohen Erwartungen:

    Der Weg zum Notenbankziel von zwei Prozent ist noch sehr weit

    Jörg Zeuner, Chefvolkswirt Union Investment

    Abzulesen an der Kerninflation: Die zeigt sich mit fünf Prozent noch weitgehend unbeeindruckt von den Zinserhöhungen der EZB.

    Prognose: Frühestens 2025 Inflation zurück bei zwei Prozent

    Im Klartext: Bis die Inflation wieder auf dem Zwei-Prozent-Pfad ist, dürfte es wohl 2025 werden. Bis dahin wird uns die Inflation also weiterhin die Preise verderben und vor allem am Ersparten zehren: nicht nur, weil Ersparnisse an Wert verlieren, sondern, weil viele Haushalte gezwungen sind, ihr Erspartes anzugreifen.
    Eine Person hält einen leeren Gitterkorb. Im Hintergrund verschwommen das Innere eines Supermarktes.
    Menschen, die bisher einigermaßen über die Runden kamen, müssen jetzt jeden Euro umdrehen.06.11.2022 | 30:10 min
    Die Folgen der Inflation für einkommensschwache Bevölkerungsschichten erkennt auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing bei seinen Postbank-Kunden deutlich:

    Ungefähr ein Drittel der Kunden, die unter einer bestimmten Einkommensschwelle liegen - gehen jeden Monat an ihre Ersparnisse ran.

    Christian Sewing, Deutsche-Bank-Chef

    Weitere Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung

    Die Notenbanken haben diese Woche bei einem Treffen im portugiesischen Sintra angekündigt, ihren Kampf gegen die Inflation konsequent weiterzuführen - bis sie gesiegt haben.
    Heißt: Weitere Zinserhöhungen stehen an - mit den damit verbundenen Kosten wie steigende Kreditzinsen und ein schwächeres Wirtschaftswachstum.
    Und bis die Medizin der Notenbanken ihre volle Wirkung entfaltet, wird es wohl 2025 werden - wenn nichts dazwischen kommt. Verbraucher brauchen also noch Geduld für die lange Strecke.
    Stephanie Barrett ist Wirtschaftsredakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

    Mehr über Folgen der Inflation