Reallöhne: Tariflöhne steigen - Kaufkraft sinkt

    Studie:Tariflöhne steigen - Kaufkraft sinkt

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    Laut Lohnabrechnung verdienen viele Beschäftigte dank hoher Tarifabschlüsse mehr. Dennoch können sie sich unter dem Strich weniger als vorher leisten, so eine Studie.

    Trotz spürbar steigender Löhne haben die Tarifbeschäftigten in Deutschland im ersten Halbjahr erneut Kaufkraft eingebüßt - das geht aus einer Studie des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hervor.
    Demnach legten die Tariflöhne mit durchschnittlich 5,6 Prozent gut doppelt so stark zu wie 2022. Allerdings erhöhten sich die Verbraucherpreise mit rund 7,4 Prozent noch deutlicher. Daraus ergebe sich ein Rückgang der Reallöhne von 1,7 Prozent. Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs, erklärte:

    Allerdings kann im zweiten Halbjahr 2023 mit einem starken Rückgang der Inflation gerechnet werden.

    Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs

    Am Jahresende sei deshalb eine deutlich positivere Tarifbilanz absehbar sagte Schulten. Bei dieser Bilanz seien die Reallohnverluste dann stärker begrenzt.
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    Tariflöhne für 9,2 Millionen Beschäftigte

    Angesichts der sich deutlich eintrübenden Konjunkturaussichten dürfe es zu keinem weiteren Einbruch beim privaten Konsum kommen. Es sei wichtig, dass die Tariflohndynamik weiter anhält und Kaufkraftverluste möglichst vermieden werden.
    Der Studie zufolge werden in diesem Jahr für gut 9,2 Millionen Beschäftigte Tariferhöhungen wirksam, die bereits 2022 oder früher festgelegt wurden. Hierzu gehören auch große Branchen wie die Metall- und Elektroindustrie oder die Chemische Industrie. Hinzu kommen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres neue Tarifvereinbarungen für weitere 4,4 Millionen Beschäftigte, darunter die Deutsche Post AG und der Öffentliche Dienst in Bund und Gemeinden.
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    Neuabschlüsse im Durchschnitt mit 6,6 Prozent Steigerung

    Die Neuabschlüsse legten mit durchschnittlich 6,6 Prozent stärker zu als die noch 2022 vereinbarten Tarife mit 5,1 Prozent. Insgesamt gilt für etwa die Hälfte der rund 34 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ein Tarifvertrag, so die Studie.
    In den meisten Abschlüssen wurden zudem sogenannte Inflationsausgleichsprämien vereinbart - also steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen, die den Beschäftigten einen höheren Nettolohn und den Unternehmen niedrigere Arbeitskosten ermöglichen. Je nach Tarifbereich variieren sie zwischen 1.000 und 3.000 Euro.
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    Inflationsprämie oft zur Sicherung der Reallöhne

    Da die Steuer- und Abgabenersparnisse bei den Inflationsausgleichsprämien sehr unterschiedlich ausfallen, sind sie in den Berechnungen zur Tariflohnentwicklung lediglich als Bruttoeinmalzahlungen berücksichtigt. Wird der "Brutto-für-netto"-Effekt berücksichtigt, fallen die Tariflohnerhöhungen in einigen Branchen deutlich höher aus.
    Beispielsweise steigen die Tariflöhne im Öffentlichen Dienst in Bund und Gemeinden unter Berücksichtigung der Steuer- und Abgabenersparnisse um 9,8 Prozent, ohne nur um 6,8 Prozent. Die Inflationsausgleichsprämien "tragen 2023 in vielen Tarifbranchen dazu bei, die Reallöhne zu sichern", sagte Schulten. "Da es sich hierbei um Einmalzahlungen handelt, wirken sie sich mit ihrem Auslaufen in den Folgejahren jedoch stark dämpfend auf die Lohnentwicklung aus."
    Quelle: Reuters

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