"Skimpflation" im Supermarkt: Preis rauf, Qualität runter

    "Skimpflation" im Supermarkt:Kokosfett statt Sahne: Wie Hersteller sparen

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    Schokolade mit weniger Marzipan und im Eis nur Kokosfett statt Sahne - trotz schlechterer Rezeptur kosten die Produkte genauso viel. Das Phänomen heißt "Skimpflation".

    Einkaufswagen mit unterschiedlichen Lebensmitteln in Verpackungen
    Hersteller schrauben an den Rezepturen und mindern die Qualität ihrer Produkte. Der Verbraucher bekommt es oftmals gar nicht mit.
    Quelle: dpa

    Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es ein Ärgernis, wenn in Produkten an Zutaten gespart wird - und sie trotz verschlechterter Rezeptur im Supermarkt genauso viel oder sogar mehr als vorher kosten.

    Verbraucherschützer: Hersteller sparen kräftig ein

    "Skimpflation" nennt sich dieses Phänomen, das für die Kundinnen und Kunden beim Einkauf nur schwer auszumachen ist. Denn dafür müsste man das Kleingedruckte der Zutatenliste einer alten Verpackung mit dem einer neuen vergleichen - und wer schafft das schon?

    Der Begriff "Skimpflation" ist aus dem englischen Wort "skimp" für knausern oder einsparen und "Inflation" für Teuerung zusammengesetzt.

    Auch wenn sich finanzielle Effekte nicht konkret beziffern ließen, dürften sich Hersteller mit solchen Rezeptur-Änderungen teils kräftige Einsparungen sichern, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.

    Wenn beispielsweise bei einem Rahmspinat statt 88 Prozent Spinat nur noch 67 Prozent in der Packung sind und stattdessen mit Wasser aufgefüllt wird, ist das auf jeden Fall eine riesige Kostenersparnis, weil Spinat mit Abstand die teuerste Zutat ist.

    Armin Valet, Verbraucherzentrale Hamburg

    Nicht nur Geldbeutel, auch Gesundheit betroffen

    Aber nicht nur das Portemonnaie der Verbraucher ist betroffen, schlechtere Rezepturen können auch an die Gesundheit gehen.
    "Wenn zum Beispiel Sonnenblumenöl durch Palmöl ersetzt wird, enthält das Lebensmittel mehr gesättigte Fettsäuren", sagt eine Sprecherin der Verbraucherorganisation Foodwatch. Auch der Ersatz hochwertiger Zutaten durch Zucker sei gesundheitlich problematisch.
    Dr. Brigitte Bäuerlein über versteckten Zucker in Lebensmitteln
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    Die Hersteller sollten transparent über Rezeptur-Änderungen informieren - und falls sie minderwertige Zutaten verwenden, auch den Preis senken, so die Sprecherin.
    Es könne nicht sein, dass die Verbraucher, die derzeit ohnehin schon beim Einkaufen tiefer in die Tasche greifen müssten, auch noch schlechtere Qualität erhielten - "während Hersteller dabei zusätzliche Gewinne einfahren".

    Verbraucherzentrale: Kaum Handhabe gegen "Skimpflation"

    Die Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, sind allerdings begrenzt, wie Valet deutlich macht. Hersteller müssten die Zutatenlisten bei Rezepturänderungen zwar anpassen, aber nicht konkret benennen, was geändert worden sei.
    Zwar müsse in manchen Fällen noch zusätzlich die Produktbezeichnung geändert werden, und Margarine etwa heiße dann im Kleingedruckten "Streichfett", weil sie nicht mehr genügend Fett enthält. Doch damit hätten die Hersteller die Vorgaben schon erfüllt.
    Ein Mitarbeiter der Verbraucherzentrale hält zwie Verpackungen vergleichsweise nebeneiander.
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    Experte: Nur vereinzelte Verbraucher-Beschwerden

    Teils stehe dann auch "neue Rezeptur" auf den Packungen - doch was genau neu ist, sei nicht ersichtlich oder nur dann, wenn es tatsächlich zu einer Verbesserung gekommen sei, sagt Valet. Und wieder andere Hersteller scheuten sich nicht einmal, den Verbrauchern eine Verschlechterung als "bessere Rezeptur" zu verkaufen.
    Auch wenn das Problem verbreitet sei, gebe es nur vereinzelt Beschwerden und wenn, dann häufig unkonkret, sagt der Experte. Es helfe nur, dass sich die Kunden gut informieren und bei Fertigprodukten genau auf die Inhaltsstoffe schauen. Wünschenswert wäre aber eine bessere Kennzeichnung zu Rezeptur-Änderungen, fordert Valet.

    Kontrolleure sehen nur begrenzte Möglichkeiten

    Auch Lebensmittelkontrolleure sehen nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten.

    Wir können nur tätig werden, wenn Verstöße durch Irreführung und Täuschung offensichtlich vermutet werden

    Maik Maschke, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands

    Häufig erhalte man nur durch Dritte Informationen, dass "Verbraucher sich im Lebensmitteleinzelhandel am Regal aufregen über die geschrumpfte Größe der Verpackung, den gestiegenen Preis und sinkende Qualität der Produkte." Gelangten solche Beschwerden der amtlichen Lebensmittelüberwachung zur Kenntnis, werde auch diesen nachgegangen.
    Bei Untersuchungen im Labor könne es jedoch nicht um die Preise der Produkte gehen, sondern nur um eine korrekte Kennzeichnung der Inhaltsstoffe sowie um einen Abgleich der Mengenangaben auf der Packung mit dem tatsächlichen Inhalt.
    "Es ist jedoch nicht unüblich, dass Lebensmittelhersteller die Rezeptur ändern", sagt Maschke. Dies sei auch auf Störungen in Lieferketten zurückzuführen etwa wegen knapper Lebensmittel durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder die Corona-Pandemie.

    Inflationsfolge
    :Bei den Ausgaben geht es ans Eingemachte

    Über 17 Prozent der Deutschen müssen wegen der Inflation aufs Ersparte zugreifen. Das ist das Ergebnis der YouGov-Umfrage im Auftrag der Postbank. 2022 waren es noch weit weniger.
    von Sina Mainitz
    Ein Blick auf Kassenbon und Einkaufswagen nach Einkauf im Supermarkt
    Quelle: dpa

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