55. Geburtstag: Was Spaghettieis mit Patentrecht zu tun hat

    Vor 55 Jahren erfunden:Was Spaghettieis mit Patentrecht zu tun hat

    von Louisa Kissel und Laura Loch
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    Dario Fontanella servierte das erste Spaghettieis vor 55 Jahren in Mannheim. Heute ist es aus deutschen Eisdielen kaum wegzudenken. Reich wurde der Erfinder trotzdem nicht.

    Dario Fontanella bereitet ein Spaghetti-Eis zu. Archivbild
    Das Spaghettieis wird 55 Jahre alt. Erfunden hat es der damals 17-jährige Dario Fontanella in Mannheim.
    Quelle: Uwe Anspach/dpa

    Die Verschmelzung von Vanilleeis in Spaghetti-Form, auf einer Schicht Sahne angerichtet, garniert mit roter Erdbeersoße und weißen Schokoladenraspeln gehört zu den bekanntesten Eisvariationen in Deutschland. Schätzungsweise bis zu 25 Millionen Portionen Spaghettieis essen die Deutschen jährlich.
    Diese deutsche Erfindung, die mittlerweile auch den Weg ins Ausland gefunden hat, wird am Samstag 55 Jahre alt. Wie blickt sein Erfinder Dario Fontanella aus Mannheim heute darauf? Und warum ließ er sich seine Erfindung nie patentieren?

    Wie das Spaghettieis entstanden ist

    Mit gerade einmal 17 Jahren kam Fontanella in der Eisdiele seines Vaters in Mannheim die Idee zum Spaghettieis, die wohl als "genialste" seines Lebens gelten darf, erzählt Fontanella im Gespräch mit ZDFheute. Das italienische Dessert "Mont Blanc", bei dem eine Masse aus Esskastanien, Zucker und Sahne durch eine Kartoffelpresse geformt wird, diente ihm als Inspiration.

    Diese Einfachheit hat mich fasziniert und ich sagte mir, das kann ich auch. Und machte mir Gedanken, wie ich das mit dem Eis meines Vaters machen könnte.

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    Anfangs starteten die Versuche mit Pistazien-, Zitronen- und Erdbeereis, welche die Farben der italienischen Flagge darstellen sollten. Zunächst ergaben sie nur Eissoße. Mit weiteren Versuchen stellte er fest, dass der Erfolg vom Kühlen der Spätzlepresse abhängt, durch die er das Eis presst.
    Weil es damals keine bunten Nudeln gab, schlug sein Vater Vanilleeis als Grundlage vor. Den Vanille-Spaghetti folgten bald die Tomatensoße aus Erdbeeren und Parmesan-Raspeln aus weißer Schokolade. Das Spaghettieis war geboren.

    Erfinder meldete nie Patent an

    Sein Eis stieß nicht bei allen sofort auf Begeisterung, wie Fontanella erzählt. Mehrere Kinder seien zunächst verwirrt gewesen und hätten geweint, als sie das Dessert sahen, da sie annahmen, sie würden Nudeln anstelle von Eis serviert bekommen. Doch im Laufe der Zeit gewann Fontanellas Idee an Beliebtheit. Die Menschen mochten das Eis, die Nachfrage stieg.
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    Als Fontanella bemerkte, wie beliebt sein Dessert unter den Gästen war, erwog der junge Erfinder sogar, das Spaghettieis zu patentieren. Doch der Anwalt seines Vaters und auch sein Vater selbst rieten ihm davon ab: "Zu kompliziert" und "zu teuer", lauteten die Einwände. Die Aussichten auf Erfolg seien nicht besonders vielversprechend, es sei unsicher, ob die Erfindung überhaupt patentierbar wäre.

    Experte äußert Zweifel an Patentanspruch

    Auch Til Huber, Pressesprecher des Deutschen Patent- und Markenamts, bezweifelt, dass das Spaghettieis-Patent erfolgreich gewesen wäre. Für die Patentfähigkeit von Erfindungen gibt es gemäß den Angaben des Deutschen Patent- und Markenamtes drei Kriterien:
    • Neuheit: Eine Erfindung gilt nur als neu, wenn sie nicht bereits zum Stand der Technik gehört.
    • Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit: Die Neuerung muss sich "in ausreichendem Maß vom Stand der Technik abheben".
    • Gewerbliche Anwendbarkeit: Gemäß Patentgesetz § 5 gilt eine Erfindung "als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann".




    Wie das Spaghettieis hätte geschützt werden können

    Der Experte erklärt, dass man für Rezepturen, die aus üblichen oder Mischungen von bekannten Ausgangsprodukten bestünden, in der Regel keinen Patentschutz erhalte. Der Schutz des Spaghettieises "wäre also schwierig möglich gewesen". Auch die verwendete Spätzlepresse sei zur damaligen Zeit bereits erfunden und patentiert gewesen, ergänzt Huber.
    Dennoch sei eine Patentierung damals nicht unmöglich gewesen. Wäre die Vorrichtung zur Herstellung des Eises neu konzipiert oder in bestimmten technischen Eigenschaften verändert worden, hätte das Spaghettieis laut Huber durchaus Chancen auf ein Patent gehabt.
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    Neuartige oder ungewöhnliche Verfahrensschritte innerhalb der Produktion hätten die Erfolgsaussichten eines Patents ebenso steigern können. Eine weitere Möglichkeit liefere der Markenschutz.

    Allerdings gibt es praktisch jedes Lebensmittel in fast jeder Form, sodass das möglicherweise nicht ungewöhnlich genug wäre, um als Marke aufgefasst zu werden.

    Til Huber, Pressesprecher des Deutschen Patent- und Markenamts

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    In der Vergangenheit seien bereits zwei Spaghettieis-Anmeldungen aus genau diesen Gründen zurückgewiesen worden.

    Eine verpasste Chance?

    Und wie blickt Fontanella heute auf die vermeintlich verpasste Chance? Der Eisverkäufer erinnert sich, anfangs traurig darüber gewesen zu sein, seine Erfindung nicht geschützt zu haben. Reich habe ihn das Spaghettieis nicht gemacht. Vor allem aber freue es ihn, dass seine Idee eine der meist verkauften Eisspezialitäten Deutschlands geworden sei.
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    Dario Fontanella mit seinem Spaghettieis.
    Quelle: ZDF

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