Expansion in Deutschland: Decathlon drängt in Innenstädte

    Expansion in Deutschland:Decathlon drängt in die Innenstädte

    ZDF-Wirtschaftsjournalist Klaus Weber
    von Klaus Weber
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    Die deutschen Innenstädte sind ja angeblich ein hoffnungsloser Fall. Jetzt will die französische Sportartikelkette genau dort hin und jede Menge neue Filialen eröffnen. Warum?

    Das Sportgeschäft Decathlon in Dortmund
    Eine Dortmunder Filiale des Sportartikelhändlers Decathlon - die Kette will präsenter in den Innenstädten werden.
    Quelle: Imago

    Das nennt man wohl eine mehr als sportliche Ansage: Mehr als 60 neue Filialen will das französische Unternehmen Decathlon bis Ende 2027 in Deutschland eröffnen - viele davon in zentralen Fußgängerzonen.
    Arnaud Sauret, Deutschland-Chef des Konzerns, erklärte dazu:

    Aktuell haben wir 86 Filialen. In drei Jahren, also Ende 2027, sollen es mehr als 150 sein.

    Arnaud Sauret, Decathlon

    Decathlon sieht große Chance in Innenstädten

    Geplant sei, bis zu 100 Millionen Euro in die Neueröffnungen und die Modernisierung bestehender Geschäfte zu investieren. Mehrere Tausend neue Arbeitsplätze sollen entstehen.
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    Da fragt man sich, ob man in Frankreich nicht mitbekommen hat, dass die deutschen Innenstädte veröden und Kaufhäuser und Geschäfte deshalb reihenweise dicht machen. Und überhaupt - dass die Kauflaune der Deutschen nicht nur im Keller ist, sondern sich fast schon in einem tiefer gelegenen Höhlensystem zu verstecken scheint.
    Vielleicht sehen aber auch wieder mal nur wir selbst so pessimistisch auf unsere Lage. Denn Decathlon erkennt auf dem deutschen Markt eine riesige Chance, so dessen Expansionschef Stefan Kaiser.

    Wir sind leider nicht überall in Deutschland präsent - obwohl wir wissen, dass wir eine größere Rolle spielen könnten.

    Stefan Kaiser, Expansionschef Decathlon

    "Zugleich gibt es in den Innenstädten sehr viele Gebäude, die einfach leer sind. Das ist unsere Gelegenheit", ergänzt Kaiser.

    Umsatz bei Sportartikeln enorm gestiegen

    Der französische Sportartikelhändler hat verstanden, dass Deutschland ein mehr als lukrativer Markt ist. Der Branchenumsatz steigt seit Jahren stetig an. Im Jahr 2022 lag er bei deutlich über sechs Milliarden Euro.
    Von diesem großen Kuchen will Decathlon ein größeres Stück und die beiden Branchenführer Intersport und Sport 2000 angreifen. Dazu sollen auch neue Konzepte beitragen.
    Decathlon, bislang eher in großen Hallen auf der grünen Wiese zu Hause, geht ganz bewusst in die Stadtzentren, weil man näher an die Kunden rücken will. Zudem sollen die Geschäfte viel kleiner sein.

    Ladenkonzept: Weg vom Allrounder hin zum Spezialisten

    Individualisierung ist das Gebot der Stunde. Denn diese Geschäfte könnten sich auf eine Sportart spezialisieren und an die Bedürfnisse vor Ort anpassen. Zum Beispiel soll es in München eine Filiale für Bergsport geben.
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    Dabei profitieren Unternehmen wie Decathlon von einem absoluten Megatrend, meint Eva Stüber vom Kölner Institut für Handelsforschung:

    Noch nie haben sich so viele Menschen mit einem gesundheitsorientierten Lebensstil, zu dem Bewegung und Ernährung gehören, beschäftigt.

    Eva Stüber, Kölner Institut für Handelsforschung

    "Gerade Zeit in der Natur ist ein Ausgleich für das digitalisierte, hektische und schnelle Leben von vielen geworden", so Stüber weiter.

    Neue Konzepte: Boulderhalle in der Innenstadt

    Insgesamt ist die Ansiedlung von Decathlon sicher auch eine gute Nachricht für den Einzelhandel in den Innenstädten. Aber lässt sich daraus mehr ableiten? Etwas, dass den Innenstädten Hoffnung macht?
    Seit 2015 ist die Anzahl der Einzelhandelsgeschäfte nach Angaben des Handelsverbands Deutschland von 372.000 auf 306.000 gesunken. Vielleicht ist es noch kein echter Trend. Aber Eva Stüber erklärt, dass es zahlreiche "Neueröffnungen im herausfordernden Fashionumfeld" gebe.
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    Aber auch Start-Ups würden ganz bewusst sogenannte "stationäre Touchpoints" in Innenstädten eröffnen, um Kundenkontakt zu pflegen.

    Der Mensch als soziales Wesen braucht Orte für die Zusammenkunft, und die Angebote in der Innenstadt müssen sich an den Anforderungen der heutigen Zeit ausrichten.

    Eva Stüber, Kölner Institut für Handelsforschung

    Deshalb sei eine "multifunktionale Ausrichtung" der Innenstädte besonders wichtig. Diese sei vielerorts auch schon sichtbar. So etwa in Köln, wo eine Boulderhalle in der Fußgängerzone eröffnet hat. Ein Beispiel, das nochmal verdeutlicht, wie gut Decathlon mit seiner Ansiedlung in den Innenstädten liegen könnte.
    Klaus Weber ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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