Minus 0,6 Prozent: Wirtschaftsforscher senken Prognose

    Minus 0,6 Prozent:Konjunkturprognose: Daumen runter

    Sina Mainitz
    von Sina Mainitz
    |

    Der Verlust an Wohlstand und Wirtschaftskraft spiegelt sich nicht nur in der Stimmung der Bevölkerung wider: Die führenden Wirtschaftsinstitute senken ihre Prognose deutlich.

    Auf dem Bild ist ein Flyer der Gemeischaftsdiganose 2023 zu sehen.
    Die Prognose für die deutsche Wirtschaft wurde erneut von führenden Forschungsinstituten nach unten korrigiert. Sie erwarten in diesem Jahr einen Rückgang von 0,6 %. Ein Ende des Abschwungs sei jedoch in Sicht.28.09.2023 | 2:03 min
    Im Herbst 2023 verlieren nicht nur die Bäume ihre Blätter. Auch die deutsche Wirtschaftskraft verliert zunehmend an Schwung. Heute kam es schwarz auf weiß: weniger Wachstum als noch in der Frühjahresschätzung angenommen. Die Forscher senkten ihre Prognose heute drastisch um 0,9 Prozentpunkte auf minus 0,6 Prozent. Hauptursache sind die Industrie und der private Konsum. Sie erholen sich langsamer als gedacht.
    Robert Halver, Chefvolkswirt der Baader Bank ergänzt: "Die Zahlen sind auch die Konsequenz aus zwei Dingen - einerseits zu hohe Energiepreise, andererseits eine schleppende Konjunktur in China und weltweit. Der Industrie fehlt die Planungssicherheit. Die Wirtschaftsbedingungen müssen für die Firmen abschätzbar sein. Hier geht es um Energie und Infrastruktur." Das leidige Thema der hohen Bürokratiehürden in Deutschland führt Halver auch noch an. Hier müsse Deutschland für Investoren wieder attraktiver werden.
    ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann im Gespräch mit Moderatorin Kay-Sölve Richter.
    Die deutsche Wirtschaft wird 2023 schrumpfen – das geht aus der Konjunkturprognose führender Wirtschaftsforschungsinstitute hervor. Frank Bethmann an der Frankfurter Börse.28.09.2023 | 1:17 min

    Hoffnungsvoller Blick aufs kommende Jahr

    Altbundespräsident Roman Herzog forderte bereits vor rund einem viertel Jahrhundert: "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewonnenen Besitzständen." Er passt auch in die heutige Zeit, 26 Jahre später. Wir erleben eine Transformation und einen Wohlstandsverlust. An vielen Ecken und Enden in Wirtschaft und Politik muss etwas zurechtgerückt werden.
    Immerhin gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer: Nächstes Jahr könnte vieles besser werden. Für 2024 senkten die führenden Wirtschaftsinstitute ihre Wachstumsprognose nur um 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent.
    Und auch die hohe Inflation, Sorgenkind Nummer Eins in der deutschen Bevölkerung, geht langsam zurück. Liegt die Teuerungsrate dieses Jahr noch bei 6,1 Prozent, so soll sie kommendes Jahr auf 2,6 Prozent und 2025 sogar auf 1,9 Prozent zurückgehen, erwarten die Forscher. Das vertreibt zumindest ein bisschen die Sorgenfalten von der Stirn, die Skepsis über die Entwicklung in der deutschen Wirtschaft aber bleibt.
    Von links: Verena Hubertz, Veronika Grimm, Maybrit Illner, Claus Ruhe Madsen, Marie-Christine Ostermann, Marcel Fratzscher
    "maybritt illner": Deutschland abgehängt - warum wächst die Wirtschaft nicht?31.08.2023 | 63:06 min

    Quo vadis Deutschland?

    Allen voran spielen hier immer wieder die hohen Energiepreise eine der Hauptrollen. Der starke Anstieg im Jahr 2022 hat die Erholung von der Corona-Pandemie abgewürgt. Der Arbeitsmarkt hält sich wacker, die Zahl der Beschäftigten geht nur leicht zurück. Der Fachkräftemangel bleibt aber ein Dauerthema für Deutschland.
    Und auch, wenn mit der rückläufigen Inflation nun keine weiteren Leitzinserhöhungen durch die Zentralbanken drohen mögen, belastet der zurückliegende Zinsanstieg Investoren, Häuslebauer und die Bauwirtschaft. Dafür gibt es auf dem Tagesgeldkonto nun wieder zwischen drei und vier Prozent fürs Geld, ein kleiner Lichtblick in gräulichen Zeiten.
    Auf einem Tisch sind Münzen auf verscheiden hohen Münzstapeln aufgestapelt, darauf sind Holzwürfel mit der Inschrift Inflation. Im Hintergrund tippt eine Person auf einem Taschenrechner und hält Geldscheine in der Hand.
    Inflation gehört schon immer zur Wirtschaft - genauso wie ihre sozialen Folgen.28.09.2023 | 44:15 min

    Wirtschaftsforscher sorgen sich um Gesellschaftsklima

    Die Stimmung in deutschen Chefetagen hat sich zuletzt erneut verschlechtert. Viele Firmen aus energieintensiven Bereichen ziehen es vor, lieber ins Ausland abzuwandern, als in Deutschland zu investieren. Dort kämpfen sie mit weniger Bürokratiehürden und genießen ein vielfach einfacheres Steuersystem und vor allem günstigere Energiepreise.
    Auf der heutigen Pressekonferenz der führenden Wirtschaftsinstitute kommt dann noch eins zur Sprache: Das gesellschaftliche Klima in Deutschland wird als zunehmendes Risiko für Konjunktur und Wohlstand angesehen. Oliver Holtemöller vom Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung Halle warnte vor extremem Gedankengut, das den Aufschwung gefährde.
    Es gibt viel zu tun. Packen wir es an. Viele Akteure aus Wirtschaft und Politik sehen fünf vor zwölf für die deutsche Wirtschaft bereits als längst verstrichen an. Doch sie sehen auch, dass Deutschland ein gewachsenes und starkes Industrieland ist, das zu alter Stärke unter neuen Herausforderungen zurückfinden muss. Halten wir es wie Roman Herzog: "Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen."

    Mehr zu Konjunktur und Inflation