Botticelli-Werk: "Venus" wirbt für Italien und erntet Kritik

    Kampagne mit Botticelli-Werk:"Venus" wirbt für Venedig - und erntet Kritik

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    Italien will Touristen ins Land locken - und schickt Botticellis "Venus" auf Werbetour. Als digitale "Influencerin" macht sie Selfies und isst Pizza. Doch dafür hagelt es Kritik.

    Menschen sehen sich auf einem Monitor die neueste Kampagne des italienischen Tourismusministeriums an, die Botticellis Venus zeigt, die in Rom als virtueller Influencer dargestellt wird.
    Diese Werbekampagne sorgt in Italien für viel Kritik.
    Quelle: AP

    Mit der Mission, Touristen ins Land zu locken, schickte Italien die Liebesgöttin aus dem Renaissance-Meisterwerk "Die Geburt der Venus" von Sandro Botticelli ins 21. Jahrhundert. Als digitale Neugeburt isst sie Pizza, zeigt sich vor dem Kolosseum in Rom oder macht Selfies auf dem Markusplatz in Venedig - anders als im Original züchtig gekleidet.
    Doch die Werbekampagne hat nicht nur Freunde gewonnen. Venus werde zu einer "neuen Barbie" gemacht, spötteln Kritiker. Italiens kulturelles Erbe werde verunglimpft.
    Die Aktion der Tourismusbehörden "trivialisiert unser Erbe auf geschmackloseste Weise, indem sie Botticellis Venus in eine weitere stereotype weibliche Schönheit verwandelt", protestiert Livia Garomersini, Kunsthistorikerin und Aktivistin der Kulturerbe-Organisation Mi Riconosci.
    [Um die berühmte Mona Lisa ranken sich Rätsel - eines will ein italienischer Kunsthistoriker nun gelöst haben. Es geht um die Brücke im Hintergrund des Gemäldes.]

    Kampagne will junges Publikum nach Italien locken

    Am 20. April hatte die Online-Venus, die nach eigenen Angaben 30 "oder ein kleines bisschen älter" ist, ihren ersten Auftritt. Anfang der Woche feierte sie ihr internationales Debüt auf der Tourismusmesse in Dubai. Die Kampagne ziele auf Überseemärkte, um ein jüngeres Publikum nach Italien zu locken, erklärt Ivana Jelinic, die Geschäftsführerin der Tourismusbehörde ENIT.

    Uns gefiel die Idee, dass es sich um ein Kunstwerk handelt, das zeitlos ist.

    Ivana Jelinic, Geschäftsführerin ENIT

    Botticellis Venus sei dabei wie eine "unsterbliche Ikone" erschienen, die Italien gut repräsentieren könne. Auf ein Jahr ist die Werbekampagne angelegt. Die Kosten dafür belaufen sich laut ENIT auf rund neun Millionen Euro.
    ENIT präsentiert stolz ihre Influencer-Venus
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    Venus-Influencerin in Italien: Kritik an der Umsetzung

    Schon jetzt wird die neue Venus im Netz gnadenlos verunglimpft und ist nicht nur als Symbol des schönen Italiens zu finden. Sie taucht beispielsweise in Mülltonnen auf oder an der Seite eines Mafia-Bosses. Und die Kritik erstreckt sich nicht nur auf den Rückgriff auf Botticellis Meisterwerk, sondern auch auf die Art der Inszenierung.
    Dazu zählt die Verwendung alter Archivbilder oder ein Werbevideo, auf dem ein Weingut in Slowenien zu sehen ist. Eine kulturelle Sünde ist für viele auch der Slogan der Kampagne "Open to Meraviglia" (Offen für Wunder) mit seinem englischen Anteil - wo doch Italien nachdrücklich versucht, die italienische Sprache als Säule der Kultur zu schützen.
    So sieht das Original "Die Geburt der Venus" von Sandro Botticelli aus:
    Geburt der Venus von Botticelli
    "Die Geburt der Venus" von Sandro Botticelli.
    Quelle: AP Photo/Gregorio Borgia

    Technische Pannen der italienischen Werbekampagne

    Es gebe eine Reihe von Fehlern und Versäumnissen, sagt Matteo Flora von der Universität Pavia. Auf der Website habe ein automatisches Übersetzungsprogramm etwa die Hafenstadt Brindisi in "Toast", im Sinne eines Trinkspruchs, verwandelt. Dieser Teil sei inzwischen unkenntlich gemacht worden. Egal, wie man zu der Kampagne stehe, meint er, aus technischer Sicht sei es "eine Lawine von Problemen".
    Dazu gehöre auch, dass versäumt worden sei, Domains zu sichern. So könne das Material verwendet werden, um das Projekt ins Lächerliche zu ziehen.
    Außerdem werde Geld verschwendet, rügt der Experte. Für die digitale Venus habe das Kreativteam sich gegen den Einsatz künstlicher Intelligenz entschieden. Die aber hätte schnell eine ähnliche Aktion für 20 Euro schaffen können, wie Flora selbst gezeigt hat. Seine Postings in den Sozialen Medien werden tausendfach geteilt.
    Matteo Flora zeigt auf Facebook Bilder, die er mithilfe Künstlicher Intelligenz angefertigt hat:
    Matteo Floras Versionen auf Facebook
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    [In Italien ist die Nutzung von ChatGPT wieder erlaubt. Die italienische Datenschutzbehörde hatte die KI-Software zuvor verboten.]

    Tourismusbehörde: "Sie ist so viral gegangen"

    Kunsthistorikerinnen und -historiker sehen indes die Figur aus dem 15. Jahrhundert ausgenutzt. Damit würden die Schönheit und das Geheimnis des Originals erheblich gemindert, kritisieren sie.

    Vielleicht wäre Botticelli darüber nicht glücklich.

    Massimo Moretti, Sapienza-Universität in Rom

    Aus den Uffizien, dem Museum in Florenz, das die "Geburt der Venus" beherbergt, war keine Stellungnahme zu erhalten.
    Für die Macher der Kampagne scheint jedoch zu gelten: Jede Presse ist eine gute Presse. "Sie ist so viral gegangen", freut sich Ivana Jelinic von ENIT über ihre Venus. Die Internet-Gemeinde habe sie "zum Leben erweckt", selbst an wenig spektakulären Orten. Das Projekt sei ansprechender als die Kritik dies eingestehen wolle.
    Quelle: Trisha Thomas und Wyatte Grantham-Philips, AP

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