Wetter in Europa: "Alarmierende Veränderung unseres Klimas"

    Extremwetter in Europa :Alpen: Gletscherschmelze auf Rekordhoch

    von Inga Rabe
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    Wie wirkt sich die Klimaerwärmung auf Europa aus? Der aktuelle Copernicus-Bericht gibt wenig Anlass zur Hoffnung.

    Starkregen mit Überflutungen, schwere Stürme und Hitzewellen bis in den Herbst hinein - das vergangene Jahr hatte wettertechnisch einiges in petto, was nicht mehr nach "ganz normalem" Wetter aussieht. Das belegt auch ein Bericht des europäischen Klima-Beobachtungsdienstes Copernicus.

    Die letzten acht Jahre waren die wärmsten acht Jahre, die je gemessen wurden. Das ist bemerkenswert und ein Zeichen dafür, wie sehr sich unser Klima verändert.

    Carlo Buontempo, Direktor Copernicus Climate Change Service

    Das betont Carlo Buontempo, der Direktor des Copernicus Climate Change Service.

    Ende nicht in Sicht

    Die Auswirkungen waren in ganz Europa messbar und hinterließen Spuren, wie zum Beispiel in Südeuropa. Seit dem Frühsommer 2022 ist Spanien, Südfrankreich und Norditalien von einer extremen Dürre betroffen. Viel zu warme Temperaturen, trockene Luft und so gut wie kein Niederschlag: Ein Ende dieser Wetterlagen ist nicht in Sicht.
    Wetter oder Klima
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    ZDF-Meteorologe Özden Terli führt das "auf die Veränderung der Zirkulation zurück (…). Die Windsysteme in den höheren Luftschichten, die verändern sich, und das ist schon seit Jahren festzustellen. Und wenn sich dann gleichzeitig Hochgebiete festsetzen, dann trocknet die Luft zum Beispiel über den Alpen ab und es regnet nicht mehr auf der Südseite, in Norditalien."

    Flüsse weiter unter Stress

    Außerdem hat es in diesem Winter in den Alpen viel zu wenig geschneit. Damit fehlt den Flüssen Wasser aus der Schneeschmelze. Und das ist dramatisch. Bereits im vergangenen Jahr sorgten Hitze und Trockenheit für Minusrekorde bei den Pegelständen.
    Infografik: Extremes Niedrigwasser im August 2022

    Besonders im August waren 63 Prozent aller europäischen Flüsse von außergewöhnlichem Niedrigwasser betroffen. Schiffe konnten keine Güter mehr transportieren, das Kühlen einiger Kraftwerke war nicht mehr möglich, Bauern kämpften gegen die Trockenheit auf den Feldern und Versorger rationierten das Trinkwasser in manchen Gebieten.

    Copernicus ist das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union. Es stützt sich zum Großteil auf Satellitendaten, berücksichtigt aber auch Messungen von Wetterstationen, Flugzeugen und Schiffen. Der Copernicus Climate Change Service wertet Wetterdaten und Wetterereignisse aus, um daraus Folgen für unser Klima in Europa abzuleiten. Der Wetteranalysedienst ist einer der sechs thematischen Dienste des Copernicus-Programms der Europäischen Union, das von der Europäischen Kommission verwaltet wird.

    Hitzerekord im ewigen Eis

    Die Gletscher auf Grönland, das zu Dänemark gehört, haben irreparable Schäden genommen. Der Eisschild zieht sich immer weiter zurück - mit drastischen Folgen. Auch im vergangenen Jahr wurde dieser Trend durch die Temperaturen noch befeuert. Die sonst kälteste Region Europas verzeichnete einen Hitzerekord. Im September war es dort bis zu acht Grad wärmer als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Das wurde noch nie vorher gemessen.
    In den europäischen Alpen ist so viel Gletschereis geschmolzen wie nie zuvor. Die Gletscher der Alpen verloren mehr als fünf Kubikkilometer Eis, wie der Dienst mit Sitz in Reading am Donnerstag mitteilte. Würde man diese Eismasse in Würfelform pressen, wären die Kanten des Würfels rund fünfeinhalbmal so hoch wie der Eiffelturm.
    Infografik: Temperaturabweichung im September 2022

    Emissionen befeuern Temperatur

    Laut Carlo Buontempo zeigen die Zahlen, dass die Erwärmung direkt mit der steigenden Emission von Treibhausgasen zu tun hat. "Der Bericht unterstreicht die alarmierende Veränderung unseres Klimas. Es war der bisher heißeste je gemessene Sommer Europas, es gab schwere marine Hitzewellen im Mittelmeer und rekordbrechende Temperaturen in Grönland. Das alles zeigt, dass wir uns an die negativen Veränderungen für unseren Kontinent anpassen müssen."
    Der Copernicus-Bericht – ein Alarmsignal und ein wissenschaftlicher Blick darauf, wie Europa sich an die Folgen des Klimawandels anpassen muss.
    Inga Rabe ist Redakteurin in der ZDF-Umweltredaktion
    Quelle: mit Material von dpa

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