Long Covid und Post-Vac: Wie Kranke allein gelassen werden

    Corona-Langzeitfolgen:Long Covid: Wie Kranke allein gelassen werden

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    Betroffene von Post-Vac und Long Covid leiden oftmals doppelt. Ihr Krankheitsbild wird oft nicht sofort erkannt oder ernstgenommen - und auch Therapien gibt es bislang nur wenige.

    Long-Covid-Syndrom
    ZDFheute live über den Umgang mit Long Covid15.03.2023 | 40:43 min
    Die Infektion mit Corona hat man überstanden - und ist dann trotzdem nicht gesund. Rund 65 Millionen Menschen weltweit kämpfen mit Long Covid, hat eine Studie in der Fachzeitschrift "Nature Reviews Microbiology" herausgefunden. In Deutschland geht man von einer Million Betroffenen aus, die nach einer Corona-Infektion unter gesundheitlichen Einschränkungen leiden. Doch viele von ihnen fühlen sich alleingelassen - so auch Ricarda Piepenhagen. Sie gibt zu denken, dass es Patientinnen und Patienten gibt, die noch schwerer betroffen seien.

    Bei mir äußert sich das in Seh- und Konzentrationsstörungen und Parkinson-ähnlichen Ziterranfällen.

    Ricarda Piepenhagen

    Dazu komme auch eine Gefäßentzündung, die unter anderem mit einem erhöhten Pulsschlag und Schwindel eingehe. Ricarda Piepenhagen, zu Gast im ZDFheute live, will auf das Schicksal von Long-Covid-Betroffenen aufmerksam machen und hat deshalb die Initiative "Nicht Genesen" gegründet. Auf deren Instagram-Seite zeigt sie Menschen, die von Long Covid betroffen sind. Viele von ihnen können nicht mehr arbeiten, manche ihren Alltag gar nicht mehr bewältigen. Heute haben sie in Berlin demonstriert, viele fühlen sich im Stich gelassen.

    Long-Covid-Betroffene: Telefonhotline geht nicht weit genug

    Die schwersten Fälle entwickelten die schwere neuroimmunologische Erkrankung ME/CFS, das chronische Fatigue-Syndrom, so Piepenhagen. Unter den Betroffenen, die sie mit "Nicht Genesen" abbildet, fänden sich alle Altersklassen, Berufsgruppen und Geschlechter. Eine ihrer wichtigsten Forderungen an die Politik: mehr Grundlagenforschung und mehr finanzielle Mittel.
    Die Versorgung von Patientinnen und Patienten müsse verbessert werden. "Eine Hotline nützt diesen Menschen nichts", sagt sie im Hinblick auf die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der mit seinem Gesundheitsministerium eine Telefon-Hotline einrichten will, an die Patienten sich mit Fragen und für Hilfe wenden können. Doch Piepenhagen fordert, dass man sich breiter aufstellen müsse und nicht nur versuchen sollte, Symptome zu lindern, sondern auch die Krankheit heilen.
    SGS Karl Lauterbach - Sievers
    Um die Versorgung von Impfgeschädigten und Long-Covid-Patienten in der Praxis zu verbessern, werde das Gesundheitsministerium eigens "ein Programm auflegen", so Karl Lauterbach.12.03.2023 | 6:55 min

    Grünen-Expertin: Ursachenforschung wichtig

    Die Meinung Piepenhagens teilt die Grünen-Gesundheitsexpertin Linda Heitmann und erklärt, dass die Forschungsmittel für Long Covid derzeit aus drei verschiedenen Töpfen kommen.

    Wir sehen, dass die Versorgung bis jetzt völlig unzureichend ist.

    Linda Heitmann, Gesundheitspolitikerin der Grünen

    Zurzeit werde verhandelt, wie viel Geld aus dem Haushalt in Versorgungsforschung fließen könne, wie man also die Betreuung der Betroffenen verbessern könne. Vielleicht noch wichtiger sei aber die Erforschung der Krankheit und deren Ursachen. Die finanziellen Mittel dafür müssen vom Bundesforschungsministerium bereitgestellt werden.

    200 bis 800 Euro für Post-Vac-Betroffene zu wenig

    Die Long-Covid und Post-Vac-Betroffenen müssten wieder in Arbeit gebracht werden, sagt Piepenhagen und warnt auch vor den wirtschaftlichen Folgen. Man hätte die Dringlichkeit des Themas in Deutschland noch nicht verstanden.
    Zwischen 200 und 800 Euro bekämen Post-Vac-Betroffene, sagt Felicia Binger, die selbst Post-Vac-Patientin ist. Für sie alles andere als ausreichend:

    Das sind schändliche Almosen für ein zerstörtes Leben.

    Felicia Binger, Post-Vac-Patientin

    Sie hofft auf Medikamente und mehr und bessere Forschung. "Man muss hinschauen, wem hilft was etwas."

    Charité-Forscherin: Pharmazie mit in die Pflicht nehmen

    Es müsse in der Ärzteschaft ein größeres Wissen über die Krankheit geben und es sei wichtig, dass die Patientinnen und Patienten ernstgenommen würden, sagt auch Carmen Scheibenbogen von der Charité Berlin, die selbst auf dem Themengebiet forscht. Viele Betroffene erhielten keine adäquate ärztliche Betreuung. Das hänge damit zusammen, dass viele Ärztinnen und Ärzte sich mit den Krankheitsbildern nicht gut genug auskennen.
    Es müsse erforscht werden, welche Mechanismen genau hinter den Krankheitsbildern von Post-Vac und Long Covid steckten. Behandeln könne man wohl nicht alle mit einem Medikament. Deshalb sei es wichtig, verschiedene Medikamente in klinischen Studien zu testen. In der Charité setze man bereits erste Medikamente ein, forsche dabei aber auch weiterhin daran, was Patienten helfen könnte.
    Es gäbe viele Forschende in Deutschland, die mehr über Postcovid forschen könnte, sagt Scheibenbogen. Benötigt würde allerdings eine adäquate Förderung und mehr Investitionen in die Forschung. Sie schlägt vor, dafür auch die pharmazeutische Industrie in die Pflicht zu nehmen und enger zusammenzuarbeiten.
    Quelle: ZDF

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