Denkmäler: Ukraine entfernt Erinnerungen an Russland

    Denkmäler und Straßennamen:Ukraine entfernt Erinnerungen an Russland

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    Denkmäler und Straßennamen zeigen die bisherige Verbundenheit mit Russland. Nun werden alle Bezüge zum Aggressor aus dem öffentlichen Raum entfernt.

    Städtische Arbeiter demontieren ein Denkmal des russischen Schriftstellers Alexander Puschkin im Stadtzentrum von Dnipro (Ukraine), aufgenommen am 17.12.2022
    Überall in der Ukraine werden Denkmal und Straßennamen mit russischem Bezug entfernt. So wie die Büste des russischen Schriftstellers Alexander Puschkin in Dnipro.
    Quelle: dpa

    Andy Warhol soll im Norden von Kiew Fjodor Dostojewski ersetzen. In Dnipro wurde gerade eine Büste von Alexander Puschkin abmontiert. Schon seit Jahren versucht die Ukraine, Spuren der kommunistischen Sowjetunion zu beseitigen. Inzwischen haben die Behörden das Projekt nicht nur beschleunigt, sondern auch auf russische Kultur insgesamt ausgeweitet. Denn die wird mehr denn je auch als Symbol für russische Unterdrückung betrachtet.
    Hunderte Straßen werden umbenannt. Sie sollen nicht mehr an Berühmtheiten aus dem fernen Moskau erinnern, sondern einheimische Künstler, Schriftsteller oder Unabhängigkeitskämpfer würdigen - oder Soldaten, die im aktuellen Krieg für ihr Land gefallen sind.

    Ukraine wird sich ihrer Geschichte bewusst

    Es ist eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg, aber auch der Versuch, die eigene nationale Identität zu stärken. Ukrainische Persönlichkeiten, die bisher kaum zur Geltung gekommen sind, soll einen Platz im öffentlichen Raum geben werden. So ungewiss das Schicksal ihrer Heimat derzeit sein mag - der Krieg könnte dazu führen, dass sich das Land umso mehr der eigenen Geschichte bewusst wird, im Großen wie im Kleinen.
    Eine junge Frau vor einer Reiterstatue, die mit Graffiti beschmiert ist.
    Vergangenheitsbewältigung mit dem Presslufthammer: Überall in Osteuropa fallen die Denkmale, die an den Sieg der Roten Armee über den Faschismus erinnern.17.12.2022 | 37:27 min
    Wolodymyr Prokopiw, stellvertretender Leiter des Stadtrats von Kiew, spricht von einer "Tilgung des kommunistischen Erbes". Seit 2015 sei diese zunächst in einer "sanften" Art angegangen worden - aus Rücksicht auf Empfindlichkeiten der russischsprachigen oder gar pro-russisch eingestellten Teile der Bevölkerung. "Mit dem Krieg hat sich alles verändert. Die russische Lobby ist jetzt machtlos, im Grunde gibt es sie gar nicht mehr", sagt er.

    Das Umbenennen dieser Straßen ist wie das Auslöschen der Propaganda, die der Ukraine von der Sowjetunion auferlegt worden war.

    Wolodymyr Prokopiw, stellvertretender Stadtrat von Kiew

    Experte warnt vor "Gefahren beim Umschreiben der Geschichte"

    Auf der anderen Seite der Front läuft der Prozess mitunter in die entgegengesetzte Richtung. Die Truppen Moskaus haben im Verlauf des Krieges in den von ihnen besetzten ukrainischen Gebieten auf verschiedenen Ebenen versucht, auch kulturell ihre Herrschaft zu festigen.
    Andrew Wilson, Ukraine-Experte am University College London, warnt vor den "Gefahren beim Umschreiben der Phasen der Geschichte, in denen Ukrainer und Russen sehr wohl kooperiert und gemeinsam Dinge aufgebaut" hätten. Die Ukrainer verfolgten aktuell "einen ziemlich breit angelegten Ansatz", sagt er.

    280.000 Vorschläge für neue Straßennamen

    Die Stadtverwaltung von Kiew hatte im Rahmen ihres Projekts zur "Ent-Russifizierung" nach Angaben von Prokopiw online zu Vorschlägen aufgerufen und daraufhin an nur einem Tag 280.000 Rückmeldungen erhalten. Eine Gruppe von Experten habe die Antworten durchgesehen, sagt er. Vertreter der Behörden hätten dann gemeinsam mit Anwohnern der jeweiligen Straßen die Entscheidungen getroffen.
    Ein Boulevard zu Ehren der "Freundschaft der Völker" - was sich auf die Völker innerhalb der Sowjetunion bezogen hatte - wird nun stattdessen Mykola Michnowskyj würdigen, einen frühen Befürworter der ukrainischen Unabhängigkeit. Eine andere Straße soll an die "Helden von Mariupol" erinnern, die in der ukrainischen Stadt am Asowschen Meer monatelang den Angriffen der Russen standgehalten hatten, bevor sie sich schließlich doch ergeben mussten.
    Dass die relativ kleine Dostojewski-Straße im Norden der Stadt nach Warhol benannt werden soll, hat mit den osteuropäischen Wurzeln des amerikanischen Künstlers zu tun. Valeriy Scholomitsky, der seit fast 40 Jahren in der Straße lebt, hat nichts dagegen. "Vielleicht ist es richtig, dass wir jetzt viele Straßen umbenennen", sagt er, während er gerade Schnee schippt. "Denn früher haben wir sie falsch benannt."
    Die Umbenennung von Straßennamen in Kiew ist nicht unumstritten:
    Quelle: AP
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