Forschung extrem: Spanierin lebte 500 Tage unter der Erde

    "Erstmal duschen":Spanierin lebte 500 Tage unter der Erde

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    Forschung extrem: Eine Spanierin hat 500 Tage unter der Erde und ohne Kontakt zur Außenwelt verbracht. Wie hat die 50-Jährige die absolute Isolation so lange ausgehalten?

    Höhlenforscherin Beatriz Flamini kommt nach 500 Tagen aus einer Höhle nahe Granada
    500 Tage unter der Erde - und ohne Kontakt zur Außenwelt in einer Höhle14.04.2023 | 1:08 min
    Sie hatte bisher keine Ahnung vom Ukraine-Krieg und wusste auch nicht, dass die Corona-Pandemie vorbei ist. Die Spanierin Beatriz Flamini hat freiwillig 500 Tage in vollkommener Isolation unter der Erde gelebt - und zwar in einer circa 70 Meter tief gelegenen Höhle der südspanischen Provinz Granada.

    Ich habe diese ganze Zeit mit niemandem gesprochen, nur mit mir selber.

    Beatriz Flamini, Bergsteigerin, Kletterin und Höhlenforscherin

    Flamini: "Erstmal duschen"

    Am Freitag um 9:07 Uhr war die 50-Jährige mit einem breiten Lächeln und unter großem Medienrummel aus dem Loch geklettert war. "Ich werde euch schon erzählen, wie es da unten war (...) Aber wenn ihr es erlaubt, gehe ich jetzt erstmal duschen", sagte sie laut lachend vor den Kameras verschiedener Medien, die stundenlang live aus der Costa Tropical in Granada berichteten.
    Doch zunächst umarmte Flamini Angehörige und Freunde, auch die Forscher, die das Projekt geleitet und begleitet haben. Sie war sichtlich bewegt, nicht nur bei ihr flossen Freudentränen. Flamini, laut Medien eine "Elitesportlerin", machte gesundheitlich und emotional einen guten Eindruck, obwohl sie zunächst etwas Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu halten, wie sie einräumte.

    Projekt "Timecave" erforscht Auswirkungen vollkommener Isolation

    Das auf Video festgehaltene Projekt "Timecave" wurde von Forschern verschiedener Disziplinen der Universitäten Granada und Almería geleitet und begleitet. Seit Beginn des Experiments im November 2021 habe Flamini keinen Kontakt zur Außenwelt gehabt. Sie hatte keine Uhr und kein Telefon. Sie verfügte über Strom und einen Laptop, mit dem sie zwar Information an die Außenwelt habe senden, aber nicht empfangen können.
    Die Forscher wollen die Auswirkungen der vollkommenen Isolation untersuchen und unter anderem ermitteln, ob diese zu neuropsychologischen und kognitiven Veränderungen geführt hat.
    Montage; eine männliche Figur ohne Gesicht. Neben ihr hängen vier Masken mit verschiedenen Gesichtsausdrücken. Dazu leuchtende neuronale Linien vor einem blauen Hintergrund.
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    Versorgung der "Einsiedlerin" über eine Sicherheitszone

    Flamini hatte in der Höhle ein Zelt. Das Team versorgte sie regelmäßig mit (insgesamt eineinhalb) Tonnen Lebensmitteln, Wasser, Kaffee und sonstigem Material, die in einer "Sicherheitszone" hinterlassen wurden. Diese Zone wurde per Kamera rund um die Uhr überwacht. Flamini musste aus Sicherheitsgründen dort regelmäßig vorbeischauen, "damit wir sicher sein konnten, dass es ihr gut geht", so Höhlenforscher Paco Morales.
    In der Einsamkeit habe die Abenteurerin viel philosophiert, erzählte der Höhlenforscher. "Sie hat uns Videos geschickt, 60 Bücher gelesen, (...) sie hat Gedichte und Erzählungen geschrieben." Natürlich habe es auch mal schwere Momente gegeben. Auf einem der veröffentlichten Videos ist etwa zu sehen, wie Flamini die Hände verzweifelt vors Gesicht schlägt und sagt: "Was für ein furchtbarer Tag. Ich will nur die ganze Zeit weinen."

    Aber sie hat viel Erfahrung, Überlebens-Erfahrung, und hatte deshalb alles gut im Griff

    Höhlenforscher Paco Morales

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    Flamini: "Zeit wie im Flug vergangen"

    "Ich tue das auch, weil ich denke, dass es dazu beitragen kann, zu helfen und (das Leben anderer Menschen) zu verbessern", sagte Flamini zweieinhalb Stunde nach ihrer Ausdauerleistung. Sie habe viel gelernt und denke, dass sie nun "ein besserer Mensch" sei. Die Erfahrung habe sie "genossen", die Zeit sei wie im Flug vergangen.

    Für mich waren das nur wie 160, 170 Tage.

    Beatriz Flamini, Bergsteigerin, Kletterin und Höhlenforscherin

    Nach Angaben der spanischen Forscher hat Flamini den "Weltrekord" der Italienerin Christine Lanzoni gebrochen, die 2007 genau 269 Tage in einer Höhle verbracht habe. Das Experiment löste in Spanien großes Aufsehen aus - und auch Stolz. Der Minister für Industrie, Handel und Tourismus, Hector Gómez, würdigte etwa den Mut der Frau.
    Wer nun meint, Beatriz Flamini habe nach 500 Tagen in absoluter Einsamkeit genug von Abenteuern, der irrt gewaltig. "Sie plant schon ihr nächstes Abenteuer", verriet Höhlenforscher Morales.
    Quelle: dpa

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