Vor Prozess: Gil Ofarim bleibt bei Antisemitismus-Vorwürfen

    Prozess gegen Musiker:Ofarim bleibt bei Antisemitismus-Vorwürfen

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    Musiker Gil Ofarim soll einem Hotelmitarbeiter zu Unrecht Antisemitismus vorgeworfen haben. Vor Beginn des Verleumdungsprozesses gegen ihn bekräftigt Ofarim nun seine Vorwürfe.

    Gil Ofarim, Archivbild
    Gil Ofarim, Archivbild
    Quelle: dpa

    Vor Beginn des Prozesses gegen ihn am Dienstag bleibt der jüdische Musiker Gil Ofarim beim Vorwurf, er sei in einem Leipziger Hotel antisemitisch angefeindet worden.
    Der "Welt am Sonntag" sagte er: "Ich weiß, was mir passiert ist. Es ging mir nicht um den Mitarbeiter, sondern um Antisemitismus. Ich bin froh, dass jetzt viel herauskommen wird, was bisher nicht gesagt oder geschrieben worden ist."

    Prozessauftakt am Dienstag

    Der 41-Jährige ist angeklagt, falsche Antisemitismusvorwürfe gegen einen Mitarbeiter des Leipziger Hotels "Westin" erhoben zu haben. Der Musiker schilderte am 5. Oktober 2021 in einem in Social-Media-Plattformen verbreiteten Video, er sei von einem Hotelmitarbeiter beim Einchecken aufgefordert worden, eine Halskette mit Davidstern abzulegen.
    Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Leipzig am Dienstag ist mit einem großen öffentlichen Interesse zu rechnen. Ofarims Anschuldigungen erhalten angesichts des Krieges im Nahen Osten aktuell ein besonderes Gewicht.
    Laura Cazés
    "Wir befinden uns aktuell in einer Situation, in der Antisemitismus, obwohl er ganz offenkundig geschieht, nicht hinreichend benannt wird ", so Laura Cazés von der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.30.10.2023 | 6:46 min

    Staatsanwaltschaft: Vorfall trug sich so nicht zu

    Das Video schlug damals hohe Wellen. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft trug sich der von Ofarim geschilderte Vorfall aber gar nicht zu. Weil der Musiker seine Vorwürfe später auch gegenüber der Polizei wiederholte und zur Anzeige brachte, muss er sich nun wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung verantworten.
    Das "Westin" leitete nach den Beschuldigungen des Musikers eine Untersuchung durch eine Anwaltskanzlei ein, die den betreffenden Mitarbeiter nach Hotelangaben entlastete. Auch die Leipziger Staatsanwaltschaft kam nach monatelangen Ermittlungen zu dem Schluss, dass sich der von dem 41-Jährigen geschilderte Vorfall so nicht zugetragen habe und seine Vorwürfe bewusst "wahrheitswidrig" seien.
    Prof. Monika Schwarz-Friesel
    Prof. Monika Monika Schwarz-Friesel im Interview: Was ist Antisemitismus?18.09.2018 | 0:32 min

    Von Ofarim beschuldigter Hotelmitarbeiter ist Nebenkläger

    Im März 2022 wurde der in München lebende Ofarim angeklagt. Die Ermittlungen gegen den Hotelmitarbeiter wurden hingegen eingestellt. Er nimmt an dem Prozess als Nebenkläger teil.
    Abgesehen von den Verleumdungsvorwürfen ist Ofarim auch wegen falscher Versicherung an Eides statt angeklagt. Hintergrund sind zwei Anträge zum Erlass von einstweiligen Verfügungen, mit denen Presseveröffentlichungen untersagt werden sollten. Darin soll Ofarim wahrheitswidrig eidesstattlich versichert haben, dass er nicht gesagt habe, dass das von ihm erstellte Video "viral gehen" solle. Die Staatsanwaltschaft hält dies für unwahr.
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    In Dortmund ist ein Meldebutton für antisemitische Vorfälle vorgestellt worden. Neben der Sichtbarmachung geht es auch darum, Erkenntnisse für die Präventionsarbeit zu erhalten.31.10.2023 | 1:51 min

    Ofarims Anwälte sprechen von "Schauprozess"

    Dass die Anklage nicht wie üblich bei solchen Vorwürfen am Amtsgericht, sondern am Landgericht erfolgte, wurde mit dem großen öffentlichen Interesse begründet. Ofarims Anwälte sprachen im Vorfeld hingegen von einem "Schauprozess". Sie kündigten an, die Verteidigung werde vor dem Landgericht Leipzig "jeden Stein zweimal umdrehen".
    Für das Verfahren, in dem mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen geladen sind, wurden zunächst zehn Verhandlungstage bis zum 7. Dezember angesetzt. Ursprünglich sollte der Prozess bereits vor gut einem Jahr beginnen, er wurde aber kurzfristig verschoben.
    Daniel Poensgen, wissenschaftlicher Referent beim Bundesverband RIAS
    Jüdinnen und Juden würden "in ganz alltäglichen Situationen antisemitisch angefeindet werden", so Daniel Poensgen, wissenschaftlicher Referent beim Bundesverband RIAS. Die Vorfälle hätten sich "innerhalb kürzester Zeit verdreifacht“.31.10.2023 | 6:34 min
    Das Landgericht begründete dies damals unter anderem mit einem von der Nebenklage kurzfristig eingereichten Schadenersatzantrag sowie ausstehenden Entscheidungen über von der Verteidigung eingelegte Rechtsmittel.
    Gil Ofarim ist der Sohn des 2018 verstorbenen israelischen Sängers Abi Ofarim. Der 41-Jährige stand in mehreren Fernsehfilmen und -serien vor der Kamera und veröffentlichte verschiedene Musikproduktionen.
    Quelle: KNA, AFP

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