Kampf gegen HIV: Neue Spritze Lenacapavir schützt effektiv

    "Durchbruch" bei HIV-Bekämpfung:Spritze schützt effektiv vor HIV-Infektion

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Gilt als riesige Erleichterung für Menschen, die ein hohes Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren: Die Spritze Lenacapavir ist eine Alternative zur Prophylaxe in Tablettenform.

    Archiv: Ein Apotheker hält am  23. 7. 2024, eine Ampulle mit Lenacapavir, dem neuen injizierbaren Medikament zur HIV-Prävention
    Lenacapavir schützt effektiv vor einer Infektion mit dem HI-Virus, in Form einer halbjährlichen Spritze.
    Quelle: AP

    Tobias ist 25 und schützt sich seit einigen Jahren bereits durch ein Medikament gegen eine HIV-Infektion. Jeden Tag nimmt er eine Tablette zu sich, die sogenannte Prep. Tobias, der Sex mit Männern hat, kann so auf Kondome verzichten. Alle drei Monate geht er zu einem Kontrolltermin bei seinem Arzt.
    Bald aber könnte sich das ändern. Denn es könnte eine neue Art der Prophylaxe geben: eine Spritze alle sechs Monate. Für Tobias käme diese Methode jedenfalls in Betracht:

    Grundsätzlich würde ich eine halbjährliche Impfung natürlich den täglichen Tabletten vorziehen, alleine schon damit man die Einnahme nicht mehr vergessen kann.

    Tobias, 25

    Tobias hat allerdings noch ein paar Fragen. Etwa wie sicher die Spritze ist und ob sie Nebenwirkungen hat.

    PrEP ist die Abkürzung für Prä-Expositions-Prophylaxe, auf Deutsch: Vorsorge vor einem möglichen HIV-Kontakt. Bei dieser Schutzmethode nehmen HIV-negative Menschen ein HIV-Medikament ein, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen.

    Die PrEP schützt so gut wie Kondome oder Schutz durch Therapie vor HIV, wenn sie richtig angewendet wird.

    Quelle: Deutsche Aidshilfe

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    Spritze gegen HIV - alle sechs Monate?

    Die Spritze mit dem Medikament Lenacapavir schützt tatsächlich effektiv vor einer Infektion mit HIV. Das bestätigen Daten der zulassungsrelevanten Phase-3-Studie "Purpose 2", die im "New England Journal of Medicine" ("NEJM") vorgestellt werden.
    Mit Lenacapavir sei ein echter Durchbruch gelungen, sagt Astrid Berner-Rodoreda vom Universitätsklinikum Heidelberg. Als Depotspritze schützt Lenacapavir anhaltend vor einer Infektion mit HIV, alle sechs Monate ist eine Auffrischung vorgesehen - bisher verwendete Mittel zur HIV-Präexpositionsprophylaxe wie Truvada müssen täglich als Tablette genommen werden.
    Sich zweimal jährlich den Wirkstoff spritzen zu lassen, sei wesentlich komfortabler als täglich an die Einnahme einer Tablette denken zu müssen, so Berner-Rodoreda.
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    Spritze lässt sich besser geheim halten

    Hinzu komme ein bestimmter Effekt: Gerade in einigen stark von HIV betroffenen Ländern gebe es bei der täglichen Einnahme von Tabletten das Risiko, im Umfeld als vermeintlich HIV-positiv abgestempelt zu werden. Eine nur zweimal jährlich verabreichte Spritze lasse sich weitaus besser geheim halten.

    Trotz jahrzehntelanger Bemühungen gibt es noch immer keine Impfung gegen HIV. Das wird laut Experten auf absehbare Zeit auch so bleiben. Fachleute dringen daher umso entschiedener auf einen breiten Einsatz von Lenacapavir. Die Spritze sei "im Grunde" so wirksam wie eine Impfung, sagt etwa der Forscher Andrew Hill von der Universität Liverpool. Quelle: AFP

    Darum stehe außer Frage, dass Lenacapavir eine "riesen Erleichterung" für viele Menschen darstelle.Wie schon die Vorgängerstudie "Purpose 1" wurde die Auswertung aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse vorzeitig beendet, um das Medikament allen Probanden und Probandinnen zur Verfügung stellen zu können, wie es vom Hersteller Gilead hieß.
    Zu sehen sind Blutproben.
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    Kommt die Spritze bald nach Deutschland?

    Laut Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe handelt es sich nicht um eine Impfung, die Wirkweise sei eine andere. Außerdem sei die Spritze in Deutschland im Moment nicht verfügbar. Es sei auch nicht zu erwarten, das sich das allzu schnell ändere. Wicht sagt ZDFheute:

    Die Spritze wird die bisherige Form der Prep nicht ersetzen.

    Holger Wicht, Deutsche Aidshilfe

    Die Kosten belaufen sich derzeit auf 42.000 US Dollar pro Jahr, also 21.000 Dollar pro Spritze. Es sei nicht zu erwarten, dass die Krankenkassen in Deutschland derartige Kosten übernehmen würden.
    Trotzdem wäre es wünschenswert, wenn die Spritze auch in Deutschland zur Verfügung stünde - für Menschen, denen die tägliche Einnahme von Tabletten schwerfällt. Die bisherige Prep sei aber wirksam und biete einen guten Schutz, so Wicht.

    Für Menschen mit hohem HIV-Infektionsrisiko

    Für Lenacapavir soll aber die Zulassung in zahlreichen Ländern beantragt werden. Wicht nennt die Spritze einen "Gamechanger" zum Beispiel für südliche Länder Afrikas, vor allem für junge Frauen und Mädchen.
    Das Mittel soll prophylaktisch Menschen mit hohem HIV-Infektionsrisiko angeboten werden. Es hemmt den Lebenszyklus des Virus in mehreren Stadien der Infektion.

    • Kondome und Femidome beim Geschlechtsverkehr schützen vor HIV. Viren gelangen dann nicht auf Schleimhäute und in den Körper.
    • Schutz durch Therapie: Medikamente, die HIV-Positive regelmäßig einnehmen, unterdrücken die Vermehrung der Viren im Körper. HIV kann dann nicht mehr übertragen werden.
    • Prä-Expositions-Prophylaxe, kurz PrEP: Dabei nehmen Menschen mit hohem HIV-Risiko vorbeugend HIV-Medikamente ein, die vor einer Ansteckung schützen. PrEP schützt vor HIV, aber nicht vor anderen Geschlechtskrankheiten.
    Quelle: Deutsche Aidshilfe

    "Purpose 2" umfasste knapp 3.300 HIV-negative Menschen, die häufiger Sex hatten. Zwei Personen in der Lenacapavir-Gruppe (ca. 2.200 Probanden) und neun in der zum Vergleich mit Truvada behandelten Gruppe (ca. 1.100 Probanden) infizierten sich mit HIV, wie es im Fachjournal heißt.
    Lenacapavir reduzierte das Infektionsrisiko damit um 96 Prozent gegenüber der Hintergrundinzidenz, also der Häufigkeit von Infektionen ohne die Spritze. Vertragen wurden beide Mittel im Allgemeinen gut.
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    Experte: Nahezu 100-prozentiger Schutz

    Von der Effizienz her sei Lenacapavir mit Truvada vergleichbar, sagt Max von Kleist von der Freien Universität Berlin. Beide böten einen hervorragenden, nahezu kompletten Schutz.
    Bei den Ergebnissen der beiden "Purpose"-Studien wirke es zwar so, als gebe es in den mit Tabletten versorgten Kontrollgruppen anteilig einige Infektionen mehr - die Daten täuschten aber, erläuterte der Leiter der Forschungsgruppe "Mathematics for Data Science".
    Vielfach seien die Tabletten nicht regelmäßig oder gerade zum Ende des Untersuchungszeitraums auch gar nicht mehr genommen worden. Dass es dann zu Infektionen komme, verwundere nicht.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: Mit Material von dpa

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