Nach seiner Hundekot-Attacke auf eine Kritikerin in der Staatsoper Hannover spricht der suspendierte Ballettchef Marco Goecke über seine Beweggründe.14.02.2023 | 0:41 min
Ekeltheater - der Begriff hat in der Kulturberichterstattung einen festen Platz. Allerdings findet es seltener in den Pausen von Aufführungen statt. Und noch seltener so spontan und angeblich ungeplant wie Marco Goeckes
Angriff auf die Ballettkritikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" im Wandelgang der Staatsoper Hannover.
Der international renommierte Ballettdirektor hatte zufällig noch eine Portion Dackelkot dabei und rieb sie der Dame von der schreibenden Zunft ins Gesicht. Um ihr zu zeigen, wie sehr ihre wiederholte Kritik an seinen Werken ihm inzwischen stinkt. Die Rezensentin Wiebke Hüster hatte kurz zuvor eine von Goecke in den Niederlanden inszenierte Tanz-Performance in Grund und Boden geschrieben: "Man wird beim Zuschauen abwechselnd irre und von Langeweile umgebracht."
FAZ-Kritikerin Wiebke Hüster über die Hundekot-Attacke - 3sat-Kulturzeit vom 14. Februar (Ganze Sendung):
Goecke sieht Mitschuld der Kritik
Jetzt ist Goecke, ein gefeierter Star der Ballettszene, der Bösewicht in seinem eigenen Stück. Über die Leitung der Staatsoper in Hannover entschuldigte er sich heute schriftlich: "Im Nachhinein wird mir klar bewusst, dass dies eine schädliche Handlung im Affekt und eine Überreaktion war."
In der Sache allerdings bleibt Goecke hart und tritt selbst als Kritiker auf: "In einer Zeit, die auf alles, was wir tun und sagen, so sensibel reagiert, muss sich auch die Kulturkritik unter der unstrittigen Prämisse der Pressefreiheit die Frage stellen, wo sie die Grenze zu Beleidigung, Mobbing und Geschäftsschädigung zieht." Für
Wiebke Hüster sind Goeckes Einlassungen unakzeptabel, machte sie am Dienstagabend gegenüber dem ZDF deutlich.
Journalistenverband: Strafrechtlicher Vorgang
Scheiße im Gesicht bleibt Scheiße im Gesicht, und entsprechend simpel handelt der Deutsche Journalistenverband den Fall ab: "Journalistische Kritik darf nicht, darf niemals persönliche Attacken zur Folge haben. Das ist ein strafrechtlich relevanter Vorgang." Die Staatsoper Hannover hat Marco Goecke erst einmal Hausverbot erteilt und will seine Entlassung prüfen.
Kein Kotau vor der Kritik: Der Ballettchef sitzt am Morgen auf einem gefällten Baumstamm in Hannovers Stadtwald und erklärt, dass es neben der großen Empörung vor allem in den sozialen Medien auch Zuspruch aus der Szene gegeben habe. Er sei nicht der Einzige, der sich von der Kritikerin habe "beschimpfen und erniedrigen" lassen müssen. Er unterstellt der langjährigen Tanzkritikerin auch, dass sie mit eigenen Bewerbungen um Choreografinnen- oder Intendantinnenstellen keinen Erfolg gehabt hätte. Neid also? Missgunst? Alles, was ein Bühnenstück erst richtig gut macht?
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Kot von Dackel Gustav
Das Goecke-Hüster-Tanz-Theater könnte man sicher noch mit mehreren Akten fortschreiben - aber man muss vermutlich aufpassen, nicht in einer Kloake zu landen, wo sich die Darsteller nur noch allzu persönlich mit Dreck bewerfen. So bleibt das Drama in Hannover hoffentlich doch ein Dramolett, ein kurzer, fäkaler Aufreger im Vorübergehen.
Der Choreograf Marco Goecke hat die "FAZ"-Kritikerin Wiebke Hüster im Opernhaus Hannover mit Hundekot beschmiert. Wir haben mit Wiebke Hüster gesprochen.14.02.2023 | 10:49 min
Eine Nebenrolle hatte dabei Gustav: Der freundliche Dachshund, den Marco Goecke meist in einer Tasche mit sich durch die Welt der hohen Kultur trägt, lieferte den stinkenden Stoff für die Attacke, die eine Debatte um die Grenzen von Kunst, Kultur und Kritik ausgelöst hat.
Am Morgen im Stadtwald begrüßt Gustav schwanzwedelnd das ZDF-Kamerateam. Gustav kann für das Ekeltheater und die ganze Scheiße nun wirklich gar nichts.
Tagelang diskutiert die Kulturwelt nur ein Thema: Der Hundekot-Eklat um Ballettchef Goecke. Nun hat die Oper Hannover ihn entlassen. Seine Werke bleiben im Repertoire.