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Korruption bei Auftragsvergabe?:Razzien wegen Staatskanzlei-Sanierung in NRW
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Bei der millionenschweren Sanierung der Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen kam es wohl zu Korruption. Das LKA reagiert mit zahlreichen Durchsuchungen am Dienstagmorgen.
Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen
Quelle: dpa
Die Staatskanzlei des Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen wird bereits seit Jahren modernisiert. Doch bei der Sanierung kam es wohl zu Korruption - ein möglicher Schaden in Millionenhöhe.
Jetzt durchsuchte das LKA im Auftrag der Wuppertaler Staatsanwaltschaft etliche Objekte im Land. Die Behörden vollstreckten demnach mehr als 40 Durchsuchungsbeschlüsse. Razzien gab es auch in Liegenschaften des landeseigenen Baubetriebs BLB.
Verdacht: Bestechung und Bestechlichkeit
Am frühen Dienstagmorgen waren weit mehr als 100 Ermittler im Einsatz. Durchsuchungen fanden nach Angaben des LKA unter anderem in Düsseldorf, Neuss, Mönchengladbach, Erkrath und Münster statt. Es gehe unter anderem um den Verdacht der Bestechung und Bestechlichkeit sowie wettbewerbsbeschränkende Absprachen.
Die historische Staatskanzlei der NRW-Landesregierung steht direkt am Rheinufer. Lange lag das Gebäude aus dem Jahr 1911 im Donröschenschlaf. Die ehemalige "Villa Horion" war dem damaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement nicht modern genug, 1999 zog das Büro in das klotzige Stadttor am Landtag. Unter CDU-Ministerpräsident Armin Laschet dann die Rückbesinnung: 2017 ging es zurück in das bescheidene Gebäude am Rhein.
Von 1999 bis 2017 Sitz der NRW-Staatskanzlei: das Düsseldorfer Stadttor.
Quelle: imago
Kostenexplosion bei der Sanierung
Doch schnell war klar: Hier muss saniert werden. Rund 25 Millionen Euro sollte die Modernisierung des Hauses kosten. Beauftragt damit: Die Bau- und Liegenschaftsbehörde des Landes, kurz BLB.
Ein Sprecher hatte allerdings vor Kurzem erklärt, dass sich dieser Wert wohl unter anderem wegen der Baukostensteigerungen, aufgrund pandemiebedingter Preissteigerungen und inflationsgetriebener Mehrkosten erhöht habe. Experten schätzen die tatsächlichen Kosten auf bis zu 55,7 Millionen Euro.
Gefundenes Fressen für NRW-SPD
Ein gefundenes Fressen für die ansonsten in Umfragen erschreckend schwache SPD. Elisabeth Müller-Witt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, sagt dazu: "Die Luxussanierung der NRW-Staatskanzlei von Ministerpräsident Hendrick Wüst kostet die Bürgerinnen und Bürger bereits mehr als 50 Millionen Euro - ein Fass ohne Boden."
Gleichzeitig habe die Staatskanzlei bis heute "zu keinem Zeitpunkt vollständige Transparenz darüber hergestellt, wie hoch die Kosten tatsächlich sind". Die umfangreichen Razzien ließen demnach vermuten, "dass wir bisher nur die Spitze des Eisbergs gesehen haben".
Wir fordern Ministerpräsident Wüst und Minister Liminski dazu auf, umgehend alles auf den Tisch zu legen und schnell für Klarheit zu sorgen. Zu lange hat die Staatskanzlei versucht, uns ein X für ein U vorzumachen.
Elisabeth Müller-Witt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag
Sieben Verdächtige - auch BLB-Mitarbeiter darunter
Konkret soll es um die Beleuchtung des Gebäudes gehen. Die sieben Hauptverdächtigen stehen unter Verdacht, Einfluss auf Auftragsvergaben genommen zu haben, um anschließend gemeinsam mit den von ihnen bestimmten siegreichen Bieterfirmen über eine Vielzahl von stark überhöhten Rechnungen mehrere Millionen Euro zu ergaunern. Involviert sollen dabei Beschäftigte des BLB sowie Mitarbeiter eines Architekturbüros gewesen sein.
Der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb steuert die Sanierung der Staatskanzlei. Haftbefehle oder Festnahmen gab es zunächst nicht. Die Hauptverdächtigen - fünf Männer und zwei Frauen zwischen 26 und 69 Jahren - sind weiter auf freiem Fuß.
Gegen Mitarbeiter der Staatskanzlei besteht laut den Ermittlern kein Verdacht. Die Anzeige eines Zeugen und die Prüfungen der Innenrevision des Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW hatten den Stein ins Rollen gebracht. Bei den heutigen Durchsuchungen wurden insbesondere Unterlagen, Dokumente und Schriftverkehr in digitaler und analoger Form sichergestellt. Die umfangreichen Ermittlungen dauern an.
Thomas Münten ist Reporter im ZDF-Studio Düsseldorf. Artikel mit Material der Deutschen Presse-Agentur.
Quelle: dpa
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