Klimawandel: Warmer Herbst ändert Verhalten von Zugvögeln

    Klimawandel:Warmer Herbst ändert Verhalten von Zugvögeln

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    Die milden Temperaturen der vergangenen Wochen beeinflussen die Tierwelt. Experten sehen Nachteile für einige Vogelarten.

    Gänse auf ihrem Weg Richtung Süden in Sachsen-Anhalt.
    Viele Kurzstreckenzieher ändern ihre Abflugzeit je nach Witterung.
    Quelle: dpa

    Der milde Herbst kann nach Angaben von Fachleuten den Rhythmus von Tieren durcheinanderbringen - mit weitreichenden Folgen.
    Viele Vögel, vor allem Kurzstreckenzieher wie Stare, seien noch nicht auf dem Weg in den Mittelmeerraum, erklärte die Biologin Angelika Nelson vom Naturschutzverband LBV. Ein verändertes Zugverhalten beobachtet der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) auch bei Kranichen: Diese verweilten in diesem Jahr länger an den Rastplätzen in Nord- und Ostdeutschland und zogen erst verzögert in den Süden.

    Langstreckenzieher im Nachteil

    Der LBV fordert mehr Anstrengungen für den Klimaschutz. Die Veränderungen im Jahreslauf könnten weitreichende Folgen für Ökosysteme haben, erläuterte Nelson.

    Über Jahre eingespielte Beziehungen zwischen verschiedenen Lebewesen geraten aus dem Takt.

    Angelika Nelson, Naturschutzverband LBV

    Fachleute wie Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell am Bodensee beobachten einen deutlichen Trend, dass die Kurzstreckenzieher ihre Abflugzeiten je nach Witterung verändern und zum Teil früher aus den Winterquartieren zurückkehren.

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    Die Langstreckenzieher seien dagegen ausgeprägte Wanderer - und es sehe so aus, als seien sie nun im Nachteil, so Fiedler.

    Es fällt auf, dass die Arten, deren Bestand am meisten abnimmt, auch die sind, die am weitesten wandern und am schwächsten auf einen frühen Frühling reagieren.

    Wolfgang Fiedler, Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie

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    Immer mehr Vögel bleiben im Winter in Deutschland

    Die späten Rückkehrer könnten im Frühjahr möglicherweise keine geeigneten Nistplätze finden, weil diese bereits besetzt seien, sagte Nelson. Die frühen Rückkehrer könnten auch früher im Jahr mit der Brut beginnen - das könne zum Beispiel für den Kuckuck zum Problem werden, wenn dieser aus den Winterquartieren kommt, meint Nabu-Experte Martin Rümmler. "Das kleine Zeitfenster ist dann schon geschlossen, in dem er ein Ei in ein fremdes Nest schmuggeln hätte können."
    Grundsätzlich gebe es immer mehr Vögel, die auch im Winter in Deutschland bleiben. Ein Beispiel dafür sei der Weißstorch.

    Der Zugdrang ist immer noch da. Es gibt aber Individuen, die davon abweichen. Dadurch entsteht ein neues Zugverhalten.

    Martin Rümmler, Nabu

    Die Gründe dafür seien noch nicht genau erforscht.
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    Konkurrenz um Futter nimmt zu

    Auch der Zilpzalp könne zunehmend hierzulande überwintern, meinte Fiedler. Früher habe es alle paar Jahre Beobachtungen des Laubsängers im Winter gegeben, jetzt werde er in immer mehr Orten gesichtet. Klassische Überwinterer wie Blau- und Kohlmeise müssten sich dadurch das in der kalten Jahreszeit knappe Futter mit weiteren Arten teilen, sagte Nelson.
    Blaumeise
    Blaumeisen sind auch im Winter in vielen heimischen Gärten anzutreffen.
    Quelle: dpa

    Die Klimaerwärmung könne aber auch dazu führen, dass Singvögel wie Meisen und Amseln aus den skandinavischen Ländern nicht mehr als Wintergäste zu uns kommen, sondern im Norden bleiben, gab Rümmler zu bedenken. Dies ließen Beobachtungen bei Wasservögeln wie Enten und Blesshühnern vermuten, ergänzte Fiedler. "Es sieht so aus, als ob diese nicht mehr den weiten Weg aus dem Nordosten Europas zu den großen Seen im Alpenvorland machen."

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