Dodiks Spalt-Mission:Warum es in Bosnien und Herzegowina kriselt
von Wolf-Christian Ulrich
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Krise zwischen Republika-Srpska-Präsident Dodik und dem Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina: Dodik droht mit Abspaltung, Schmidt soll den Vielvölkerstaat retten.
In Bosnien spitzt sich die Krise zwischen dem Serbenführer Dodik und dem deutschen Bosnien-Beauftragten Schmidt zu.03.08.2023 | 2:05 min
Für die Presse in der Republika Srpska sieht es düster aus. Wer kritisch über die Regierung schreibt, wie Investigativ-Journalist Siniša Vukelić, muss seit neuestem mit Prozessen rechnen: Durch ein neues Gesetz nach Russlands Vorbild.
Investigativ-Journalist Vukelić selbst sagt dazu: "Das ist der Sargnagel für Journalismus und Meinungsfreiheit. (...) Es geht darum, kritische Berichte über die politischen und wirtschaftlichen Probleme hier in der Republika Srpska zu verhindern." Deshalb gehen sie jetzt auf die Straße.
Denn es gebe viel Kritisches zu berichten, vor allem über den Präsidenten des mehrheitlich von Serben bewohnten Landesteils, Milorad Dodik. Der lernte sein politisches Autokraten-Handwerk bei Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und bei Russlands Präsident Wladimir Putin. Inzwischen setzt er die Axt an die Einheit des Staates von Bosnien und Herzegowina.
Reporterin: Dodik will Republika Srpska abspalten
Dodik initiierte verfassungswidrige Gesetze im serbischen Landesteil, die: Eigentum des Gesamtstaats zum Eigentum des serbischen Landesteils erklären. Außerdem seien Entscheidungen des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina zu ignorieren und Entscheidungen des Hohen Repräsentanten auch. "Als nächstes gehen wir den Geheimdienst und die Staatsanwaltschaft an", kündigte Dodik jüngst im Regionalparlament an, als wäre dies das normalste von der Welt.
"Es ist eine absolut gefährliche Situation", sagt Adelheid Wölfl, die seit Jahren für die österreichische Tageszeitung Der Standard aus Sarajevo berichtet. "Dodik hat vor, die Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina abzuspalten und den Staat zu zerstören." Als "Salamitaktik" beschreibt der Historiker Jasmin Mujanovic das Vorgehen Dodiks im ZDF-Interview.
Hoher Repräsentant fordert Gegenmaßnahmen
Es fehlten wirksame Sanktionen. Der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, der gemäß des Dayton Friedensabkommens über Staat und Verfassung in Bosnien und Herzegowina wachen soll, hat Dodiks Pläne zwar kassiert und Strafen angedroht: "Ich meine, dass die Strategie von Herrn Dodik in der Tat Autonomie, Sezession und damit eine Zerstörung des Dayton Friedenvertrages mit in Kauf nehmen würde", so der Hohe Repräsentant Christian Schmidt.
Doch Dodik hat gelernt, sich gefährlich viel Freiraum zu erkämpfen, echte polizeiliche Durchsetzungskraft von Schmidt muss er vorerst nicht fürchten, erst recht nicht die schlecht funktionierende Justiz. Schmidt fordert dennoch wirksame Gegenmaßnahmen: Europa müsse Finanz-Zusagen an die Republika Srpska stoppen, solange Dodik nicht zu den Grundlagen einer verbindlichen Zusammenarbeit zurückfinde.
Dodik trifft Serbiens Präsidenten Vučić
Gemeinsame Sanktionen der EU werden jedoch derzeit etwa von Ungarns Ministerpräsident Orbán verhindert. Manche nennen Dodiks Salamitaktik der Destabilisierung von Bosnien und Herzegowina einen schleichenden Staatsstreich - andere geben ein besonderes Interesse von Dodik zu bedenken, so etwa der Westbalkan-Experte Florian Bieber:
Heute bekommt Dodik Besuch von Serbiens Präsident Vučić - der sein Land autokratisch regiert und immer dann auf serbischen Nationalismus setzt, wenn er politische Probleme hat. Beide wollen serbische Kriegsopfer ehren - ausgerechnet in Prijedor, wo serbische Kämpfer andererseits auch Bosnier und Kroaten gefoltert und ermordet hatten.
Bisher schafft es kein politischer Führer auf dem Westbalkan, ein gemeinsames, kritisches, von Versöhnung geleitetes Gedenken an die Kriege der 1990er Jahre zu organisieren, so Florian Bieber. Ein riesiges Problem für die Zukunft des Westbalkan. "Die Mentalität ist immer noch, dass man nur gegeneinander und nicht miteinander nach vorne kommt," konstatiert auch Christian Schmidt.
Der serbische Einfluss auf dem Westbalkan
Das Treffen beleuchtet außerdem Vučić' Politik eines starken und einflussreichen Serbiens auf dem Westbalkan: "Wenn wir die jüngsten Spannungen in Kosovo, Montenegro und Bosnien und Herzegowina betrachten, ist Vučić die Schlüsselfigur hinter den Kulissen," so Jasmin Mujanovic.
So geht es in Prijedor nicht um echtes Gedenken, sondern um Wahlkampf und Einfluss. Dodik und Vučić dürfte die schrittweise Destabilisierung nutzen: An einem starken Bosnien und Herzegowina haben beide kein Interesse.