Schulzes komplizierte Mission in Burkina Faso

    Werben um Afrika:Schulzes komplizierte Mission in Burkina Faso

    Ines Trams
    von Ines Trams, Ouagadougou
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    Als erste europäische Ministerin trifft Svenja Schulze (SPD) die Junta von Burkina Faso. Sie bietet Gespräche an, aber Russland schläft nicht.

    Entwicklungsministerin Schulze in Westafrika
    Die Bundesentwicklungsministerin möchte das Land vom Westen überzeugen. 06.03.2024 | 2:26 min
    Eine grüne Oase im sonst trocken-heißen Burkina Faso. Junge Männer und Frauen lernen hier ökologischen Ackerbau, Ressourcen nachhaltig zu nutzen, ohne die Böden auszulaugen. Gut fürs Land, gut für die Menschen, heißt es hier.
    Abdoul Razak Belemgnegre, der Leiter des Projekts berichtet, dass sie hier im Jahr rund 150 junge Leute ausbilden, damit sie sich dann selber helfen. Dieses Projekt sorge für Beschäftigung und zusätzlich für Ernährungssicherheit.
    Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) spricht bei einem Besuch der agrarökologischen Ausbildungsstätte Béo-Norée mit einer Mitarbeiterin, aufgenommen am 04.03.3024
    Bundesentwicklungsministerin Schulze bei einem Besuch der agrarökologischen Ausbildungsstätte
    Quelle: dpa

    Entwicklungsministerin Svenja Schulze ist gekommen und stapft über die lehmigen Felder. Projekte wie dieses sind ihr wichtig: Die Menschen vom Westen überzeugen, statt den Russen das Feld zu überlassen. "Das sind selbstbewusste Staaten, die suchen sich ihre Partner aus und da, wo wir nicht sind, sind sehr schnell andere - Russland, China…".
    Sich nach Europa ausdehnender Terrorismus, die Folgen des Klimawandels, Migration - alles Gründe für Schulze, warum diese Region auch für Deutschland von Interesse sein sollte. Das Gegenmittel: "Jobs, Bildung, soziale Sicherheit und ein handlungsfähiger Staat".

    Neue Freundschaft mit Russland

    Tatsächlich ist die neue Freundschaft zu Russland kaum zu übersehen. Russische Flaggen säumen die Straßen. Oftmals wehen die Flaggen im Quartett - die der drei Putsch-Staaten Burkina Faso, Mali und Niger und dazu die von Russland. Denn Burkina Faso wendet sich zusehends Russland zu und gegen die einstige Kolonialmacht Frankreich.
    Karte Burkina Faso
    Quelle: ZDF

    Erst recht seit dem letzten Putsch, bei dem der junge Hauptmann Ibrahim Traoré die Macht übernommen hat. Mit Mali und Niger ist man aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS ausgestiegen und hat ein eigenes Militärbündnis begründet. Russland hat in Burkina Faso nach 32 Jahren nun wieder eine Botschaft. Zu Beginn dieses Jahres sind erste russische Truppen in Burkina Faso angekommen.
    Moskau verspricht Unterstützung und Waffen im Kampf gegen den Terrorismus- und zwar ohne Bedingungen zu stellen. Auch der Bau eines Atomkraftwerks wurde gar schon in Aussicht gestellt. Lisa Tschörner, Sahel-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin erklärt, Burkina Faso sei wie die anderen Putsch-Staaten auf der Suche nach neuen Partnern.

    Und da bieten sich natürlich autoritäre Staaten wie Russland, aber auch wie Iran oder die Türkei an, weil sie eben keine politischen Konditionen an ihr Engagement und ihre Kooperation knüpfen, wie das bei westlichen Staaten meist der Fall ist, also indem zum Beispiel Menschenrechtsstandards eingefordert werden oder demokratische Prinzipien.

    Lisa Tschörner, Sahel-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin

    Schulze als erste westliche Ministerin bei der Junta

    Offensichtlich wird der Unterschied beim Treffen der deutschen Entwicklungsministein mit dem burkinischen Außenminister, Karamoko Jean Marie Traoré (nicht verwandt mit dem jungen Präsidenten). Als erste westliche Ministerin trifft Schulze ein Mitglied der Junta, die sich 2022 an die Macht geputscht hat. Schulze drängt auf den Übergang zu einem Rechtsstaat und baldige Wahlen, das macht sie nach dem Gespräch vor der Presse klar.
    Der Außenminister entgegnet, für seine Regierung habe zuvor der Kampf gegen den Terrorismus im Land Priorität, erst dann könne man Wahlen durchführen. Den Kampf gegen den Terror stellt er dar als einen Schritt hin zu Wahlen. Richtig ist, dass nur rund 50 Prozent des Landes unter staatlicher Kontrolle sind, in vielen Regionen haben dschihadistische Terrorgruppen das Sagen. Und doch wirkt seine Argumentation vorgeschoben.
    Schulze möchte Burkina Faso vom Westen überzeugen
    Da, wo sich westliche Staaten zurückzögen, gehe Russland rein, sagt Schulze im ZDF. Deutschland müsse zeigen, dass es der bessere Partner sei.06.03.2024 | 4:23 min
    Auf die Frage des ZDF, warum Russland ein so wichtiger Partner geworden sei, macht der Außenminister klar, als souveräner Staat wolle man keine Bedingungen akzeptieren:

    Es geht um Angebot und Nachfrage. Was passt zueinander? Russland ist ein Partner, der unsere Entscheidungen respektiert. Das russische Angebot entspricht unseren Bedürfnissen.

    Karamoko Jean Marie Traoré, Aussenminister von Burkina Faso

    Mit Putsch-Regierungen zusammenarbeiten?

    Für Schulze soll dieser Besuch keine Anerkennung der Militärregierung sein. Dennoch, so sagt sie, will sie den Dialog und sich weiter als Partner anbieten. Sie verweist auf die 28 Milliarden Dollar, mit denen die Geberländer der Sahel-Allianz, deren Vorsitzende Schulze derzeit ist, in der Region investiert sind. Dafür wolle man aber auch sehen, dass Länder wie Burkina Faso sich auf den Weg zur Demokratie machten.
    Lisa Tschörner von der SWP beschreibt diese Gradwanderung: "Deutschland und Europa haben sich eine wertegeleitete Außenpolitik auf die Fahne geschrieben. Und da steht natürlich jegliche Kooperation mit autoritären Systemen im Widerspruch zu. Andererseits gibt es eben Probleme oder Gründe, warum Deutschland und Europa sich auch weiterhin im Sahel engagieren wollen."
    Reporter Reza Pakravan sitzt mit einem Wanderrucksack auf einem Felsen inmitten einer ausgedehnten Felslandschaft.
    Reza Pakravan setzt seine Reise durch die Sahelzone fort. Von Mali geht es nach Burkina Faso, eines der gefährlichsten Länder der Welt. Es kommt vermehrt zu dschihadistischen Angriffen.12.01.2024 | 28:24 min

    Russland ist im Vorteil

    Länder wie Burkina Faso vom Westen als Partner zu überzeugen, ist auch deswegen schwierig, da Desinformation-Kampagnen, oftmals von russischer Seite befeuert, den Westen, insbesondere Frankreich als Sündenbock für alle Missstände im Land darstellen. Meinungs- und Pressefreiheit ist unter der Militärregierung stark eingeschränkt. Russland ist hier gegenüber Deutschland eine Nasenlänge voraus.

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