Volkskongress in China: Keine Nummer 2 neben Xi Jinping
Analyse
Volkskongress in China:Neben Xi ist kein Platz für eine Nummer 2
von Miriam Steimer, Peking
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Der Volkskongress in China endet. Einmal im Jahr nickt Chinas Schein-Parlament ab, was die Parteiführung längst entschieden hat. Drei Nachrichten, die dieses Jahr hängen bleiben.
Der Nationale Volkskongress in China ist das größte politische Ereignis des Landes.
Quelle: dpa
Es ist ein seltener Moment, dass die Füße von ausländischen Journalistinnen und Journalisten den Platz des Himmlischen Friedens in Peking betreten dürfen. Mit massiven Sicherheitsvorkehrungen ist er für Leute mit einem Journalisten-Visum im Pass seit einigen Jahren tabu. Doch zu den jährlichen sogenannten "Zwei Sitzungen" des Nationalen Volkskongresses (NVK) und eines Beratergremiums ist das in diesen Tagen für Medien-Vertreter - zum ersten Mal wieder ohne Corona-Beschränkungen - möglich.
Diese "Zwei Sitzungen" sind das größte politische Ereignis des Jahres in China. Der Volkskongress, das Schein-Parlament des Landes, kommt zusammen und billigt, was die kommunistische Parteiführung unter Xi Jinping bereits entschieden hat. Was bleibt hängen vom NVK?
In China ist der nationale Volkskongress zusammengekommen. Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten strebt die Regierung nach einem Wachstumsziel von rund 5 Prozent.05.03.2024 | 1:33 min
Für Nis Grünberg vom China-Institut Merics in Berlin ist das ein Zeichen dafür, dass die Kassen leer sind: "Provinzen und Städte sind hoch verschuldet. Da versucht man das finanzielle Risiko, das von den großen Finanzspritzen und Stimuli-Paketen nach der Finanzkrise dem Land noch bis heute nachhängt, zu umgehen." Stattdessen will Chinas Führung punktuell in neue Industrien, die grüne Wende und Digitales investieren.
Die chinesische Wirtschaft konnte im vergangenen Jahr ein Wachstum von 5,2 Prozent verzeichnen. Die Pandemiejahre ausgenommen ist das der schwächste Wert seit drei Jahrzehnten. 17.01.2024 | 1:33 min
Weniger Bedeutung für den Volkskongress
Den Ton für die Zusammenarbeit zwischen Parteiführung und Volkskongress hat Premierminister Li Qiang bei der Eröffnung gesetzt: "Die Autorität des Zentral-Komitees der Partei mit Genosse Xi Jinping im Mittelpunkt und seine zentralisierte und einheitliche Führung wurden entschieden gewahrt", sagte er im sogenannten Arbeitsbericht. "Für die Entscheidungen und Anordnungen des Zentral-Komitees waren wir gute Umsetzer, Akteure und Macher."
Also kurz: Die Parteispitze entscheidet, der Volkskongress führt diese Entscheidungen als loyaler Untergebener aus. Dieses Verhältnis wurde nun auch noch institutionell zementiert, durch die Änderung eines Organisationsgesetzes. Das Stimmenverhältnis der sorgfältig ausgewählten Delegierten: 2.883 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen, 9 Enthaltungen.
Die chinesische Wirtschaft hat sich nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht so gut erholt wie von der Regierung erhofft. 17.01.2024 | 3:37 min
Amt des Premierministers weiter geschwächt
Traditionell ist der Volkskongress eigentlich die Show des Premierministers, doch seine Rolle wird unter Staats- und Parteichef Xi Jinping immer kleiner.
Experte Nis Grünberg hält Premierminister Li Qiang für den "wahrscheinlich schwächsten Premierminister im Sinne von politischer Macht seit den 80er Jahren".
Die Abhängigkeit von China ist für Deutschland gefährlicher als die von russischem Gas und Öl. Wie erpressbar ist Deutschland im Falle eines Konfliktes? Und wie konnte es so weit kommen?23.11.2023 | 57:36 min
Ein weiteres Indiz dafür: Traditionell gab es zum Abschluss des Volkskongresses eine Pressekonferenz mit dem Premierminister. Die wurde in diesem Jahr - und auch gleich für die kommenden Jahre - abgesagt. Der durchgeplante, kontrollierte Austausch mit Journalistinnen und Journalisten war für den Premierminister bislang dennoch die Gelegenheit, etwas Persönliches oder eine politische Priorität preiszugeben.
Nach außen verschließt sich China mit der Absage dieser Pressekonferenz noch ein Stück weiter. Nach innen zeigt sie, dass die Rolle des Premierministers noch mehr geschwächt wird. Neben Xi Jinping soll kein anderer Kopf herausstechen, nicht mal eine Nummer Zwei.