Entscheidung um Assange-Auslieferung vertagt

    Anhörung vor Gericht in London:Entscheidung um Assange-Auslieferung vertagt

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    Das juristische Tauziehen um Julian Assange geht weiter. Die Entscheidung über die Auslieferung des Wikileaks-Gründers soll nun erst im März fallen.

     vehicle with a placard picturing WikiLeaks founder Julian Assange drives past the Royal Courts of Justice, Britain's High Court, in central London, on February 20, 2024, as the high court hears Julian Assange's lawyer making a final appeal against extradition to the US.
    In London ist Assanges Anhörung beendet. Wann die Richter entscheiden, ob der Wikileaks-Gründer gegen die Auslieferung an die USA noch juristisch vorgehen kann, ist noch unklar.22.02.2024 | 0:18 min
    Die von Protesten begleitete zweitägige Anhörung zur drohenden Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA ist in London zunächst ohne Entscheidung zu Ende gegangen.
    Die beiden Richter hörten die Argumente der Anwälte Assanges und Washingtons, entschieden sich dann gegen eine sofortige Entscheidung. Sie werden ihr Urteil voraussichtlich frühestens im März bekannt geben.
    Sollte Assanges Antrag auf Berufung am High Court nicht stattgegeben werden, wäre der Rechtsweg in Großbritannien ausgeschöpft. Ihm bliebe dann nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

    Anwalt rechnet nicht mit schneller Entscheidung

    Sören Schomburg, Assanges Anwalt in Deutschland, rechnete bereits zuvor nicht mit einer schnellen Entscheidung. Im ZDF-Morgenmagazin betonte er, dass sich die Positionen der beteiligten Parteien nicht verändert hätten - weder die der Verteidigung, noch die der US-Amerikaner, die auf die Auslieferung des Whistleblowers drängen.
    Sören Schomburg
    Werde die Berufung nicht zugelassen "wäre unsere letzte Chance der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte", so Sören Schomburg, Anwalt von Julian Assange in Deutschland.20.02.2024 | 4:34 min
    Und auch die des britischen Innenministeriums nicht, das der Auslieferung im April 2022 schon zugestimmt hatte. Bei einer Verurteilung in den Vereinigten Staaten drohen dem Australier bis zu 175 Jahre Haft.

    Anwälte: Niemand ist zu Schaden gekommen

    Washington wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.
    Assanges Anwälte argumentieren, dass niemand dadurch zu Schaden gekommen sei. Das habe auch der Prozess im Zusammenhang mit der Verurteilung Mannings bereits gezeigt, betonte Anwalt Sören Schomburg. "Die Entscheidung darüber ist meines Erachtens eigentlich schon einmal gefallen", sagte er. "Warum dann trotzdem dieses Mantra immer wiederholt wird, ist schleierhaft und gehört sicherlich in die Prozesstaktik im vorliegenden Fall."
     vehicle with a placard picturing WikiLeaks founder Julian Assange drives past the Royal Courts of Justice, Britain's High Court, in central London, on February 20, 2024, as the high court hears Julian Assange's lawyer making a final appeal against extradition to the US.
    Eine Anhörung in London soll klären, ob eine Auslieferung von Julian Assange an die USA noch zu verhindern ist. Dort drohen ihm bis zum 175 Jahre Haft20.02.2024 | 2:27 min

    Assanges Anwalt: Europa muss Stellung beziehen

    Für Schomburg hat der Prozess gegen Assange längst politische Dimensionen. Europa sei jetzt gefordert, klare Position für die Pressefreiheit zu beziehen, sagte er im ZDF.

    Es geht um die Presse- und Meinungsfreiheit. Es geht darum, wie klar und frei Journalisten auch in Europa berichten können, wenn sie über mögliches Fehlverhalten von Regierenden berichten, und es geht darum, ob diese Journalisten das Risiko eingehen, (...) ausgeliefert zu werden.

    Sören Schomburg, Anwalt von Julian Assange

    Der Anwalt verwies in diesem Zusammenhang auf die große Unterstützung staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen. Zuletzt hätten 75 Abgeordnete des Deutschen Bundestages Assanges Freilassung beantragt. "Da ist die politische Dimension sehr klar."

    Journalisten für Freilassung

    Unterstützer sehen in Assange einen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte und an dem nun ein Exempel statuiert werden solle. Die Strafverfolgung gegen ihn halten sie für einen Angriff auf die Pressefreiheit.
    Für Assanges Freilassung setzen sich weltweit Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände ein. Die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Tina Groll, meint: Die britische Justiz könnte mit einer Absage an das Auslieferungsersuchen der USA ein "unmissverständliches Signal für demokratische Grundwerte" setzen.

    Wikileaks hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Weltöffentlichkeit die schmutzige Seite der US-Kriegseinsätze erfuhr.

    Mika Beuster, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands

    Auch Assange hofft auf politische Lösung

    Assange sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen.
    Anwalt Schomburg, der Assange nach eigenen Angaben Anfang Februar zuletzt gesehen hat, betonte, dass sich dieser in schlechtem Zustand befinde.

    Es geht ihm schlecht. Denn nach fünf Jahren in einem der berüchtigtsten Gefängnisse von Großbritannien, mit der Unsicherheit darüber, was als Nächstes mit ihm passieren wird und wann es wirklich weitergeht, ist das (...) nicht überraschend.

    Sören Schomburg, Anwalt von Julian Assange

    Neben einem Erfolg im juristischen Tauziehen erhofft sich Assange eine politische Lösung. Die australische Regierung setzt sich inzwischen für die Freilassung ihres Staatsbürgers ein.
    Digitale Dissidenten
    Staatliche Überwachung und Zensur: Das Internet ist zum Kampfplatz um die Wahrheit geworden. Mutig lehnen sich digitale Rebellen auf gegen die Mächtigen in autokratischen Staaten.22.06.2022 | 28:20 min
    Quelle: ZDF, dpa, AFP, AP

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