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Auf der Suche nach Kandidaten:Wer wird neuer Staatspräsident in Polen?
von Milena Drzewiecka
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In Polen fragen sich Donald Tusk und Jaroslaw Kaczynski, wer ihr Präsidentschaftskandidat sein kann. Der Kampf um den Präsidentenpalast ist ein Kampf um die Zukunft des Landes.
In Polen wird 2025 ein neuer Präsident gewählt. Welche Kandidaten die PiS Partei stellt und wer der Nachfolger von Andrzej Duda werden könnte.
Quelle: epa
Tusk und Kaczynski sind bekannte polnische Politiker, aber keiner von beiden ist das polnische Staatsoberhaupt. Das ist Andrzej Duda. Er wird 2025 seine Amtszeit als Staatspräsident beenden. Die Frage, wer danach kommt, beschäftigt Polen - gerade nach Donald Trumps Sieg in den USA.
Kandidat der PiS: Eine Frau kommt nicht infrage
"Jung, groß, imposant und gut aussehend": Das ist keine Profilbeschreibung auf Tinder, es ist wortwörtlich der Wunsch von PiS-Chefs Jaroslaw Kaczynski, wie der Kandidat seiner Partei sein soll. Bloß keine Frau: In Zeiten des Kriegs in der Ukraine kommt das für die national-konservative PiS gar nicht infrage - oder besser gesagt, für ihre Wähler.
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Jaroslaw Kaczynski wird nicht kandidieren
Der PiS-Kandidat sollte demnach eine Familie haben und Fremdsprachen beherrschen. Aber die Suche nach dem richtigen Kandidaten ist nicht einfach. Kaczynski selbst hat weder Lust noch Potenzial zu gewinnen. 2010 hat er als Präsidentschaftskandidat versagt.
2015 hatte die PiS auf einen jungen und damals unbekannten EU-Abgeordneten namens Andrzej Duda gesetzt und überraschend gewonnen. Ist ein Sieg mit dem gleichen Manöver noch einmal möglich?
Duda gewann 2015 und 2020. Das Staatsoberhaupt darf offiziell zu keiner Partei gehören, aber Duda bleibt seiner Mutter-Partei PiS treu. Er unterstützte den Umbau der Gerichte etwa, finalisierte per Unterschrift zumeist die Gesetze der Nationalkonservativen, was ihm den Spitznamen "Kaczynskis Kugelschreiber" einbrachte.
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Regierung von Donald Tusk hadert mit Andrzej Duda
Was Kaczynski sehr gefallen hat, passt der seit 2023 neuen Tusk-Regierung gar nicht. Duda hat als Staatspräsident ein Vetorecht und kann jedes Gesetz der liberalkonservativen Regierung ablehnen. So hat er zum Beispiel den rezeptfreien Zugang zur Pille danach verhindert. Solange er im Amt ist, kommt die Liberalisierung des Abtreibungsrechtes nicht infrage.
Auch außenpolitisch wäre Tusk ein vertrauter Partner an seiner Seite lieber. Für ihn ist Duda "ein Präsident einer politischen Partei und nicht des polnischen Volkes".
Duda ist Fan von Donald Trump
Und: Duda ist ein echter Trump-Fan. Die PiS würde sich so einen Sieg wie den von Trump in den USA sehr wünschen. Es fehlt nur ein Kandidat. Soll es der ehemalige Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak oder der EU-Abgeordnete Tobiasz Bocheński sein oder doch der Leiter des Instituts für Nationales Gedenken, Karol Nawrocki, sein?
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Zwei liberale Kandidaten in Polen
Auf der liberalen Seite ist es umgekehrt. Hier stehen bereits zwei bekannte Gesichter in den Startlöchern: der Bürgermeister Warschaus, Rafal Trzaskowski, und Außenminister Radoslaw Sikorski. Der erste ist in den Großstädten beliebt und weiß, wie Wahlkampf geht. 2020 hat er gegen Duda fast gewonnen. Er steht für LGBTQ-Rechte, ließ Kruzifixe in den Warschauer Amtsstuben abhängen.
Der zweite könnte in der Provinz punkten, denn er war mal Verteidigungsminister, und zwar in einem PiS-Kabinett. Er hatte das Lager gewechselt. Sikorski war schon einmal Chefdiplomat in Polen (2007 bis 2014), ist im Ausland gut bekannt und vernetzt, in Kriegszeiten in der Ukraine scheint er kompetenter. Gleichzeitig weckt er in der Bevölkerung weniger Sympathie als Trzaskowski.
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Entscheidung am Wochenende
An diesem Wochenende soll klar sein, wer kandidieren wird. Und wie unterschiedlich Tusk und Kaczynski auch sein mögen, in beiden Fällen sind sie es, die entscheiden, wer ins Rennen geht: Zwei Männer, die die polnische Politik seit fast 20 Jahren gestalten.
Quelle: ZDF
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