Studie: Kein "Pull-Effekt" durch Seenotrettung im Mittelmeer

    Studie zu Mittelmeer-Migration:Kein "Pull-Effekt" durch Seenotrettung

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    Laut einer neuen Studie setzen Seenotrettungen keine neuen Anreize für Migranten, das Mittelmeer zu überqueren. Die Erkennntnisse widerlegen Argumente von Populisten.

    Migranten aus Eritrea, Libyen und dem Sudan sitzen in einem Holzboot, bevor sie von Helfern der spanischen Nichtregierungsorganisation Open Arms im Mittelmeer.
    Rettungsaktionen führen laut Forschern nicht dazu, dass mehr Menschen über die gefährliche Mittelmeerroute nach Europa kommen.
    Quelle: dpa

    Die Seenotrettung im zentralen Mittelmeer hat laut einer neuen Studie keinen Einfluss auf die Zahl der Überquerungsversuche von Migranten. Ein internationales Forschungsteam um Alejandra Rodriguez Sanchez von der Universität Potsdam veröffentlichte entsprechende Ergebnisse im Journal "Scientific Reports". Die Auswertung entstand im Rahmen eines Projekts am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung.
    "Es gibt keine Verbindung zwischen lebensrettenden Aktionen im Meer und der Zahl der Migranten", sagte Julian Wucherpfenning von der Berliner Hertie School, einer der Ko-Autoren der Studie. Ramona Rischke vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung bekräftigte:

    Rettungsaktionen retten vor allem Leben, aber sie ziehen keine zusätzlichen Migranten an.

    Ramona Rischke, Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung

    Die Besatzung der "Ocean Viking" rettete im Mai 168 Migranten aus dem Mittelmeer:

    Faktoren für den Aufbruch von Migranten

    Die Wissenschaftler analysierten Daten aus der Zeit von 2011 bis 2020 von der EU-Grenzschutzagentur Frontex, der libyschen und tunesischen Küstenwache, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und einer Nichtregierungsorganisation, die die Identität von Migranten ermittelt, die im Mittelmeer sterben. Aus diesen Daten entwickelten sie ein Modell, um die Faktoren für den Aufbruch von Migranten zu ermitteln. Das Ausmaß der Rettungsaktionen im Mittelmeer spielt der Studie zufolge dabei keine Rolle.
    Damit widerlegt die Studie ein Argument von Politikern wie der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die in Rettungsaktionen einen zusätzlichen Beweggrund für potenzielle Migranten sieht. Bedeutende Faktoren seien indes die Intensität von Konflikten, Rohstoffpreise, Naturkatastrophen, Wetterbedingungen, Währungsschwankungen und der Luftverkehr zwischen Nordafrika, Nahost und der EU.

    Tausende sterben auf Mittelmeerroute

    Die Route von Nordafrika über das Mittelmeer gilt als die weltweit gefährlichste. Seit 2014 haben nach Angaben der IOM mehr als 20.000 Migranten im Mittelmeer ihr Leben verloren oder werden als vermisst gemeldet. Die meisten von ihnen ertranken.
    Quelle: KNA, AFP

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