Schnellere Verfahren gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst

    Kabinett für neues Gesetz:Hebel gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Bundesbeamte, die gegen den Staat sind, will Bundesinnenministerin Faeser schneller loswerden. Das Kabinett hat ein Gesetz beschlossen, das Disziplinarverfahren beschleunigen soll.

    Einsatzkräfte der Bundespolizei
    0,2 Prozent der 190.000 Beamtinnen und Beamten des Bundes werden nach Angaben des Bundesinnenministeriums auffällig.
    Quelle: dpa

    Eine Richterin, die der Reichsbürgerszene angehört. Ein Polizist, der illegale, weil nicht angemeldete Sparziergänge gegen die Corona-Maßnahmen organisiert. Ein Richter oder Lehrer, die als Mitglieder der AfD einer Partei angehören, die ein Landesverfassungsgericht für "erwiesenermaßen rechtsextrem" hält. All diese Leute sind bislang nur schwer aus dem Beamtenverhältnis zu drängen. Oder auch gar nicht.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) möchte Beamtinnen und Beamten nun leichter aus dem Staatsdienst entfernen können, wenn sie sich offen gegen die Verfassung stellen. Dazu hat das Kabinett am heutigen Mittwoch einen Gesetzentwurf verabschiedet, der nun noch weiter im Bundestag beraten werden muss.

    Wir lassen nicht zu, dass unser demokratischer Rechtsstaat von innen heraus von Extremisten sabotiert wird.

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)

    Das geplante Gesetz gilt allerdings nur für die 190.000 Bundesbeamtinnen und -beamte. Die Länder haben für ihre Polizisten und Lehrer eigene Regelungen.

    Volksverhetzung soll in Liste der Straftaten

    Der Hebel, um Verfassungsfeinde aus dem Dienst zu entfernen, klingt sperrig, könnte aber wirksam sein. Derzeit braucht es dafür ein meistens längeres Verfahren: Die jeweilige Aufsichtsbehörde muss eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen, um das Gehalt zurückzustufen und jemanden ganz aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
    Durch eine Änderung des Gesetzes soll zuerst die Aufsichtsbehörde die Disziplinarmaßnahmen selbst verfügen können. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, kann im Nachhinein vor dem Verwaltungsgericht klagen.
    In Baden-Württemberg wird das bereits seit zehn Jahren so gehandhabt. Alle Disziplinarmaßnahmen werden durch eine Verwaltungsverfügung angeordnet Das Bundesverfassungsgericht hatte das Verfahren bereits als verfassungskonform bestätigt.
    Und noch etwas soll sich nach dem Willen des Bundesinnenministeriums zufolge ändern: Beamtinnen und Beamte müssen ihre Bezüge zurückzahlen, wenn die Aberkennung ihres Status in Kraft tritt. Bislang war es attraktiv, das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hinauszuzögern. Denn erst ab dem endgültigen Urteil stoppten die Zahlung.
    Auch der Tatbestand der Volksverhetzung soll in die Liste der Straftaten aufgenommen werden.

    Radikale Staatsdiener
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    Bei den Reichsbürger-Razzien wurde auch eine Ex-AfD-Abgeordnete und Richterin festgenommen. Welche Möglichkeiten hat die Justiz, um gegen radikale Bedienstete vorzugehen?
    von Charlotte Greipl
    Birgit Malsack-Winkemann am 13.10.2022 in Berlin

    Polizei-Gewerkschaft: Entwurf "schürt Angst"

    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt Faesers Gesetz ab.  Die Kritik: Es bringe "keine Geschwindigkeit" bei der Entfernung von Extremisten aus dem Beamtenstatus, sagt GdP-Bundesvorsitzender Jochen Kopelke dem ZDF. Es würden nur neue Zuständigkeiten geregelt. "Es schürt Angst", wenn Vorgesetzte Disziplinarmaßnahmen verhängen dürfen. Kopelke schlägt vor, die Geschwindigkeit der Verfahren durch Fristen und mehr Personal in den Verwaltungsgerichten zu erreichen.

    Der gesamte Gesetzesentwurf ist überhaupt nicht geeignet dem guten Ziel, nämlich keine Extremisten in Sicherheitsbehörden, gerecht zu werden.

    Jochen Kopelke, Gewerkschaft der Polizei

    Kopelke hofft nun auf den Bundestag, „um hier deutlich nachzubessern“.

    Ziel: "Integrität des Öffentlichen Dienstes"

    Laut Gesetzentwurf, der dem ZDF vorliegt, wurden 2021 in der Bundesverwaltung 373 Disziplinarmaßnahmen verhängt. Das entsprach 0,2 Prozent der beim Bund arbeitenden Beamtinnen und Beamten. Zumeist handelte es sich nicht um "schwere Dienstvergehen", so dass es einen Vergab gab oder eine Geldstrafe verhängt wurde.
    Aber, so heißt es im Gesetzentwurf: "Jedes Dienstvergehen beeinträchtigt das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung." Zudem hatte sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, Verfassungsfeinde schneller aus dem Dienst zu entfernen, um, wie es dort heißt, die "Integrität des Öffentlichen Dienstes sicherzustellen".
    Ein Mann trägt einen Pullover mit dem Aufdruck auf der Rückseite  «Deutsches Reich» bei einer Demonstration von Reichsbürgern.
    "Reichsbürger" lehnen die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen ab. Der Verfassungsschutz rechnet mit rund 21 000 Anhängern. Einige von ihnen haben sich radikalisiert.07.12.2022 | 2:28 min

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