Kämpfe im Sudan:Evakuierungseinsatz der Bundeswehr beendet
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Der vorerst letzte Evakuierungsflug der Bundeswehr aus dem Sudan ist abgeschlossen. Die vereinbarte Waffenruhe soll bröckeln, Kämpfe dauerten Berichten zufolge an.
Niedersachsen, Wunstorf: Ein Transportflugzeug vom Typ Airbus A400M der Luftwaffe befindet sich im Landeanflug auf den Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover.
Quelle: dpa
Die Bundeswehr hat den Evakuierungseinsatz deutscher Soldaten im Sudan nach sechsten Flug der Luftwaffe beendet. Wie das Einsatzführungskommando bei Berlin am Dienstagabend im Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte, landete eine A400M mit rund 120 Menschen an Bord in Jordanien. Die anschließende Weiterreise nach Deutschland werde vorbereitet.
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Das Verteidigungsministerium und das Auswärtige Amt in Berlin hatten vor der letzten Mission mitgeteilt:
Die Bundeswehr hatte zuvor bereits rund 500 Menschen aus 30 Staaten aus dem umkämpften Land ausgeflogen, mehr als ein Drittel davon Deutsche. Darüber hinaus ist es trotz einer seit Mitternacht geltenden Waffenruhe in der Hauptstadtregion des Sudans laut Medienberichten erneut zu Luftangriffen gekommen.
Rückverlegung der Einsatzkräfte
Für Freitag war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bereits ein Appell zur Rückkehr der Einsatzkräfte auf dem Fliegerhorst Wunstorf in Niedersachsen geplant. Beide Ministerien kündigten eine Rückverlegung der rund 1.000 eingesetzten Männer und Frauen in den kommenden Tagen an.
Im Sudan verbliebene Deutsche, die bisher nicht zum Flughafen kommen konnten, werden auch in den nächsten Tagen von internationalen Partnern bei deren Evakuierungsflügen mitgenommen, teilten die Ministerien mit. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte vor der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin zu dem Evakuierungseinsatz:
Bundesregierung: Zusatzausgaben in Höhe von 22,4 Millionen Euro
Für den Einsatz der Bundeswehr im Sudan veranschlagt die Bundesregierung Zusatzausgaben in Höhe von 22,4 Millionen Euro. Mit einem Mandatstext, dem das Kabinett wegen der Eilbedürftigkeit im Umlaufverfahren zugestimmt hat, sollen die Streitkräfte formal noch eine Rechtsgrundlage für die Fortsetzung der Rettungsmission bis Ende Mai erhalten.
Die Bundeswehr soll dafür bis zu 1.600 Männer und Frauen einsetzen können, aber zeitlich befristet oder in Notsituationen auch mehr, heißt es in dem Beschluss, der der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vorlag. Der Bundestag soll noch in dieser Woche über das Mandat entscheiden, das im Notfall auch nachträglich erteilt werden kann.
Bereits Hunderte Tote und etliche Verletzte
Die Bundesregierung begründete den Einsatz mit den Kampfhandlungen zwischen den regulären sudanesischen Streitkräften und den Milizkräften der sogenannten Rapid Support Forces im Sudan. Der Konflikt habe mehrere Hundert Tote und mehrere Tausend Verletzte gefordert, darunter zahlreiche Zivilisten.
"Die anhaltende Gewalteskalation in weiten Landesteilen sowie in der Hauptstadt Khartum machen ein Eingreifen von Kräften der Bundeswehr erforderlich mit dem Ziel, Leib und Leben deutscher Staatsangehöriger und weiterer berechtigter Personen sowie im Rahmen verfügbarer Kapazitäten von Staatsangehörigen von Drittstaaten zu schützen", heißt es weiter.
Die sudanesische Armee und die RSF-Miliz
Das Forschungsinstitut IISS schätzt die Stärke der Armee auf 100.000 und die der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF) auf 40.000 Mann. Andere Experten gehen von 100.000 Paramilitärs aus, halten jedoch die Armee ebenfalls für zahlenmäßig stärker. Bei den Kämpfen zeichnet sich bislang noch keine Überlegenheit einer der beiden Seiten ab.
Der Konflikt entzündete sich am Streit darüber, wie die Miliz in die regulären Truppen integriert werden soll. Armeechef Al-Burhan wollte die Eingliederung binnen zwei Jahren abschließen und den Paramilitärs die Rekrutierungskriterien der Armee auferlegen. Milizenchef Daglo forderte zehn Jahre Zeit für die Integration und dass seine Leute ihre Ränge behalten. Der RSF-Miliz gehören tausende Kämpfer an, die an Kriegsverbrechen in Darfur unter der Herrschaft von Ex-Diktator Omar al-Baschir beteiligt gewesen sein sollen.
Der Konflikt entzündete sich am Streit darüber, wie die Miliz in die regulären Truppen integriert werden soll. Armeechef Al-Burhan wollte die Eingliederung binnen zwei Jahren abschließen und den Paramilitärs die Rekrutierungskriterien der Armee auferlegen. Milizenchef Daglo forderte zehn Jahre Zeit für die Integration und dass seine Leute ihre Ränge behalten. Der RSF-Miliz gehören tausende Kämpfer an, die an Kriegsverbrechen in Darfur unter der Herrschaft von Ex-Diktator Omar al-Baschir beteiligt gewesen sein sollen.
Bisher kämpften die beiden Truppen gemeinsam gegen Aufständische in entlegenen Provinzen. Jetzt bekriegen sie sich auf dem für sie unbekannten Terrain der Hauptstadt Khartum gegenseitig. "Weder die Armee noch die RSF haben einen großen Anreiz, sich zurückzuziehen", sagt Aly Verjee von der afrikanischen Organisation Rift Valley Institute.
Die Paramilitärs wollten den Konflikt in die Länge ziehen, um so den Vorteil der Armee durch ihre Luftwaffe zunichte zu machen, meint Verjee. Die Armee versuche mit ihren Kampfflugzeugen, die Miliz schnellstmöglich zu schwächen.
Die Paramilitärs wollten den Konflikt in die Länge ziehen, um so den Vorteil der Armee durch ihre Luftwaffe zunichte zu machen, meint Verjee. Die Armee versuche mit ihren Kampfflugzeugen, die Miliz schnellstmöglich zu schwächen.
Die US-Menschenrechtsanwältin Jehanne Henry, die den Sudan seit Jahren beobachtet, beschreibt mehrere düstere Szenarien: Wenn die Armee gewinnt, "werden Al-Burhan und seine Kumpanen die Islamisten des alten Regimes wieder einsetzen" und den internationalen Druck ignorieren, wie sie es während des jahrzehntelangen internationalen Embargos gegen Al-Baschirs Herrschaft getan hätten. Bestenfalls würden sie einige verbündete Zivilisten ernennen, um den Schein zu wahren, sagt Henry.
Einen Sieg der Paramilitärs hält die Juristin für weniger wahrscheinlich. Die Miliz "könnte den Konflikt in die Länge ziehen, indem sie sich mit anderen bewaffneten Gruppen in entfernten Provinzen verbündet".
Einen Sieg der Paramilitärs hält die Juristin für weniger wahrscheinlich. Die Miliz "könnte den Konflikt in die Länge ziehen, indem sie sich mit anderen bewaffneten Gruppen in entfernten Provinzen verbündet".
Im Norden "unterstützt Ägypten, das gerne Kolonialmacht wäre, die Armee", sagt Henry. Kairo gehe es vor allem um das Nilwasser. Im Süden verfolge Äthiopien "eigene Interessen, auch als Gegengewicht zu Ägypten" - auch hier geht es um das Nilwasser - und könnte sich deshalb auf die Seite der RSF-Miliz stellen, sagt sie.
Die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen - möglicherweise auch mit Waffen - die Paramilitärs, da diese für die von Saudi-Arabien angeführte Koalition im Jemen kämpften. Über die Wüsten des Tschads und Libyens, die an Daglos Hochburg Darfur grenzen, könnten Munition und Söldner zur RSF gelangen.
Das Forschungszentrum International Crisis Group befürchtet, dass sich der Konflikt auf die Nachbarländer ausweitet, weil "ethnische Gruppen, deren Heimat über die Grenzen des Sudan hinausgeht, betroffen sein könnten".
Quelle: AFP
Die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen - möglicherweise auch mit Waffen - die Paramilitärs, da diese für die von Saudi-Arabien angeführte Koalition im Jemen kämpften. Über die Wüsten des Tschads und Libyens, die an Daglos Hochburg Darfur grenzen, könnten Munition und Söldner zur RSF gelangen.
Das Forschungszentrum International Crisis Group befürchtet, dass sich der Konflikt auf die Nachbarländer ausweitet, weil "ethnische Gruppen, deren Heimat über die Grenzen des Sudan hinausgeht, betroffen sein könnten".
Quelle: AFP
Kämpfe im Sudan trotz angekündigter Feuerpause
Der UN-Sicherheitsrat will außerdem erneut über die Lage im Land beraten. Trotz einer versprochenen Waffenruhe dauern die Kämpfe im Sudan weiter an. Die vereinbarte 72-stündige Feuerpause werde nicht komplett eingehalten, berichtete der britische Sender BBC unter Berufung auf Augenzeugen.
Auf den Straßen der Hauptstadt Khartum sei es nach wie vor äußerst gefährlich. Der arabische Sender Al-Dschasira meldete Gefechte mit schwerem Geschütz. Auch in anderen Landesteilen wurde lokalen Medien zufolge weitergekämpft.
Quelle: dpa, epd
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