Cannabis-Legalisierung? Nichts Genaues weiß man nicht

    Ampel plant Cannabis-Gesetz:Bubatz legal? Nichts Genaues weiß man nicht

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Bubatz, also Cannabis, wird legal. Allerdings nicht für alle, nicht überall, nicht sofort. Die Koalition ist sich sicher: Alles wird besser. Bis auf die FDP, denn die war nicht da.

    Besitz und Kauf von Cannabis sollen in Deutschland noch in diesem Jahr in Grenzen legal sein. Die Ampel-Koalition hat heute ihre neuen Pläne für ein Gesetz dazu vorgestellt.
    Besitz und Kauf von Cannabis sollen in Deutschland noch in diesem Jahr in Grenzen legal sein. Die Ampel-Koalition hat heute ihre neuen Pläne für ein Gesetz dazu vorgestellt. 12.04.2023 | 1:53 min
    Legendär die Reaktion des Bundeskanzlers im ARD-Interview des vorigen Sommers, als er gefragt wird, wann Bubatz legal werde: "Mmmh?" Bubatz ah, dann hat er es: Die Vorbereitungen seien "im Gange", so Olaf Scholz. Jetzt, fast anderthalb Jahre seit der Festlegung der Ampel in ihrem Koalitionsvertrag, wird der Joint, die Cannabis-Zigarette, Bubatz also, legal. Allerdings weder überall noch für alle. Und schon gar nicht sofort. Und wie genau ist auch noch offen.
    Trotzdem sind zumindest zwei Minister der Ampel-Koalition sehr zufrieden.

    Kein Cannabis-Blatt dazwischen: Özdemir und Lauterbach einig

    Bei der Vorstellung ihrer Pläne am Mittwochmittag bemühen sich alle um Höflichkeit. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) dankt "meinem Kollegen Professor Doktor Karl Lauterbach", also dem Bundesgesundheitsminister. Der wiederum dankt der ganzen Bundesregierung und den fünf Ministerien, die in den Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis involviert waren.
    Zu sehen ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Vordergrund; im Hintergrund sind Hanfpflanzen zu sehen.
    Bundesgesundheitsminister Lauterbach stellt seine neuen Pläne zur Cannabis-Legalisierung vor. ZDFheute live zeigt die Pressekonferenz und ordnet ein. 12.04.2023 | 71:35 min
    Demonstrativ rutschen Özdemir und Lauterbach immer wieder so nah zusammen, bis auch alle Fotografen das Bild haben. Noch nicht einmal ein Cannabis-Blatt passt zwischen sie, sollte das vermutlich demonstrieren.
    Denn Gegenwind gegen ihre Pläne wird kommen, das ist jetzt schon klar. Zwei Gesetze sollen es werden, die ohne den Bundesrat verabschiedet werden sollen. Also ohne, dass die schärfsten Kritiker aus der Union und aus Bayern das Ganze blockieren oder weichspülen können. Özdemir ist überzeugt: Ihre Gesetze werden "die Situation grundlegend ändern":

    Das macht Sinn, was wir hier machen.

    Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne)

    Laut Lauterbach werde eine jahrzehntelange gescheiterte Cannabis-Politik nun geändert:

    Wir beenden eine Vogel-Strauß-Politik.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

    Stetig steige die Beschaffungskriminalität, was auch eine Verschärfung des Strafrechts nicht geändert habe, sagt Lauterbach. Stetig nähmen zudem die toxischen Beimischungen zu. Von ihren Gesetzen versprechen sich die Minister dagegen: mehr Sicherheit, weniger Verunreinigungen, ein Zurückdrängen des Schwarzmarktes und mehr Jugendschutz.
    Gersundheitspolitiker Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen) im Gespräch mit ZDF-Mima-Moderator Daniel Pontzen
    Nach Ansicht des grünen Gesundheitspolitikers Janosch Dahmen stellt der neue Entwurf zur Legalisierung Jugend- und Gesundheitsschutz in den Vordergrund.12.04.2023 | 6:26 min

    Clubs, Eigenanbau und irgendwann vielleicht mehr

    Geplant ist eine Legalisierung grob in zwei Schritten. Bis Ende April soll ein Gesetz vorliegen, das vorsieht:
    • Es dürfen sich nicht-kommerzielle Cannabis-Clubs gründen, die wie ein Verein organisiert werden und eine maximale Anzahl von Mitgliedern haben dürfen. Die Rede ist von 500. Was genau darin passieren soll, ist aber offen: Bekommt man dort nur Cannabis, wie Lauterbach es möchte, oder kann man im Club auch gemeinsam einen Joint rauchen, wie Özdemir es gut fände? Das muss im Gesetzesverfahren noch festgelegt werden.
    • Die Clubs dürfen Samen und Setzlinge der Cannabispflanze an Mitglieder abgeben. Mehrfache Vereinszugehörigkeit ist verboten.
    • Jedes Vereinsmitglied soll maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat bekommen. Die Weitergabe an Dritte ist verboten.
    • Kinder und Jugendliche haben keinen Zutritt zu den Clubs. Sie dürfen nicht in der Nähe von Kitas oder Schulen eröffnen.
    • Der Eigenanbau zuhause wird erlaubt, aber nur mit drei weiblichen Pflanzen. Kinder und Jugendliche dürfen keinen Zugang dazu haben.
    • Jugendliche, die trotzdem Cannabis konsumieren und erwischt werden, müssen an Präventionsprogrammen teilnehmen.

    Nachrichten | Panorama
    :Wie Cannabis im Körper wirkt

    Cannabis soll teilweise legalisiert werden. Entdecken Sie am 3D-Modell, was in der Pflanze steckt und wie sie im Körper wirkt.
    Die Illustration zeigt ein Cannabis-Blatt und die Silhouette eines Menschen
    In einem zweiten Schritt will die Bundesregierung Modellregionen einführen, in denen Cannabis gekauft werden kann. Dann soll auch eine Steuer anfallen. Ein Gesetz soll, so Lauterbach, bis Ende der parlamentarischen Sommerpause vorliegen. Doch auch dabei ist noch vieles offen:
    • Regionale Modellprojekte werden festgelegt, in denen Cannabis abgegeben werden und eine kommerzielle Lieferkette aufgebaut wird. Die Region kann zum Beispiel eine Kommune sein, so genau weiß man das aber noch nicht. Auch nicht wie viele es dort geben soll und ob dafür beispielsweise Hanf importiert werden muss.
    • Die Modellregionen sind ein Zugeständnis an die EU. Das erste Eckpunktepapier mit bundesweiter Legalisierung hätten internationalem Recht widersprochen. Jetzt will man die Regionen fünf Jahre lang wissenschaftlich begleiten und so für ganz Europa eine Grundlage haben.
    • Erst nach der fünfjährigen Pilotphase soll entschieden werden, ob Cannabis in Fachgeschäften oder Apotheken verkauft wird.

    Özdemir: Schwarzmarkt wird sich schwarz ärgern

    Lauterbach und Özdemir versprechen sich von der legalen Abgabe von Cannabis, den Dealern ins Handwerk zu pfuschen. "Der Schwarzmarkt wird sich schwarzärgern", glaubt Özdemir. Wenn man Cannabis in den Clubs bekomme und anbauen dürfe, brauche es ja keinen Schwarzmarkt mehr. Es gebe eine "attraktive Alternative".
    Außerdem würden Kinder und Jugendliche künftig besser geschützt: "Am Görli", am Görlitzer Park in Berlin, einem der bekanntesten Umschlagplätze, verlange schließlich niemand beim Verkauf den Ausweis, so Özdemir.
    Und noch einen Effekt soll es geben: Die Polizei soll sich weniger um Beschaffungskriminalität kümmern müssen. Wie die Clubs allerdings kontrolliert werden sollen, ist noch nicht so richtig klar. Auch noch nicht, was genau aus dem Strafenkatalog wird, wonach Cannabiskonsum im Straßenverkehr geahndet wird. Klar ist laut Lauterbach nur: "Es wird eine Amnestie geben."

    Und die FDP? Nicht da oder im Urlaub

    Ob das Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP auch so sieht, weiß man leider nicht. Die FDP war bei der Präsentation der Pläne gar nicht dabei. Wissing nicht, Bundesjustizminister Marco Buschmann, auch FDP, ist zurzeit im Urlaub. Ob man nicht warten konnte, das Ampel-Projekt zu präsentieren? "Wir wollten raus damit", sagt Özdemir. Heißen solle das aber nichts: "Es gibt keinen Streit in der Koalition, es gibt keinen Streit in den Fraktionen."
    So richtig viel steht ja auch noch nicht fest. Außer, dass die Festlegung im Koalitionsvertrag nicht umgesetzt wird: "Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein."

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