Ballons: Chinas Programm zur Eroberung des Himmels
Im Auftrag von Xi Jinping:Ballons: Chinas Eroberung des Himmels
von Elisabeth Schmidt
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Vor kurzem haben mutmaßliche chinesische Spionageballons Schlagzeilen gemacht. Sie sind Teil des Ballon-Programms von Machthaber Xi Jinping. Und es werden wohl mehr.
Bald auch über Europa? Ein Höhenballon schwebt über Billings im US-Bundesstaat Montana.
Quelle: dpa
Die Hülle ist silber-glänzend, der Ballon reicht hinauf bis zur Decke des Hangars auf dem Flughafen von Xilingole City, China. Das Luftschiff mit dem Namen "Wahrgewordener Traum" steht vor seinem Jungfernflug. Der Ballon könne laut dem Hersteller Beijing Nanjiang Technology bis zu sechs Monate lang in der Luft bleiben.
"Er kann ein Gebiet mit einem Radius von 500 Kilometern abdecken", erzählt Geschäftsführer Zhu Ming stolz. "Wenn wir auf einer solchen Plattform Kommunikations- oder Beobachtungs- oder Aufklärungsausrüstung mitführen, kann sie für militärische Zwecke genutzt werden", sagt Zhu. Das Zitat stammt aus einer Dokumentation eines lokalen Ablegers des chinesischen Staatsfernsehens. Es ist das Jahr 2015.
Ballon-Programm auf Anordnung Xi Jinpings
Chinas Ballon-Programm existiert schon seit mehreren Jahren - von höchster Stelle angeordnet. 2014 hatte Staatschef Xi in einer Rede angekündigt, Luftwaffe und Raumfahrt zusammenführen zu wollen. Zentrales Bindeglied: der so genannte "nahe Weltraum", der Raum von 20 bis 100 Kilometern Höhe.
2015 wurde die "Strategische Kampfunterstützungstruppe der Volksbefreiungsarmee" gegründet. Ihr Ziel: Chinas Militär in Informationskriegen zu stärken, unter anderem mit Ballons.
Mehrere Unternehmen sind involviert
Nach Angaben der USA sind eine Reihe von chinesischen Unternehmen an dem Ballon-Programm beteiligt. Als Reaktion auf das jüngste Eindringen eines chinesischen Ballons in amerikanischen Luftraum und die Sichtung von vier weiteren Flugobjekten, hatte das US-Handelsministerium sechs Unternehmen und ein Forschungsinstitut in der Volksrepublik auf die Sanktionsliste setzen lassen.
Eines davon: die Eagles Men Aeronautic Science and Technology Group. Die Website der Pekinger Firma ist seit kurzem nicht mehr auffindbar, allerdings eine Unternehmensbeschreibung. Darin heißt es, das Unternehmen produziere stratosphärische Luftschiffe, die in 20 und 25 Kilometern Höhe operierten.
Immer wieder Vorfälle in der Luft
Sichtungen von Luftschiffen, die China zugeschrieben werden, gab es in den vergangenen Jahren regelmäßig. China nahm US-Medienberichten zufolge mit einer Flotte von Spionageballons mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten ins Visier.
US-Brigadegeneral Patrick S. Ryder teilte diese Woche mit, man habe chinesische Ballons über Lateinamerika, Südamerika, Südostasien, Ostasien und Europa gesichtet.
Das Middlebury Institute of International Studies entdeckte auf Satelliten-Bildern mindestens zwei chinesische Militär-Basen, von denen laut US-Forschern chinesische Ballons starten: eine in der Mongolei, eine auf der chinesischen Insel Hainan. Die USA sind davon überzeugt, dass der abgeschossene Ballon von Hainan aus gestartet war.
China reagiert erzürnt
Die chinesische Staatsführung geht indes in die Gegenoffensive, wirft den USA Verleumdung vor und droht Maßnahmen gegen US-Einrichtungen an. Details nannte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking nicht.
Streit um mögliche Spionage-Ballons: Peking beschuldigt seinerseits nun die USA, im vergangenen Jahr mehr als zehn Mal illegal Ballons über China geschickt zu haben.
China wiederholt fast täglich, der Ballon über den USA sei ziviler Natur gewesen und habe der Wetterbeobachtung gedient. Die Vereinigten Staaten hätten mit dem Abschuss überreagiert.
"China hat Lücke im Weltraum entdeckt"
Der Vorsitzende der Politisch-Militärischen Gesellschaft, Ralph Thiele, glaubt indes nicht, dass Chinas Ballon rein ziviler Natur war. Das Ballon-Programm sei "natürlich für die Chinesen auch nur ein Nebenprogramm". Doch er verweist darauf, dass die Hightech-Nation dabei sei, die USA im Weltraum zu überflügeln.
Die USA hätten zur Zeit des Überflugs des chinesischen Ballons gerade ein weltweites Militärmanöver durchgeführt, um Informationskriegsführung zu trainieren. Für China sei das ein goldener Moment gewesen, um höchst sensible Daten abzugreifen.
Kein Ende des Ballon-Programms in Sicht
Obwohl die USA seit dem Abschuss der chinesischen Flugobjekte nun die Überwachung im nahen Weltraum massiv erhöhen würden, rechnet Thiele nicht mit einem Ende von Chinas Ballon-Aktivitäten. Die Chinesen hätten zudem größtes Interesse, auch die europäischen Mächte zu beobachten.
Elisabeth Schmidt ist Ostasien-Korrespondentin und arbeitet im ZDF-Studio Peking.