Grundsatzrede von Xi: Chinas Kampfansage an den Westen

    Grundsatzrede von Xi Jinping:Chinas Kampfansage an den Westen

    Elisabeth Schmidt | ZDF-Korrespondentin in Peking
    von Elisabeth Schmidt
    |

    Inmitten der globalen Spannungen hält Xi eine Rede, die vor Selbstbewusstsein strotzt. China buhlt um den globalen Süden. Eine Kampfansage an die USA und den Westen. Eine Analyse.

    Xi Jinping hält in Peking seine Grundsatzrede.
    Xi Jinping hält in Peking seine Grundsatzrede.
    Quelle: imago

    Die Kernbotschaft von Staats- und Parteichef Xi Jinping könnte kaum selbstbewusster sein: China habe den Mythos entlarvt, "Modernisierung gleich Verwestlichung". Im Blick hat Xi den globalen Süden: Die Volksrepublik biete den Entwicklungsländern einen alternativen Weg an, eine

    chinesische Lösung für die Suche der Menschheit nach einem besseren Gesellschaftssystem.

    Xi Jinping, Staats- und Parteichef China

    China sei dabei Vorbild und Alternative zum westlichen Weg hin zu einer modernisierten Welt. Es ist Xis erste Grundsatzrede seit langem und sie lässt aufhorchen, denn sie skizziert seinen politischen Kurs für die nächsten Jahre. 

    Chinas politisches System im Ausland

    Xi hielt seine Rede vor den führenden Kadern in der Parteischule des Zentralkomitees. Die Volksrepublik versucht seit Jahren, ihr autokratisches politisches System ins Ausland zu exportieren. In seiner Rede betonte Xi vor allem die wirtschaftliche Entwicklung Chinas. Seit der Machtübernahme der Kommunistischen Partei habe das Land "in wenigen Jahren den Prozess der Industrialisierung vollendet, für den die entwickelten Länder des Westens mehrere hundert Jahre gebraucht" hätten.
    Video starten!
    Die "neue Seidenstraße" soll China zur Weltmacht Nummer 1 machen. 20.11.2020 | 1:32 min
    Die Staatsführung in Peking entwirft ein Kontrastprogramm zum Westen. Das ist altbekannt. Neu ist, dass sie dabei immer öfter Begriffe wie "Demokratie" und "Menschenrechte" verwendet. Begriffe, die Peking vormals als zu "westlich" abgelehnt hatte.  Nun behauptet Xi, China habe schlicht die bessere "ganzheitliche Demokratie", die "besten Errungenschaften der menschlichen Zivilisation" und ohnehin die Menschenrechte stärker gefördert als etwa die USA.

    Rede in Zeiten außenpolitischer Spannungen

    Der Zeitpunkt von Xis Rede könnte kaum pikanter sein, angesichts der zugespitzten Beziehungen zu den USA. Am Wochenende hatte ein chinesischer Ballon über amerikanischem Festland dazu geführt, dass US-Außenminister Antony Blinken seinen Besuch in Peking platzen ließ. Die USA sind der Ansicht, dass es sich um Spionage-Technik handelt. Die Trümmer des abgeschossenen Ballons werden zurzeit weiter untersucht.
    Erst am Mittwoch hatte China US-Präsident Joe Biden wegen seiner Rede zur Lage der Nation scharf attackiert. Biden hatte Xi und den Wettstreit mit China in seiner Rede sieben Mal erwähnt.
    Es sei nicht die Praxis eines verantwortungsbewussten Staates, "ein Land zu verleumden oder die legitimen Entwicklungsrechte des Landes unter dem Vorwand des Wettbewerbs einzuschränken", sagte die das chinesische Außenministerium.

    Druck nach dem Ende der Null-Covid-Politik

    Xi und Biden sind in ihren Reden dennoch in einem Punkt vereint: Sie stehen beide unter massivem innenpolitischem Druck. In den USA stehen kommendes Jahr Präsidentschaftswahlen an und China hat nach dem Ende der Null-Covid-Politik neben einer großen Covid-Welle auch mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen.
    China: Corona-Infektionszahlen steigen
    Das Ende von Chinas Null-Covid-politik und die Folgen.27.12.2022 | 2:32 min
    Bei allen Sticheleien gegen das Ausland, findet sich in Xis Rede auch ein Appell an seine eigenen Staatsbeamten:

    Wir müssen mehr Effizienz als der Kapitalismus schaffen.

    Xi Jinping, Staatspräsident Volksrepublik China

    "Eine bessere Koordinierung von Seuchenprävention und -bekämpfung" sowie eine bessere wirtschaftliche und soziale Entwicklung, sei das Ziel.

    Chinas innenpolitische Probleme

    Chinas Staatsführung steht unter Druck: Nach den Lockdowns kommt die Kaufkraft in China nur langsam in Schwung und Peking muss eine handfeste Immobilienkrise bewältigen. Zudem kletterte die Jugendarbeitslosigkeit während der Pandemie auf ein neues Hoch: Mehr als jeder fünfte junge Menschen in China ist ohne Job.
    Und: Die Menschen trauen sich weiter, gegen die Staatsführung auf die Straße zu gehen. So protestieren zurzeit wieder tausende Menschen, unter anderem in Wuhan. Diesmal geht es um staatliche Kürzungen bei Krankenkassenleistungen. Diese waren teils um fast 70 Prozent reduziert worden.

    Der "Pakt mit dem Volk" ist in Gefahr

    Xi muss also liefern. Der "Pakt mit dem Volk" steht auf dem Spiel. Nach diesem ungeschriebenen Vertrag verzichten Chinas Bürgerinnen und Bürger auf politische Mitsprache. Im Gegenzug sorgt die Kommunistische Partei für Wohlstand und Wohlergehen. Werden diese nicht geschaffen, könnte das Volk das politische System in Frage stellen.
    Xis Rede ist auch aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Er wäre nicht der erste Staatsführer, der dem Ausland gegenüber Chuzpe zeigt, während er im eigenen Land mit Krisen zu kämpfen hat.
    Elisabeth Schmidt ist Ostasien-Korrespondentin und arbeitet im ZDF-Studio Peking.

    Politik | auslandsjournal
    :die doku: Chinas neuer Kaiser

    Chinas Führung will die Kontrolle über das eigene Volk um jeden Preis. Xi Jinping soll jetzt zum Führer auf Lebenszeit ernannt werden.
    von Miriam Steimer
    Chinas Kaiser
    28:37 min

    Mehr zur chinesischen Staatsführung