Chinas illegale Polizeistationen im Ausland

    Jagd auf Kritiker:Chinas illegale Polizeistationen im Ausland

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    von Johannes Hano
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    China geht hart gegen Regimekritiker vor. Nicht nur im eigenen Land, sondern auch in den USA und Europa. Dazu baut die chinesische Regierung "Polizeistationen" im Ausland auf.

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    Es ist eine Geschichte wie aus einem Spionage-Thriller, eine Geschichte, die zeigt, wie weit Chinas Kommunisten mittlerweile gehen, um Kritiker in der ganzen Welt einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen.
    In der Wüste zwischen Los Angeles und Las Vegas arbeitet der Bildhauer Chen Weiming. Chen ist 1988 vor den Kommunisten aus China geflohen. Er erschafft hier in der Wüste überlebensgroße Skulpturen, die sich kritisch, wie er sagt, mit den Lügen der Kommunisten auseinandersetzen.

    Brandanschläge durch chinesische Agenten?

    In seinem "Liberty Sculpture Park" finden sich Objekte zum Tiananmen-Massaker 1989, der Niederschlagung der Hongkonger Demokratiebewegung oder zum Coronavirus, das er "CCP Virus" nennt - in Anlehnung an die Chinese Communist Party (CCP). Im Juli 2021 geht die Skulptur "CCP Virus" in Flammen auf. Für Chen Weiming keine Frage, wer dafür verantwortlich ist.

    Die Kommunisten - die chinesische Regierung - haben diese Skulptur niedergebrannt, denn sie wollten nicht, dass die Menschen die Wahrheit sehen.

    Chen Weiming, Bildhauer

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    Noch konnte nicht ermittelt werden, wer für die Zerstörung verantwortlich ist, aber FBI-Ermittlungen haben ergeben, dass dem Brandanschlag eine Operation chinesischer Agenten vorausgegangen ist. So geht es aus der Anklageschrift der US-Bundesstaatsanwaltschaft hervor.

    China-Spion mit Tarnung bei Vereinten Nationen

    Die abenteuerliche Operation beginnt im Januar 2021. Kopf der Einheit ist der reiche Geschäftsmann Frank Liu. Mit seiner Harmonie-Stiftung, die als Tarnung dient, engagiert er sich bei den Vereinten Nationen, pflegt Kontakte bis in die höchsten Kreise, macht Selfies mit dem UN-Generalsekretär.
    Tatsächlich aber spürt er für die chinesische Regierung Kritiker auf, so das FBI. Auf Weisung eines Agentenführers in Hongkong soll Frank Liu den Bildhauer Chen und seine Mitarbeiter aufspüren, überwachen und schließlich diskreditieren.
    Frank Liu und seine Agenten sollen US-Steuerbeamte bestechen, um an Chens Steuerdaten heranzukommen. In der Hoffnung, ihn damit erpressen zu können. Einer der Ermittler aber offenbart sich dem FBI, das Liu und seine Gruppe daraufhin verdeckt überwacht.

    Filmaufnahmen für angeblichen Kaufinteressenten

    Und so werden die US-Bundesbehörden Zeuge, wie Liu einen perfiden Plan austüftelt. Er engagiert den amerikanischen Privatermittler Matthew Ziburis. Er soll sich als Unterhändler eines reichen jüdischen Sammlers mit den besten Kontakten in die Demokratische Partei ausgeben, um so mit Chen Kontakt aufzunehmen.
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    Der Mäzen, der anonym bleiben möchte, wolle die Skulptur "CCP Virus", die gerade im Entstehen ist, für ein geplantes Demokratiemuseum erwerben, erzählt Ziburis dem Künstler bei einem Treffen.
    Chen ist bereit zu verkaufen. 25.000 Dollar Anzahlung gibt es, doch der Unterhändler hatte noch eine Bitte, so Chen: "Er hat gesagt: 'Oh, mein Boss ist sehr interessiert an deiner Arbeit. Er hat keine Ahnung, wie man Skulpturen baut. Würdest Du uns erlauben, zwei Kameras zu installieren, damit man alles sehen kann?'"

    FBI verhaftet chinesische Spione

    Chen ahnt nichts Böses und stimmt zu. Matthew Ziburis, der sich mittlerweile schuldig bekannt hat, als ausländischer Agent gearbeitet zu haben, installiert die Kameras. Doch die Live-Bilder von Chen und seinen Mitarbeitern landen nicht bei einem reichen jüdischen Mäzen, sondern direkt auf einem Server in Hongkong, wie das FBI herausfindet.
    Chens Auto wird heimlich mit einem GPS-Tracker verwanzt. Als die chinesischen Agenten genug Informationen über Chen uns seine Mitarbeiter gesammelt haben, bricht der Kontakt ab. Im Juli 2021 geht die Skulptur in Flammen auf.
    Frank Liu und seine Agenten haben zu diesem Zeitpunkt schon weitere Opfer im Visier. Im März 2022 schlägt das FBI schließlich zu und verhaftet die Gruppe.
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    Mehr als 100 illegale chinesische Polizeistationen

    Chinesische Geheimdienstoperationen dieser Art hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen, sagt Holden Triplett, der von 2017 bis 2018 Direktor für Gegenspionage im Nationalen Sicherheitsrat der USA war.

    Sie wollen eine Botschaft senden: Wir kommen jederzeit an dich ran, egal wo du bist auf der Welt.

    Holden Triplett, ehemaliger Direktor für Gegenspionage

    Und Chinas Kommunisten gehen dabei immer unverfrorener vor. Die spanische NGO "Safeguard Defenders" hat im vergangenen Jahr Recherchen veröffentlicht, wonach Chinas Polizeibehörden überall in der Welt, hauptsächlich aber in Europa und den USA, mehr als 100 illegale Polizeistationen betreiben. Unter anderem mit dem Ziel, Kritiker ausfindig zu machen und zum Schweigen zu bringen.

    Tripplet: Chinas Spionage eine Gefahr für nationale Souveränität

    Anders als in der EU und auch in Deutschland, wo mindestens zwei solcher Polizeistationen existieren, sind die USA aber nicht länger bereit, dabei zuzuschauen, wie Chinas Kommunisten Jagd auf Kritiker machen.
    Im April schlägt das FBI in New York zu. Eine illegale Polizeiwache in Chinatown wird durchsucht und deren führende Köpfe als ausländische Agenten verhaftet.
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    Eine notwendige Aktion, meint Holden Triplett, denn wenn sich solche Strukturen erstmal etabliert hätten, würden sie die nationale Souveränität und damit den amerikanischen "Way of Life" untergraben.
    Chen Weiming, der Bildhauer in der kalifornischen Wüste, hat sich nicht kleinkriegen lassen und die Skulptur wieder aufgebaut. Diesmal aus Stahl und Beton - unverwüstlich. Aber seine Geschichte macht klar, wie weit Chinas Kommunisten mittlerweile bereit sind zu gehen.
    Johannes Hano ist Leiter des ZDF-Studios New York.
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