CDU setzt mit AfD und FDP Steuersenkung durch

    Gegen Rot-Rot-Grün in Thüringen:CDU setzt mit AfD und FDP Steuersenkung durch

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    Opposition setzt sich gegen Regierung durch: Ein Gesetzentwurf der CDU zur Grunderwerbsteuer bekam in Erfurt eine Mehrheit - weil FDP und AfD entscheidende Stimmen beisteuerten.

    Auf dem Bild ist das Innere des Landtags Thüringen zu sehen.
    Bisher haben alle Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Doch im Thüringer Landtag setzte die CDU ein Gesetz zur Senkung der Grundsteuer durch - mit Stimmen der FDP und der AfD.15.09.2023 | 1:59 min
    Die Opposition hat in Thüringen erstmals gegen den Willen der rot-rot-grünen Regierung eine Steuersenkung durchgesetzt. Ein Gesetzentwurf der CDU für eine niedrigere Grunderwerbsteuer bekam am Donnerstag im Landtag in Erfurt eine Mehrheit, weil neben der FDP die AfD die entscheidenden Stimmen beisteuerte. Die CDU-Initiative sorgte für Wirbel und für Fragen bei der politischen Konkurrenz, wie es die größte Oppositionsfraktion im Thüringer Landtag mit der Brandmauer zur AfD hält, die in Thüringen als erwiesen rechtsextrem vom Verfassungsschutz eingestuft ist.
    Beschlossen wurde mit 46 zu 42 Stimmen eine Senkung der Grunderwerbsteuer. Häuslebauer und Immobilienkäufer müssen danach nur 5 statt 6,5 Prozent Steuer zahlen. Der Einnahmeverlust liegt nach Prognosen bei 48 Millionen Euro jährlich.
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    Nach der mit Hilfe der AfD beschlossenen Steuersenkung in Thüringen steht die CDU im Zentrum der Kritik. "CDU und FDP haben der AfD eine Reservemacht gegeben", so Politikwissenschaftler Prof. Karl-Rudolf Korte.15.09.2023 | 4:00 min

    Haack: Durch niedrigere Grunderwerbsteuer fehlen im Haushalt 48 Millionen

    "Für Thüringen bedeutet das Gesetz weniger Steuereinnahmen", erklärt ZDF-Korrespondentin Melanie Haack. "Mindestens 48 Millionen fallen damit für den Haushalt weg." CDU-Fraktionschef Mario Voigt betone, dass es keine Absprachen mit der AfD gegeben habe. Auch habe er Bundeskanzler Olaf Scholz zitiert, dass man sich nicht vom Abstimmungsverhalten der AfD abhängig machen kann.
    "Aber diese Steuersenkung gegen den Willen der rot-rot-grünen Landesregierung zeigt auch, wie wenig kompromissbereit beide Seiten sind", erklärt Haack weiter. Der Antrag habe monatelang vorgelegen, man habe sich nicht einigen können. "Der Vorgang heute bedeutet auch: Die politischen Gräben im Thüringer Landtag sind noch tiefer geworden." In einem Jahr wird in Thüringen gewählt. "Die Abstimmung heute kann man auch als Startschuss in den Wahlkampf verstehen", so die Leiterin des ZDF-Studios in Erfurt.
    Auf dem Bild sind der Moderator Ralph Szepanski und die Reporterin Melanie Haack im Schaltgespräch zu sehen.
    Wegen des Vorwurfs der Verwendung von NS-Vokabular muss der Thüringer AfD-Chef Höcke vor Gericht. 13.09.2023 | 2:07 min

    Rot-Rot-Grün an CDU: "Pakt mit dem Teufel"

    Vertreter der Regierungskoalition von Linken, SPD und Grünen kritisierten die Steuersenkung als "einzigartigen Vorgang" und "Pakt mit dem Teufel". Die CDU gebe der AfD einen Gestaltungsspielraum und Einfluss auf den Landeshaushalt, sagte Linke-Fraktionschef Steffen Dittes. Die CDU fange an, "eine kleine Regierungskoalition in der Opposition unter Einschluss der AfD tatsächlich in Gang zu setzen".
    Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte Voigt kurz vor der Abstimmung eingeladen, über Alternativen zur Familienförderung zu reden. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken zu Passagen des CDU-Gesetzes wurde die Landtagssitzung zeitweise unterbrochen. Die Regierung habe seit März Zeit für Vorschläge gehabt, erwiderte Voigt. Die Opposition stimmte gegen die Rücküberweisung des Gesetzes in den Haushaltsausschuss. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) sagte, die Regierung behalte sich eine Klage vor dem Verfassungsgericht vor.
    Michale Roth (SPD) bei Markus Lanz
    SPD-Politiker Roth zeigt sich bei Lanz bestürzt über die jüngsten Wahlerfolge der AfD. Gerade in Thüringen sei diese durchgängig rechtsextrem.06.07.2023 | 1:03 min

    SPD: "Wir reden von einer Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Höcke-AfD"

    SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warnt nun vor den Folgen für den Parlamentarismus in Deutschland. "Die heutige Abstimmung im Erfurter Landtag war kein Unfall. Die CDU in Thüringen hat sich sehenden Auges darauf eingelassen, eine politische Entscheidung herbeizuführen, die ohne die Stimmen der AfD nicht möglich gewesen wäre", sagte Kühnert dem ARD-Hauptstadtstudio. Das sei eine neue Qualität im deutschen Parlamentarismus.

    Wenn das in der CDU Schule macht, dann wird der Parlamentarismus nach dem heutigen Tag ein anderer sein. Demokraten dürfen die AfD niemals zum parlamentarischen Zünglein an der Waage machen.

    SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert

    Auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion griff die CDU an. "Diese Abstimmung war ein ganz besonderer politischer Tabubruch", sagte Katja Mast dem "Spiegel". "Das ist ein schlimmer Abend. Wir reden von einer Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Höcke-AfD", so Mast weiter.

    Merz verteidigt CDU - Weidel sieht Brandmauer schwinden

    Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz hatte das Agieren der Thüringer CDU-Fraktion vor der Abstimmung verteidigt. "Wir machen das, was wir in den Landtagen wie auch im Deutschen Bundestag diskutieren, nicht von anderen Fraktionen abhängig", sagte Merz am Donnerstag im "Frühstart" von RTL/ntv. Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde es auf Bundes- und Landesebene nicht geben. "Dabei bleibt es auch."
    AfD-Parteichefin Alice Weidel hielt dagegen: "Merz' Brandmauer ist Geschichte - und Thüringen erst der Anfang." Es werde Zeit, "dem demokratischen Willen der Bürger überall in Deutschland zu entsprechen", kommentierte sie den Vorgang im Kurznachrichtendienst X, dem ehemaligen Twitter.
    Quelle: AFP, dpa
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