Studie: Vorbehalte gegen Flüchtlinge wachsen

    Bertelsmann-Studie:Vorbehalte gegen Flüchtlinge wachsen

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    Eine Studie hat herausgefunden, dass Zuwanderung und Sorgen bei der Aufnahme von Geflüchteten wachsen. Es gebe aber auch "einen Grundstock an robuster Willkommenskultur".

    Deutschkurs für Geflüchtete aus der Ukraine
    Ein Deutschkurs für Geflüchtete aus der Ukraine.
    Quelle: dpa

    Skepsis gegenüber Zuwanderung und Sorge vor negativen Folgen haben einer Umfrage zufolge angesichts steigender Flüchtlingszahlen und schwieriger Rahmenbedingungen wie Energiekrise und Inflation deutlich zugenommen. Vor allem Mehrkosten für den Sozialstaat, Probleme in Schulen und Wohnungsnot befürchten zunehmend viele Menschen in Deutschland, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung hervorgeht.
    Sie ergab auch: Die Bereitschaft, geflüchtete Menschen aufzunehmen, ist erheblich gesunken. Das Institut Verian hatte für die Analyse "Willkommenskultur in Krisenzeiten" im vergangenen Oktober gut 2.000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ befragt.
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    Sagten 2021 lediglich 36 Prozent der Befragten, Deutschland könne nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen, weil es an seiner Belastungsgrenze sei, waren nun 60 Prozent dieser Auffassung. Dieser aktuelle Wert liege etwa auf dem Niveau von 2017, als infolge des damaligen erhöhten Fluchtaufkommens 54 Prozent meinten, man könne nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen.

    Die Ergebnisse im Einzelnen

    Rund 78 Prozent der Befragten erwarten Mehrkosten für den Sozialstaat durch Zuwanderung, 74 Prozent befürchten Wohnungsnot in Ballungsräumen und 73 Prozent Konflikte zwischen Einheimischen und Zugewanderten. 71 Prozent sorgen sich um Probleme in den Schulen. Die Werte fallen höher aus als 2021 und 2019. Die Auffassung, Flüchtlinge seien Gäste auf Zeit, um deren Integration sich Deutschland nicht bemühen solle, teilten im vergangenen Herbst 27 Prozent - 2021 hatten dieser Aussage 20 Prozent zugestimmt.
    Die Einstellungen sind ambivalent und variieren nach Alter, Ost/West und Bildung. Positive Folgen werden ebenfalls gesehen - wenn auch mit etwas abnehmender Tendenz. So meinen 63 Prozent, Zuwanderung sei wichtig für die Ansiedlung internationaler Firmen und 62 Prozent glauben, dass Deutschland damit weniger überaltere. 61 Prozent sagen, Zuwanderung mache das Leben interessanter. Nur noch 47 Prozent sehen in Migration einen Ausgleich für den Fachkräftemangel und 38 Prozent ein Plus für die Rentenversicherung.

    Ostdeutsche sind skeptischer gegenüber Zuwanderung, aber auch in Westdeutschland sind die Vorbehalte gewachsen.

    Auszug aus der Studie

    "Eindruck kollektiver Erschöpfung und Überforderung"

    Junge Menschen bis 29 Jahre betrachteten Zuwanderung optimistischer. Höher gebildete Menschen mit Abitur oder Hochschulabschluss nehmen demnach häufiger Vorteile von Migration wahr. Und dass man mehr Flüchtlinge aufnehmen könne und solle, sagen 46 Prozent der höher Gebildeten - aber nur 29 Prozent der anderen Bildungsgruppen.
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    Was bedeuten die Ergebnisse? Die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, eine wieder gestiegene Zahl von Asylsuchenden aus vielen Ländern und wirtschaftliche Krisenlagen hätten zum "Eindruck kollektiver Erschöpfung und Überforderung" geführt, von der die rechtspopulistische AfD habe profitieren können.
    Die Integrationsexpertin der Stiftung sieht aber "einen Grundstock an robuster Willkommenskultur". Das zeigten auch die seit Monaten laufenden Demos vieler Tausender Menschen für Solidarität und Demokratie und gegen Rechtsextremismus, die nun auch der AfD Gegenwind bescherten, sagt Wieland.
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    Stiftung forderte bessere Arbeitsmarktchancen für Zugewanderte

    Welche Maßnahmen werden gefordert? Zuwanderung müsse durch verbesserte internationale Zusammenarbeit besser gesteuert werden, mahnt Wieland. Drei Viertel der Befragten finden, für jedes EU-Land solle eine Zahl an aufzunehmenden Flüchtlingen bestimmt werden, abhängig von Wirtschaftskraft und Größe des Landes. Die Flüchtlingspolitik ist seit vielen Jahren ein Streitthema in Europa.
    Politik müsse investieren, wo sich der größte Druck aufgebaut habe - im Sozialsystem, am Wohnungsmarkt, in Schulen, fordert die Stiftung. Es brauche bessere Arbeitsmarktchancen für Zugewanderte.
    Quelle: dpa

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