Bundeswehr: Immer mehr Jugendoffiziere an Schulen

    Jugendoffiziere an Schulen:Wenn die Bundeswehr ins Klassenzimmer kommt

    von Jan-Frederik Fischer, Victoria Kunzmann
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    Während die Bundeswehr dringend nach neuem Personal sucht, gibt es immer mehr Vorträge von Jugendoffizieren der Bundeswehr an Schulen. Kritiker sehen darin versteckte Werbung.

    Bundeswehr an Schulen
    Immer mehr Schulen laden Soldaten ein, um als Experten über Sicherheitspolitik zu sprechen. Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht dies kritisch. 22.04.2024 | 2:05 min
    Die Bundeswehr hat ein Nachwuchsproblem. Als Reaktion darauf will die CDU zurück zur Wehrpflicht. "Das wäre ein sichtbares Zeichen an Russland und auch an andere, dass wir auch bereit sind von Deutschland aus, unseren Heimatschutz, die Verteidigung unseres Vaterlandes auch ernsthaft umzusetzen", sagte Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, beim CDU-Bundesparteitag.
    Als Vorbild gilt das sogenannte Schweden-Modell: Dabei wird ein ganzer Jahrgang gemustert, aber nur die Zahl an Rekruten eingezogen, die die Bundeswehr jeweils benötigt. Ob und in welcher Form die Wehrpflicht zurückkommt: unklar. Dennoch bemüht sich die Politik auch anderweitig, nicht zuletzt wegen der Zeitenwende, die Bundeswehr attraktiver zu machen.

    Bildungsministerin will "unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr"

    Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte die Schulen jüngst dazu aufgerufen, ein "unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr" zu entwickeln. Und ergänzte:

    Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut.

    Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger

    Ein Soldat der Bundeswehr betreut Jugendliche im Bundeswehr-Praktikum.
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    Bundeswehr seit 1958 an Schulen

    Die Idee von Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) ist nicht neu: Schon seit 1958 halten Jugendoffiziere der Bundeswehr Vorträge an deutschen Schulen. Diese kennzeichnet:
    • sie finden nur auf Einladung des Lehrers statt
    • richten sich an die Klassen 9 bis 13
    • behandeln Themen der Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr.

    Ukraine-Krieg: Interesse an Jugendoffizieren wächst

    In Deutschland gibt es derzeit mehr als 90 Jugendoffiziere - und ihre Arbeit ist gefragter denn je. Denn seit dem Ukraine-Krieg und der von der Politik ausgerufenen "Zeitenwende" steigt das Interesse deutlich an.
    Allein im Jahr 2022 gab es mehr als 4.000 Vorträge. Tendenz steigend. Für die Bundeswehr ist das auch eine Chance in einer Zielgruppe Präsenz zu zeigen, mit der sie seit dem Ende der Wehrpflicht eher selten Berührungspunkte hat.
    Jugendoffiziere an Schulen
    ZDFheute Infografik
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    In Freiburg ist derzeit auch Jugendoffizier Heiko von Ditfurth unterwegs. 90 Minuten lang hält der Kapitänleutnant einen Vortrag über die EU, NATO, Migration oder die Rolle der Bundeswehr. Die Schüler können freiwillig teilnehmen. Statt hierarchischen Titeln gilt dann das "Du" und statt trockenen Infos, gibt es interaktives Arbeiten.

    Baden-Württemberg: Werbung für Bundeswehr an Schulen tabu

    Obwohl die Themenpalette breit ist und gemeinsam diskutiert werden soll, vermeidet von Ditfurth eines zu machen: Werbung für die Truppe. Denn das ist durch eine sogenannte Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bundeswehr seit 2009 verboten:

    Die Jugendoffiziere dürfen nicht für den Dienst in der Bundeswehr werben.

    Kooperationsvereinbarung

    Vergleichbare Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern. Bei Nachfragen verweist von Ditfurth stets auf das Karrierecenter der Armee.
    Jugendoffiziere: Teilnehmern von Vorträgen nach Schul- bzw. Hochschulart
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    Was hingegen erlaubt ist: Persönliche Fragen zu stellen. Etwa so wie eine Schülerin, die wissen möchte, warum von Ditfurth bei der Bundeswehr geblieben ist. Der Jugendoffizier erwidert:

    Ich war persönlich der Meinung, dass ich ein Teil zu Deutschland beitragen möchte.

    Heiko von Ditfurth, Jugendoffizier

    Kritik an Schulbesuchen von Gewerkschaft GEW

    Es sind solche Momente, die aus Sicht von Kritikern die Erklärung der Bundeswehr - es gebe keine Werbung von Jugendoffizieren - in Frage stellen. Vor allem jetzt, wo die Truppe für die Zeitenwende dringend Nachwuchs benötigt.
    Bundeswehr Nachwuchs
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    So spricht die Gewerkschaft "GEW" im Zusammenhang mit den Besuchen von "Werbung". Gegenüber ZDFheute erklärt die baden-württembergische GEW-Chefin Monika Stein:

    Wenn die Bundeswehr mit Jugendoffizieren in Schulen kommt, in schicken Uniformen, dann ist es allein durch diese Tatsache schon ein Werbeefekt.

    Monika Stein, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

    Stein sieht auch ein Problem in der angesprochenen Zielgruppe. Denn immer mehr Rekruten der Bundeswehr seien unter 18 Jahre alt. Zudem kritisiert sie:
    • dass Lehrkräfte eigentlich für die Informationsvermittlung zuständig seien
    • dass zu wenig oder gar nicht über Kampfeinsätze gesprochen werde
    • dass die Vorträge allein gehalten würden.

    Lehrer weist Kritik an Besuchen von Jugendoffizieren zurück

    Der zuständige Lehrer der Freiburger Schule, Michael Walter, will die Kritik nicht stehen lassen. Er findet, dass die Schüler mündig seien und sich selbst ein Urteil bilden könnten.

    Ich habe keine Sorge, dass wenn ich irgendjemand einlade hier, dass die dann überwältigt werden von deren Ansichten.

    Michael Walter, Lehrer

    Zugleich zeigt er sich aber offen dafür, dass Friedensaktivisten künftig bei Vorträgen mit dabei sein könnten - auch, wenn es jetzt schon andere Vorträge gebe, bei denen jeweils verschiedene Experten vor Ort seien.
    Michael Schulze von Glaßer, Harriet von Waldenfels und Hauptmann David Matei
    Darüber diskutieren Hauptmann David Matei, Jugendoffizier der Bundeswehr und Michael Schulze von Glaßer, Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft.07.03.2024 | 11:54 min

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