BKA-Chef Münch: Mehr nicht-deutsche Täter, aber auch Opfer

    BKA-Chef zu Kriminalitätszahlen:Münch: Mehr nicht-deutsche Täter und Opfer

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    Die aktuelle Polizeistatistik zeigt eine Zunahme der Straftaten durch nicht-deutsche Täter. Im ZDF-Interview erklärt BKA-Präsident Münch die Grunde und mögliche Auswege.

    Holger Münch mit Marietta Slomka
    Holger Münch, Präsident des BKA, äußert sich zur heute vorgestellten Kriminalitätsstatistik. Auch die Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen mache ihm Sorge.09.04.2024 | 5:28 min
    Die Zunahme von Straftaten durch Ausländer in Deutschland heizt die Diskussion über ein härteres Vorgehen gegen illegale Migration an. Im ZDF-Interview erläutert der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, wie er die Lage beurteilt.
    Sehen Sie das ganze Interview oben im Video und lesen Sie hier Auszüge.
    Das sagt BKA-Chef Münch ...

    ... zur Verlässlichkeit der aktuellen Kriminalitätsstatistik

    "Natürlich gibt es Verzerrungseffekte. Wir haben ein Problem, gerade bei der häuslichen Gewalt, dass dort viel im sozialen Nahraum passiert und eben nicht angezeigt wird, weil Täter und Opfer in einer sehr engen Verbindung miteinander stehen", sagt Münch.
    Umgekehrt sei es so, "dass wir auch aus einigen Forschungen wissen, dass, wenn mir jemand sehr fremd ist, ich auch leichter anzeige, das heißt, Tatverdächtige ausländischer Herkunft eher zur Anzeige gebracht werden als Deutsche. Auch das ist ein Verzerrungseffekt, den man sehen muss."
    Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 vorgestellt
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    ... zum Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalität

    "Man muss ganz klar sagen, dass Nicht-Deutsche erst einmal häufiger straffällig werden oder der Anteil der Tatverdächtigen höher ist unter Nicht-Deutschen als bei Deutschen", erklärt Münch. Das liege aber nicht an der Herkunft, "sondern das liegt an verschiedenen kriminologischen Faktoren". Punkte wie der Bildungsabschluss, Zugang zur Leistungsgesellschaft oder die Möglichkeit, einen Beruf ausüben können, spielen ihm zufolge eine Rolle. "Das schützt vor Kriminalität und wir sehen, dass eben die Bildungsabschlüsse bei Nicht-Deutschen deutlich geringer sind."
    Auch traumatische Gewalterfahrungen seien ein Faktor, so Münch. "Der jetzige starke Anstieg, der ist aber, wenn man es im Verhältnis setzt zu dem Bevölkerungsanstieg von Nicht-Deutschen, nicht so, dass diese Auffälligkeiten zunehmen, sondern man kann sagen, das entspricht auch dem Anstieg in der Bevölkerung. Das ist ein Befund."
    herbert-reul
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    Auch die hohe Migrationsdynamik der vergangenen Jahre sei ein Befund. "Das heißt, im Zusammenhang mit sehr vielen Zu- und Wegzügen passiert noch mehr Kriminalität. Die Ankunftssituation ist belastend, man ist fremd im Land. Es gibt Konflikte auch zwischen den zu uns kommenden Zuwanderern."
    Das bedeute, "auch auf der Opferseite sehen wir einen sehr starken Anstieg von Nicht-Deutschen". Andersherum könne man sagen, "wenn wir Migration gut steuern, wenn sie in einem Rahmen bleibt, wo auch Integration gelingen kann, dann sind das Schutzfaktoren, die wir brauchen, damit Ausländerkriminalität nicht so ansteigt, wie wir es aktuell sehen".
    Kriminalstatistik
    Innenministerin Faeser hat heute die polizeiliche Kriminalstatistik präsentiert. 2023 wurden fast sechs Millionen Straftaten registriert. Besonders Gewaltdelikte und die Zahl ausländischer Tatverdächtige haben zugenommen.09.04.2024 | 1:58 min

    ... zur allgemeinen Zunahme von Gewaltdelikten

    "Zum einen nimmt die gefühlte und auch tatsächliche wirtschaftliche Belastung von Menschen zu", sagt Münch. Das sei gerade in den Jahren 2022 und 2023 sehr auffällig. "Also die Inflation, die man spürt, die Angst vor wirtschaftlichem Abstieg, ist ein Faktor, der korreliert direkt auch mit dem Thema Gewaltkriminalität. Dann haben wir auch in der Corona-Pandemie natürlich Effekte gehabt, die jetzt im Nachgang nachwirken. Also gerade der junge Teil der Bevölkerung, Kinder und Jugendliche, war sehr stark betroffen von den Corona-Maßnahmen."
    Das Bild zeigt Kinder, die sich auf Corona testen.
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    "Jetzt sind sie wieder viel mehr unterwegs, wir haben also eine höhere Mobilität, man trifft mehr aufeinander und damit findet auch mehr Kriminalität statt. Was wir aber zusätzlich sehen ist, dass Forschungsergebnisse zeigen, dass psychische Belastung gerade bei Kindern und Jugendlichen über diese Zeit der Beschränkung hinauswirkt, also aktuell noch andauert." Das sei ein Punkt, "den müssen wir weiter im Auge behalten, weil diese psychischen Belastungen offensichtlich auch ein Faktor sind, der zu einer höheren Kriminalität beiträgt".
    "Wir müssen es weiter analysieren, wir müssen nachschärfen, was das Thema Prävention angeht", sagt Münch. Zudem brauche es Repressionskonzepte für die Verfolgung von Straftaten, bei denen man sich auch auf Mehrfach-Intensivtäter konzentrieren solle.
    Quelle: ZDF, Reuters, dpa

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