Senioren im Straßenverkehr: Streit um Fahrprüfung für Ältere

    Senioren im Straßenverkehr:Streit um regelmäßige Fahrprüfung für Ältere

    von Philipp Dietrich
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    Sollte es Fahrprüfungen für Ältere geben? Dadurch "bricht sich keiner einen Ast ab", sagt Grünen-Politiker Gelbhaar. Auf Eigenverantwortung setzen, fordert CDU-Politikerin Breher.

    moma duell: Fahrtauglichkeit
    moma duell: Muss die Fahrtauglichkeit von älteren Menschen regelmäßig geprüft werden?21.03.2024 | 11:57 min
    Schockunfall Mitte März in Berlin: Eine Mutter und ihr vierjähriges Kind sterben, weil ein 83-jähriger Autofahrer viel zu schnell einen Stau überholt - auf dem Radweg. In vielen EU-Ländern sind Fahrtüchtigkeitstest für ältere Autofahrer Standard. Würden solche Tests auch deutsche Straßen sicherer machen?
    Darüber debattieren Silvia Breher, stellvertretende Vorsitzende der CDU und Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im moma duell.



    Sehen Sie sich die Debatte oben im Video an oder lesen Sie hier eine Zusammenfassung.

    Grünen-Politiker Gelbhaar fordert Sehtests für alle

    Der grüne Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar beginnt das moma duell mit der klaren Forderung nach regelmäßigen Sehtests - und zwar nicht nur für ältere Autofahrer, sondern für alle. "Ich finde, dass man auch mit dreißig einen grauen oder einen grünen Star bekommen kann", sagt Gelbhaar.
    Fahrlehrerin Heike Hilbig
    Fahrlehrerin Heike Hilbig bietet Testfahrten für Senioren an.23.08.2023 | 4:46 min
    Er ist sich sicher: Durch einen Gang zum Optiker, "bricht sich keiner einen Ast ab". Mit 65 oder 70 Jahren sollten diese Tests dann "verdichtet" werden: "Erst alle zehn, fünfzehn Jahre und später vielleicht alle fünf Jahre", lautet sein Vorschlag.
    "Keiner sagt, dass das etwas mit dem Alter zu tun hat", kontert Christdemokratin Silvia Breher. Sie möchte ältere Menschen nur dann mit Tests belasten, "wenn es auch wirklich etwas bringt".

    CDU-Politikerin Breher: Senioren bauen weniger Unfälle

    Gelbhaar sieht neben Fahranfängern besonders ältere Menschen gefährdet, pro gefahrene Kilometer seien diese häufiger an Unfällen beteiligt. "Das kann man nicht wegignorieren", meint er.
    Es gäbe in Deutschland jedes Jahr über 2.500 Verkehrstote, sagt Gelbhaar weiter. Für ihn hängt die Zahl der Toten auch mit den körperlichen Beeinträchtigungen durchs Altern zusammen. Er sieht die Politik in der Pflicht, darauf Antworten zu finden. "Da machen sich ehrlich gesagt sehr, sehr viele Parteien auch im Bundestag einen schlanken Fuß."

    Volker Wissing (FDP) ist gegen verpflichtende Untersuchungen für Führerscheininhaber. "Ich halte staatliche Vorgaben, verpflichtende Selbstauskünfte auszufüllen und ärztliche Gutachten zur Fahrtauglichkeit auszustellen, für einen enormen Bürokratie-Aufwand", so Wissing im Berliner "Tagesspiegel".

    Autofahrerinnen und Autofahrer könnten ihre Fahrtüchtigkeit selbst am besten einschätzen. "Menschen sind in der Lage, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, dafür braucht es keine Formulare und Gutachten, die nur Bürokratie produzieren und knappe Ressourcen in Behörden binden."

    "Wenn man genauer hinschaut, gibt es nicht eine einzige Statistik, die das genau belegt", antwortet Breher. "Es ist eben nicht so, dass ältere Menschen signifikant höheren Unfallzahlen haben".
    Zwar würden ältere Menschen häufiger und schwerer in Unfällen verletzt werden. "Das liegt aber nicht daran, dass sie Fahrer eines Autos waren", erklärt sie. Ältere Menschen würden auch als Fußgänger oder Fahrradfahrer im Straßenverkehr verletzt werden, sagt die CDU-Politikerin.
    Auf dem Bild ist ein Mann zu sehen, der gerade sein kaputtes Auto anschaut.
    Wer einen Lack-Schaden an einem fremden Auto verursacht und dies nicht umgehend meldet, begeht Fahrerflucht.24.01.2024 | 1:46 min
    Die Fahrtauglichkeit infrage zu stellen, sieht Breher als Aufgabe der Familien an, sie setzt auf Eigenverantwortung. Breher argumentiert für die Idee der Feedback-Fahrten mit einem Fahrlehrer, die von den Familien organisiert werden, ohne fremdes Auto und in der eigenen Umgebung.

    Fahrtauglichkeitstests im EU-Vergleich









    Eigenverantwortung versus verpflichtende Tests

    Auf Freiwilligkeit zu setzen ist für Gelbhaar "bloß ein Argument, um wieder nichts zu tun". Wenn Fahranfänger verpflichtend zum Sehtest geschickt werden, dann müsste und könnte man das auch mit 80-Jährigen tun, meint Gelbhaar. Zu den Kosten einer verpflichtenden Testung sagt Gelbhaar: "Das wäre zu lösen".
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    Wo Fahrschulen versagen: Mehr als 40 Prozent der Fahrschüler fallen bundesweit durch.19.03.2024 | 8:29 min
    Breher plädiert erneut für die Eigenverantwortlichkeit. Gelbhaars Argument, dass es in anderen Ländern Fahrtauglichkeitstests gibt und sie dort auch funktionieren, kontert Breher mit den italienischen Unfallstatistiken, dort gäbe es deutlich mehr Unfälle als in Deutschland - trotz der Tests ab 50 Jahren.

    Zahlen zu Senioren im Straßenverkehr



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