Bürokratie: Gesetzesvorhaben müssen in den "Digitalcheck"

    Bürokratieabbau:Gesetzesvorhaben müssen in den "Digitalcheck"

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    Ausdrucken, Ausfüllen, Absenden, Warten: Betriebe und Bürger leiden unter Bürokratie. Das soll sich ab April ändern - künftig sollen Gesetzesvorhaben in einen "Digitalcheck".

    Illustration: Ein Mitarbeiter des Justizministeriums schaut auf einen Bildschirm mit dem Wort Digitalcheck, aufgenommen am 10.03.2023
    Gesetzesvorhaben der Bundesregierung müssen jetzt zum "Digitalcheck" (Illustration)
    Quelle: dpa

    Neue Gesetzentwürfe und Verordnungen der Bundesregierung werden ab 1. April einem sogenannten Digitalcheck unterzogen. Die Ergebnisse sind öffentlich einsehbar. Dabei wird automatisch geschaut, ob bei dem jeweiligen Vorhaben eine digitale Umsetzung mitgedacht wurde.
    Außerdem prüfen Experten, ob die damit verbundenen Prozesse für Verwaltungsmitarbeiter, Bürger und Unternehmen einfach zu bewältigen sind oder eher in die Kategorie Bürokratischer Fünfkampf gehören - mit den Disziplinen Ausdrucken, Ausfüllen, Absenden, Hoffen und Warten.

    Die Digitalisierung ist einer der größten Hebel für den Bürokratieabbau - Voraussetzung ist natürlich, dass man den Hebel in die richtige Richtung umlegt.

    Malte Spitz, Mitglied des Nationalen Normenkontrollrats

    "Digitalcheck" kann für Änderungen an Gesetzen genutzt werden

    In der Praxis ist es bisher so, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Verfahren, die nur analog laufen oder in der digitalen Umsetzung für Überforderung sorgen, praktisch hilflos ausgeliefert sind - abgesehen von der Möglichkeit, die politisch Verantwortlichen bei der nächsten Wahl an der Urne abzustrafen.
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    Malte Spitz, der dem zehnköpfigen Gremium des Nationalen Kontrollrats als Berichterstatter für digitale Verwaltung angehört, will nicht zu viel versprechen.

    Die nächsten 18 Monate werden zeigen, ob der politische Wille, der mit der Einführung des Digitalchecks verbunden war, auch bis nach ganz unten zu den Referenten, die an den Gesetzentwürfen mitwirken, durchsickert.

    Malte Spitz, Mitglied des Nationalen Normenkontrollrats

    Eine Verpflichtung der Bundesregierung, die Empfehlungen des Gremiums umzusetzen, besteht zwar nicht. Ministerien, die sich beratungsresistent zeigen, müssen allerdings damit rechnen, dass die Abgeordneten des Bundestages sowie der Bundesrat die Hinweise des Rates nutzen, um Änderungen am jeweiligen Entwurf einzufordern.

    Der Normenkontrollrat ist für den "Digitalcheck" verantwortlich. Das unabhängige Gremium prüft bereits seit Januar alle Gesetzentwürfe, Verordnungen und Formulierungshilfen, die in den Bundesministerien erarbeitet werden, auf ihre Digitaltauglichkeit. Um den Ministerien Gelegenheit zu geben, sich darauf einzustellen, wurden die Ergebnisse jedoch bisher nur intern weitergegeben.

    Von April an sollen sie dann Teil des Gesetzentwurfes sein. Als unabhängiges Beratungs- und Kontrollorgan hat der Nationale Normenkontrollrat bisher schon die Aufgabe, die Bundesregierung dabei zu unterstützen, die durch Gesetze verursachten Bürokratiekosten zu reduzieren. Er begutachtet Gesetzesvorhaben, prognostiziert die Bürokratiekosten und gibt eine Stellungnahme ab.

    Der Rat wird in seiner Arbeit von einem Sekretariat unterstützt, das aktuell 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat. Bis Ende April sollen weitere drei Stellen besetzt werden.

    Quelle: dpa

    Speichern und Weitergabe von Daten wird gecheckt

    Bestandteil des "Digitalchecks" ist ein Fragenkatalog, der in dem Ministerium ausgefüllt werden muss, das die Hauptverantwortung für eine neue Regelung trägt. Da wird dann beispielsweise gefragt, auf welchem Wege Daten, die neu erhoben werden sollen, gespeichert und gegebenenfalls weitergeleitet werden.
    "Im Idealfall startet schon zu Beginn des Prozesses, wenn in einem Ministerium ein Gesetzentwurf vorbereitet wird, ein enger Austausch", sagt Anika Wiest, die sich beim Normenkontrollrat als Referentin um den "Digitalcheck" kümmert.

    Experte: Digitalcheck ist dringend nötig

    Was bei der Erhebung und Weiterleitung von Daten beispielsweise vermieden werden sollte, ist, dass am Ende Verwaltungsbeamte dafür ständig einzelne, womöglich unverschlüsselte E-Mails versenden müssen oder Bürger Daten erneut eingeben müssen, die schon an anderer Stelle beim Staat vorliegen. Letzteres ist etwa bei der Grundsteuererklärung der Fall.
    Der Direktor des European Center for Digital Competitiveness an der ESCP Business School in Berlin, Philip Meissner, sagt: "Eine Vielzahl von Gesetzen hat gezeigt, wie dringend der Digitalcheck ist: die elektronische Krankschreibung etwa, die Auszahlung der Corona-Hilfe, die komplexe und schwer verständliche Grundsteuererklärung oder das Gesetz zur Ausweitung der Anspruchsberechtigten für das Wohngeld."
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